Die volle Souveränität einer Übergangsregierung unter Militärherrschaft

Die Bush-Regierung versucht sich an einer neuen UN-Resolution

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Die Popularität der Bush-Regierung ist an ihrem vorläufigen Tiefpunkt angekommen. Schuld ist sicherlich vor allem die bislang missglückte Besetzung des Irak. Die insgesamt negative Bilanz der Außenpolitik von Bush, der doch mit großem und aggressivem Schwung die Vision einer durch die USA vom Übel befreiten Welt bewirken wollte, zieht nun auch die Innenpolitik noch weiter nach unten. Bush - bzw. seine Berater - will dem mit einer Vision für den Irak - und damit für die Vision von einer heilsgeschichtlich gesteuerten US-Politik - und ihrem Erfolg entgegensteuern. Die im UN-Sicherheitsrat eingebrachte Resolution wäre ein erster Schritt.

Die Bilder aus Abu Ghraib werden zu Postern, die in der U-Bahn von New York auftauchen. Foto: growabrain.typepad.com

Nach einer aktuellen Umfrage ist die Mehrheit der Amerikaner nicht mehr zufrieden mit ihrem Präsidenten. Nur noch 41 Prozent sagen, dass er seine Arbeit gut macht, 52 Prozent sind da anderer Meinung. Schlechter war Bush noch nie in seiner Amtszeit beurteilt worden. 61 Prozent sind nun nicht mehr mit seiner Irak-Politik zufrieden, die lediglich ein Drittel noch befürwortet. Es ist ein wenig wie ein Kartenhaus, das einstürzt und dabei nicht mehr aufzuhalten ist. 60 Prozent sagen, dass die Dinge im Irak falsch laufen - obgleich die Bush-Regierung mit Macht darauf drängt, einer Übergangsregierung die volle Souveränität - aber doch von Amerikas Gnaden - zu übergeben.

Das wäre ein Erfolg der Befreiungspolitik, zumal wenn sich die UN noch stärker beteiligen sollte und damit zur Hilfe eilt, um den Alleingang der US.-Regierung auszugleichen und den von ihr angerichteten Scherbenhaufen zu reparieren. Das wäre zwar pragmatisch klug, weil ein von Bürgerkriegen zerrissener oder radikal-islamistischer Irak nicht im Interesse der Weltgemeinschaft liegen kann, andererseits aber auch die Frage ist, warum andere Nationen Menschen und Ressourcen opfern sollen, um die von der Bush-Regierung und ihren Vasallen mutwillig und gegen besseres Wissens angerichteten Schäden zu beheben.

Die US-Regierung ist zudem noch keineswegs so weit, auch nur winzigste Fehler zuzugestehen. Sie sucht nach Entlastung und will die Zügel weiterhin in den Händen behalten. Vor allem aber scheint sie erneut den Fehler zu begehen, etwas zu behaupten - die volle Souveränität -, was sie nicht einzulösen gedenkt. Diese Art der Politik aber ist seit der Ausnutzung des 11.9. für den Krieg gegen den Irak in höchstem Maße unglaubwürdig geworden und hat insgesamt der Sache der Demokratie und der Menschenrechte geschadet.

The multinational force shall have authority to take all necessary measures to contribute to the maintenance of stability and security in Iraq.

In dem Resolutionsentwurf sagt die Bush-Regierung beispielsweise, dass eine internationale Unterstützung für die Wiederherstellung von Stabilität und Sicherheit im Irak sowie den Wiederaufbau wichtig sei. Aber die UN soll die Bildung eines demokratischen Staats lediglich unterstützen und dem beratend zur Seite zu stehen, zudem soll die multinationale Truppe weiterhin unter dem Kommando der USA stehen und mindestens für weitere 12 Monate Sicherheit und Stabilität garantieren, also auch nach den Wahlen, wenn sie, wie geplant, Ende 2004, Anfang 2005 stattfinden. Die Möglichkeit, dass die Übergangsregierung die multinationale Besatzung ablehnt, ist nicht wirklich explizit vorgesehen. Lediglich eine weitere multinationale Truppe soll dann für die Sicherheit der UN-Präsenz sorgen. Dafür soll das militärische Kommando der USA für den Aufbau der irakischen Sicherheitskräfte und von deren Institutionen zuständig sein. Von Souveränität der Übergangsregierung und von einer wirklichen Beteiligung der internationalen Gemeinschaft kann hier nicht gesprochen werden. Die UN-Mitgliedsstaaten sollen vielmehr der unter amerikanischen Kommando stehenden Truppe beitreten.

Foto: www.gizmodo.com

A new Iraq will also need a humane, well-supervised prison system. Under the dictator, prisons like Abu Ghraib were symbols of death and torture. That same prison became a symbol of disgraceful conduct by a few American troops who dishonored our country and disregarded our values. America will fund the construction of a modern, maximum security prison. When that prison is completed, detainees at Abu Ghraib will be relocated. Then, with the approval of the Iraqi government, we will demolish the Abu Ghraib prison, as a fitting symbol of Iraq's new beginning.

US-Präsident Bush am 24. Mai

Bislang ist noch nicht bekannt, wer in der Übergangsregierung vertreten sein wird. Und ob diese eher von den Irakern anerkannt wird als der Regierungsrat ist höchst zweifelhaft, zumal die US-Truppen nun gegen Schiiten und Sunniten kämpfen. Gelinde gesagt unvorteilhaft dürfte auch die Haltung des US-Militärs gegenüber der Zerstörung des Dorfes Mogr el-Deeb in der Nähe der syrischen Grenze. Dabei starben 45 Menschen, darunter auch Frauen und Kinder. Selbst wenn es sich um eine Hochzeitsfeier von "Bösen" in einem Dorf gehandelt haben sollte, das US-Brigadegeneral Mark Kimmit am Montag so bezeichnet: "significant foreign-fighter waystation, smuggler waystation in the middle of the desert that was bringing people into this country for the sole purpose of attacking to kill the people of Iraq."

Wieder versicherte er, man werden den Vorfall untersuchen, aber es gebe Unstimmigkeiten mit dem Video, das nahe legt, wie die Analyse der Nachrichtenagentur AP demonstriert, dass es sich tatsächlich um eine Hochzeitsfeier gehandelt habe. Am 22. hieß es noch:

There were no decorations, no musical instruments found, no large quantities of food or leftover servings one would expect from a wedding celebration, no gifts. All the men were almost all military-age; no family elders that one would expect to see at an event of this type. Contrary to media reports, there was no wedding tent, no nuptial tent present within a kilometer of the objective. ... There may have been some kind of celebration. Bad people have celebrations, too. Bad people have parties, too, and it may have been that what was seen as some sort of celebration or spoken to as a celebration, may have just been a meeting in the middle of the desert by some people that were conducting either criminal or terrorist activities.

Es scheint schwer zu sein, Fehler zuzugestehen, auch nur, wenn es sich darum handelt, mit zu großer Waffengewalt vorgegangen zu sein. Die vom US-Militär präsentierten Beweisstücke, Bilder von Maschinengewehren, Munition, ein Flugzeugticket der sudanesischen Fluggesellschaft, ein sudanesischer Pass und Batterien mit selbstgebastelten Sprengmechanismen, ein Haus an der Grenze mit vielen Schlafgelegenheiten, sprechen nicht unbedingt für die Anwesenheit von "fremden Kämpfern". Auf die Frage eines Journalisten, ob es den notwendig gewesen wäre, so massiv anzugreifen, auch falls die Beweisstücke stimmen, wich Kimmit aus oder verwies auf Anschläge. Allerdings sind seit Afghanistan solche Angriffe, die trotz der Rede von Präzisionswaffen und im Unterschied zu den Terroristen gezielten Vorgehen mit überwältigender militärischer Macht ausgeführt werden und Zivilisten zu ihren Opfern haben, wohl mit eine Ursache für die Ablehnung der amerikanischer Befreier. So verständlich es aus der Innenperspektive eines US-Soldaten sein mag, der, wenn er den Einruck hat, angegriffen zu werden, wild um sich schießt, um sein Leben zu retten, so schlecht ist es für eine militärische Macht, die sich als Befeiungsmacht verkauft, Fehler nicht einzugestehen und stets auf Vergessen zu setzen, indem Untersuchungen angekündigt werden, die zu nichts führen, eil man die Soldaten schützen und die Armee nicht gefährden will.