EU-Rat vertagt Entscheidung über Enfopol-Resolution

Nun soll es eine öffentliche Diskussion geben.

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Der EU-Rat wird während seiner Sitzung am 27. und 28. Mai nicht über die "EU-Ratsentschließung über die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs in Bezug auf neue Technologien" entscheiden. Dies teilte heute Ulrich Kersten, Leiter Polizeiangelegenheiten im Bundesinnenministerium während einer Veranstaltung des Deutschen Industrie- und Handelstages zum Thema Enfopol mit.

Die Mitgliedsländer hätten sich gestern entschlossen, den Termin zu verschieben. Grund: Man will sich erst in den einzelnen Staaten der öffentlichen Diskussion stellen. Allein in der Sache gäbe es jedoch bei keinem einzigen Mitgliedstaat Vorbehalte. Während der finnischen Ratspräsidentschaft soll ein neuer Termin festgesetzt werden. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss kündigte an, daß er sich einem Ratsentschluß auch während der nächsten und der folgenden Präsidentschaften entgegenstellen werde und kritisierte die mangelnde Transparenz. Er habe erst aus der Presse von der Existenz der Arbeitsgruppe für polizeiliche Zusammenarbeit erfahren - während das Bundesinnenministerium diese noch leugnete. Kersten gab zu, daß es in der Vergangenheit zu wenig Transparenz gegeben habe und stellte eine Berichtspflicht beziehungsweise Erfolgskontrolle bei der Telefonüberwachung in Aussicht.

Die Kosten-Nutzen-Frage in polizeilichen Angelegenheiten bezeichnete Kersten als "gefährlich". Die Polizei sei "kein produzierendes Gewerbe", Aufwand und Erfolg könnten nicht "in Mark und Pfennig beziffert" werden. Schließlich müsse die Wirtschaft auch Umweltauflagen aus eigener Tasche bezahlen. Ein Vertreter der Wirtschaft, Helmut Wörner, hatte kritisiert, daß durch die Auflagen der Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV) eine Art Überwachungssteuer eingeführt werde. Ernst Mannherz, Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums, gab zu, noch keine genaue Zahlen über die Kosten der Telekommunikationsüberwachungsverordnung zu kennen. Seiner Kenntnis nach lägen die Kosten zwischen 10.000 und 20.000 Mark - die notwendige kontinuierliche personelle Betreuung der Überwachungsschnittstelle bleibt dabei jedoch unberücksichtigt.