"Die Welt ist umgeben von Atomwaffen"

Parlamentarier für die Nichtverbreitung von Atomwaffen und Abrüstung lehnen den von Frankreich geplanten Präventiveinsatz von Atomwaffen ab

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"Die Welt ist umgeben von Atomwaffen wie Sprengstoffgürtel, die Selbstmordattentäter umgürten“, erklärte der Belgier Pol D´Huyvetter auf einem Treffen der Parlamentarier für die Nichtverbreitung von Atomwaffen und Abrüstung (PNND). Nur mit dem Unterschied, dass die meisten Bürger gar nicht wüssten, dass Atomwaffen quasi in ihrem Hinterhof lagern. Sobald sie es wüssten, wären die Menschen selbstverständlich gegen die Stationierung von Atomwaffen.

D´Huyvetter vertritt die Hiroshima Friedensstiftung, den Bürgermeister von Hiroshima und die Vereinigung „Bürgermeister für den Frieden“, die in 129 Ländern in 2226 Mitgliedsstädten vertreten ist. Das Treffen fand zur Zeit der Frühjahrstagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO in Berlin statt. Zur Tagung sind mehr als 350 Parlamentarier aus über 40 Ländern angereist, darunter die 26 Mitgliedsstaaten der NATO, 16 assoziierte Staaten sowie Staaten mit Beobachterstatus. Der 18-köpfigen deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung der NATO gehören 12 Abgeordnete des Bundestages und sechs Mitglieder des Bundesrates an.

Die kritischen Parlamentarier haben gemeinsam mit der Friedrich Ebert Stiftung Martin Butcher vom Acronym Institute for Disarmament Diplomacy, Pol D´Huyvetter von der Kampagne „Bürgermeister für den Frieden“ sowie Dr. Hans M. Kristensen von der Federation of American Scientists (FAS) eingeladen. Kristensen hatte vor kurzem auf Satellitenaufnahmen von Google Earth eine Raketenbasis in China entdeckt. Auf den Bildern seien fast 60 Abschussrampen zu sehen, so der Experte. Außerdem würde ein Stützpunkt für Atom-U-Boote gebaut. Selbstironisch charakterisierte er sich als der Fachmann, der sehr spezielle Dokumente aus dieser Schattenwelt ausbuddle, damit nicht nur die kleine eingeweihte Schar von ihnen erfahre.

„Die NATO und die zukünftige Rolle der Nuklearwaffen“, lautete der Titel der gemeinsamen Veranstaltung von PNND und der Friedrich Ebert Stiftung. Jeder der Teilnehmer erhielt eine Informationsmappe – darin enthalten die aktuelle Ausgabe der PNND-Informationen. Ein Artikel informiert über sogenanntes „nuclear divestment“. Das norwegische Finanzministerium schloss sieben Gesellschaften von Staatlichen Pensionsfonds aus, weil sie in die Produktion von Kernwaffen involviert sind oder Komponenten von Atomwaffen lieferten. Der Ausschluss basiert auf Anraten des Ethikrates des Fonds. Zu den gebannten Firmen gehören EADS Co., EADS Finance B.V., Finmeccanica Sp.A. und BAE Systems Plc, Boeing Co. DaimlerChrysler ist Großaktionär bei der EADS. Bis zum Verkauf an Thyssen Krupp und EADS im Jahre 2005, gehörte die deutsche Atlas Elektronik noch zu BAE.

Uta Zapf, Vorsitzende des Unterausschusses für Abrüstung und Rüstungskontrolle des Auswärtigen Ausschusses, betont auf Nachfrage von Telepolis: „Der Artikel zu "devestment" in der PNND-Broschüre steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Thema meiner Veranstaltung, in der es ausschließlich um die NATO-Strategie und die Rolle der Nuklearwaffen ging.“

Auf derselben Veranstaltung sprach sich Uta Zapf gegen den präventiven Einsatz von Nuklearwaffen aus, wie ihn der französische Präsident befürworte. Die französische Abgeordnete Michelle Demessne hatte während der Veranstaltung darauf hingewiesen, dass zur Zeit die französische Verteidigungsdoktrin überarbeitet werde. Dazu gehöre die Erklärung des französischen Präsidenten, auch auf terroristische Bedrohungen Nuklearschläge für möglich zu erklären.

„Ein solcher Einsatz, wie ihn auch bereits Präsident Jacques Chirac erwogen hatte, widerspricht dem Nichtverbreitungsvertrag und ist kategorisch abzulehnen“, sagte das Mitglied des Verteidigungsausschusses Zapf. Ein solcher Einsatz würde in den USA unter den sogenannten CONCEPT PLAN (CONPLAN) 8022 fallen, der auf neue Bedrohungen aus dem Iran, Nordkorea, aber auch durch potentielle Terroristen ausgerichtet sei, hatte Kristensen herausgefunden (Iran, Syrien und Nordkorea im Visier von US-Atomraketen?).