Dokumentarfilm über die AfD wird diffuses Puzzle
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Wem nützt es? Simon Brückners "Eine deutsche Partei" kann Instrumentalisierung nicht vermeiden.
Ist es ist überraschend, dass führende Politiker der AfD einem Regisseur gestatten, in ihrem Hauptquartier und ihren Parlamentsbüros zu drehen? Wohl nicht, denn die Partei braucht dringend Aufmerksamkeit.
Wenn ich irgendwo in einer Talkshow bin oder irgendwo ein Interview führe, dann muss ich mich die erste halbe Stunde lang für Gauland rechtfertigen, für Kalbitz rechtfertigen, für Höcke rechtfertigen. Für alle möglichen Leute rechtfertigen warum die irgendetwas gesagt haben, und warum ich noch in dieser Partei bin.
So sind sie. So wollen sie zumindest gesehen werden: Brave Bürger, die mit Extremisten und ihren Parolen nichts am Hut haben, sich dafür schämen. Aber so sind sie auch...:
Die Merkel ist eine installierte Frau von damals, die über Kohl eingeschleust wurde...
Zwischen 2019 und 2021 erhielt der Dokumentarfilmregisseur Simon Brückner privilegierten Zugang zu Treffen verschiedener Parteiebenen der rechtsextremen AfD ("Alternative für Deutschland"), darunter auch zu nichtöffentlichen Sitzungen.
Das Ergebnis ist sein Film "Eine deutsche Partei". Der Film bietet keinerlei Neuigkeiten oder Überraschungen, sondern nur ein buntes Potpourri aus Innenansichten: Dem Regisseur gelingt es darin, bestimmte Schwächen, mitunter auch Kleinkariertheit, Spießigkeit und Karrierismus in einer Partei aufzuzeigen, die ständig zwischen den rechtsradikalen, völkischen und nationalrevolutionären Positionen einerseits und sogenannten "bürgerlichen" Werten und selbstdefinierter "Normalität" schwankt.
Simon Brückner zeigt die AfD aber genauso als Opfer ihrer eigenen Paranoia, in ihrer abgrundtiefen Dummheit und enthüllenden Versprechern, wie diesem:
... dass wir hier mit diesem Resettlement-Programm überfremdet werden sollen – mehr als ohnehin: da gibt es ja die... die kommen eben per Flugzeug, die werden unten ausgewählt in Afrika und sollen uns dann hier bereichern...
Er zeigt sie auch ihrer Aggression und Radikalität und zitiert aus öffentliche Reden, bei denen sich der Redner nicht scheut, extremistischen Klartext zu sprechen:
Das einzig sichere Hygienekonzept für unser Land ist es, diese Politiker wegzufegen.
Wasser auf die Mühlen dieser Aufmerksamkeitsjunkies
Es mag auf den ersten Blick manche Zuschauer überraschen, dass die AfD sich überhaupt auf eine Langzeitbeobachtung dieser Art einlässt, und es einem Regisseur, der nicht ihrem Sympathisantenkreis entstammt, überhaupt gestattet, nicht-öffentliche Sitzungen, Treffen und Gespräche mitzuschneiden und in einen Film einzubauen.
Wer sich aber erst einmal bewusst macht, wie stark diese Partei auf Öffentlichkeit, Medienpräsenz und öffentliche Zuspitzung angewiesen ist, wie sehr sie auf Populismus, Provokation und das Schüren von Ressentiments setzt, dem wird schnell klar, dass so ein Film auch – oder vielleicht sogar gerade – wenn er von politischen Gegnern gemacht wird, dem Kalkül dieser radikalen politischen Öffentlichkeitsarbeiter entspricht, und am Ende des Tages so oder so Wasser auf die Mühlen dieser Aufmerksamkeitsjunkies ist.
Diese Überlegung führt zu der Frage, die für diesen Film, seinen Erfolg und seine Bewertung die alles entscheidende ist. Sie lautet nicht "Hat sich der Regisseur von den Rechtsradikalen instrumentalisieren lassen?".
Sondern die entscheidende Frage ist: Inwiefern kann der Regisseur überhaupt eine solche Instrumentalisierung vermeiden und durch welche Strategien, ohne dass sein Film wiederum zu plumper Gegenpropaganda wird, die in ihrer Primitivität dann ebenfalls Wasser auf die Mühlen von Extremisten spülen würde?
Ohne Not gibt "Eine deutsche Partei" der AfD in jedem Fall die Möglichkeit, sich Dritten gegenüber als tolerant, offen, kritikfähig und interessiert an Auseinandersetzung zu präsentieren – eben als eine ganz normale Partei im politischen Streit. Dies ist genau das Bild, das die AfD von sich erzeugen möchte.
Weil die AfD aber eben keine normale Partei ist, kann ein Dokumentarfilm über sie auch kein normaler Dokumentarfilm über eine x-beliebige Partei sein.
Nutzt dieser Film also nicht allein schon durch sein Vorhandensein der AfD?