Die große Flüchtlings-Heuchelei

Seite 3: Hat man jemals eine Kritik von Juncker oder Merkel angesichts von Toten an den spanischen Außengrenzen der EU gehört?

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Hat Merkel den Spanier Mariano Rajoy dafür kritisiert. Hat sie jemals den Spanier gemaßregelt und ihn wie Orbán jemals auf die Genfer Flüchtlingskonvention hingewiesen, die in jedem Mitgliedsstaat gilt. Hat sie Spanien jemals entgegengehalten, dass das Land eben nicht das tue, "was moralisch und was rechtlich geboten ist"?

Nein! Das Vorgehen Spaniens wurde durch ihr Schweigen als stets gedeckt. Es war bisher auch kein Wort der Kritik von ihr oder der EU-Kommission an dem Gesetz zu hören, mit dem die heißen Abschiebungen legalisiert werden sollen. Denn damit sollen Beamten vor Richtern geschützt werden, die auf die Einhaltung bestehender Gesetze und Normen beharren und sich nicht einfach den regierungsamtlichen Vorgaben beugen. Denn es gibt immer wieder mutige Richter, die zu ermitteln versuchen und auch Mitglieder der Sicherheitskräfte vorladen und anklagen.

Anders als für Orbán hat Merkel für den rechten spanischen Regierungschef Rajoy aber nur Lob übrig. Sie tut alles, egal, was Rajoy macht, um die Wiederwahl des Konservativen im Dezember zu sichern, wie sich gerade bei dessen Besuch in Berlin gezeigt hat. Weder ist Kritik am Umgang mit Flüchtlingen ist zu hören, noch wird das Knebelgesetz kritisiert, dass längst knebelt und sogar nach Ansicht von Uno-Experten Menschenrechte wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit aushebelt.

Es ist ein Gesetz, das sogar Richtervereinigungen in der Franco-Diktatur verorten, mit dem auch die heißen Abschiebungen von Flüchtlingen ohne jede Prüfung legalisiert werden sollen. Doch letztlich muss ein solches Vorgehen bei einer Partei und ihrem Chef nicht wirklich erstaunen, die sich bis heute nicht vom Putsch und der Franco-Diktatur distanziert hat. Es waren Führungsmitglieder der Franco-Regierung, die Rajoys Partei gegründet haben. Und mit ihrem Schweigen zu den Vorgängen in Spanien, hat sich Merkel eigens längst jeden Boden für eine Kritik an Ungarn entzogen, so berechtigt sie eigentlich ist.

Und deshalb reicht es Merkel vermutlich nun auch, dass die spanische Regierung in der Frage der Verteilung der Flüchtlinge offiziell umgeschwenkt ist. Die Regierung Rajoy will nun mehr Flüchtlinge aufnehmen, um nicht ins Schlaglicht zu geraten. Sie behauptet sogar, dass die von Juncker geforderte Quote erfüllt werde. Allerdings zweifeln Medien das nach Recherchen schon jetzt an. Sogar nach den Zusagen würden etwa 3000 Menschen weniger aufgenommen, als nach der Quote eigentlich notwendig sei. Und ob das jemals umgesetzt wird, steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Papier ist besonders geduldig in Spanien. Und es ist zu erwarten, dass Merkel bei ihrem Freund Rajoy wieder einmal das rechte Auge zudrückt.