Dreifache Kernschmelze

Seite 4: Widerstand gegen Renaissance der Atomkraft in Japan

Auch in Japan bleibt diese Politik nicht unwidersprochen. Im Juli 2012 fand zum Beispiel in Tokio eine große Demonstration gegen die Atomkraftnutzung statt, bei der die in Japan beliebte deutsche Musikgruppe "Kraftwerk" einen bejubelten Auftritt hatte.

Vor der dreifachen Kernschmelze in Fukushima lieferten Japans Reaktoren rund 30 Prozent des Strombedarfs. Unmittelbar nach dem Beben wurden zunächst alle abgeschaltet und einer Überprüfung unterzogen. Ein Teil der Anlagen wurde in der Folge aus dem Verkehr gezogen, aber 33 Reaktorblöcke würden die Betreiber gerne wieder hochfahren.

Seit acht oder neun Jahren versucht die Regierung daher immer wieder, einzelne Anlagen in Betrieb zu nehmen. Doch stets stößt sie damit auf massiven Protest der örtlichen Bevölkerung und mitunter auch der lokalen Behörden.

Selbst ein prominenter Parteifreund der aktuellen Regierung, der ehemalige Premierminister Junichiro Koizumi, machte kürzlich Front gegen die nukleare Renaissance, wie sie der japanischen Atomindustrie vorschwebt. Das Land habe genug Möglichkeiten auf erneuerbare Energieträger zu setzen, so Koizumi, der die Tokioter Regierung von 2001 bis 2006 leitete.

Wegen dieses Widerstandes konnten bisher nur wenige AKW wieder ans Netz gehen. 2019 betrug ihr Anteil an der Stromversorgung nach Angaben der Internationalen Atomenergieagentur lediglich 7,5 Prozent.

Eine Aufgabe für Generationen

Derweil ist auf dem Gelände der Havaristen noch lange kein Ende der Aufräumarbeiten in Sicht. Arbeiten, die aus dem Staatssäckel bezahlt werden, denn Betreiber Tepco wäre ohne die wiederholten Zuwendungen aus Tokio längst pleite.

Riesige Tanks stehen zu Dutzenden auf dem Gelände herum. Ihr Inhalt: Radioaktiv verseuchtes Wasser, mit dem die geschmolzenen Kerne gekühlt werden. Die Mengen sind so groß, dass Tepco immer wieder mal laut darüber nachdenkt, ob man nicht einen Teil einfach ins Meer ablassen könne.

Die japanische Nachrichtenagentur Kyodo berichtete letzte Woche, dass Tepco irgendwann zwischen 2041 bis 2051 mit dem Aufräumen fertig sein wolle. Kritiker hielten das allerdings für unrealistisch.

Die extrem hohe Strahlungsbelastungen und Probleme mit den ferngesteuerten Robotern sprächen dagegen. Noch immer ist das Wissen über den Zustand der geschmolzenen Reaktorkerne höchst lückenhaft, und immerhin geht es darum, rund 900 Tonnen geschmolzenes Uran abzuräumen, in dessen Nähe sich kein Mensch wagen darf.

Die japanische Regierung würde unterdessen die Welt das alles gerne vergessen lassen. In diesem Jahr soll nun endlich – Corona hin oder her – die Olympischen Spiele nachgeholt werden. Der Fackellauf mit dem olympischen Feuer soll auch durch die verseuchte Region führen, vorbei an dem einen oder anderen radioaktiven Hotspot, die immer noch hin und wieder entdeckt werden.

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