Drachen-Propaganda: Wacht Deutschland 2023 auf?

US-amerikanisches Propagandaplakat, das 1917 während des Ersten Weltkriegs entstand. Bild: Harry Ryle Hopps / Gemeinfrei

Themen des Tages: Wie die USA Russlands rote Linien missachteten, warum der russische Staatskonzern Rosatom nicht sanktioniert werden soll und was passiert, wenn Medien Putin zum "Drachen" machen, der "fressen muss".

Liebe Leserinnen und Leser,

1. Die USA wussten, dass man Russlands rote Linien bei Nato-Expansion überschritt.

2. Die EU-Kommission gibt Pläne für Sanktionen gegen russischen Nuklearsektor auf.

3. Und auf Seite 2 lesen Sie: Warum das aktuelle Spiegel-Cover, in dem Putin zum alles-fressenden Drachen transformiert wird, an die toxische Kriegspropaganda des Ersten Weltkriegs erinnert.

Doch der Reihe nach.

Was diplomatische Depeschen zutage fördern

Denjenigen, die auf die Nato-Osterweiterung verweisen, um die Entstehung des Ukraine-Kriegs in einen größeren Zusammenhang zu stellen, wird entgegengehalten, dass damit Putins Informationskrieg bedient werde. Dem gegenüber wird von Kommentatoren in den USA von Russlands "messianischer Mission" gesprochen, "das russische Imperium wiederherzustellen".

Der US-Journalist Branco Marcetic hat nun eine akribische Recherche vorgelegt, in der er die diplomatische Kommunikation der Vereinigten Staaten und zahlreiche Äußerungen von Analysten und US-Beratern der letzten zwanzig Jahre auswertet. Sein Fazit auf Telepolis wirft ein Licht auf die westliche Mitverantwortung an der Eskalation des Konflikts:

Eine Überprüfung der Aufzeichnungen und Dutzende von diplomatischen Depeschen, die über WikiLeaks öffentlich zugänglich gemacht wurden, zeigen jedoch, dass US-Beamte sich dessen bewusst waren oder ihnen über Jahre hinweg direkt gesagt wurde, dass die Erweiterung der Nato von russischen Beamten weit über Putin hinaus als große Bedrohung und Provokation angesehen wurde und dass die Ausweitung der Nato auf die Ukraine für Moskau die äußerste rote Linie darstellt. Dieser Schritt würde die Hardliner und nationalistischen Teile des russischen politischen Spektrums aufputschen und stärken. Das könnte schließlich zu einem Krieg führen.

Energieversorgung First

Seit der russischen Invasion in die Ukraine findet ein Überbietungswettbewerb bei Sanktionen statt, angetrieben von den USA und der EU. Doch beim zivilen Nuklearsektor scheint der Ehrgeiz zu erlahmen, wie Telepolis-Autor Bernd Müller berichtet. Jedenfalls, was die EU angeht. Denn im neuen Sanktionspaket wird der russische Staatskonzern Rosatom vermutlich nicht enthalten sein. Die Verflechtungen zwischen Rosatom und der Energiewirtschaft der EU-Länder waren wohl entscheidend, insbesondere, was Frankreich angeht.

Zur Wahrheit gehört: Ohne Rosatom können viele Atomkraftwerke in der EU nicht weiterbetrieben werden. Ein Fünftel des benötigten Urans importieren die EU-Länder im Jahr 2020 aus Russland, 19 Prozent kamen aus Kasachstan. Rosatom kontrolliert neben den Uranminen in Russland auch fast ein Viertel der kasachischen Uranproduktion.

Wenn dauerhaft nicht mehr dauerhaft ist

15 Prozent der Landfläche auf der Nordhalbkugel ist permanent gefroren. Eine gigantische Tiefkühltruhe. Und sie hat eine wichtige Funktion. Dort sind riesige Mengen des aggressiven Treibhausgases Methan gespeichert. Tauen die Böden auf, wird das am Ende zu einer sich selbst verstärkenden Erderhitzung führen, wie Telepolis-Autor Nick Reimer feststellt.

Allein im oberen Bereich der Permafrostböden stecken bis zu 1.600 Milliarden Tonnen Kohlenstoff – fast doppelt so viel, wie sich derzeit in der Erdatmosphäre befindet. Wird er freigesetzt, heizt er das Klima weiter an. Ein sich selbst verstärkender Effekt: Mehr getauter Permafrost bedeutet mehr Treibhausgase in der Atmosphäre, was zu höheren Temperaturen führt, die wiederum mehr Permafrost auftauen.

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