EU-Taxonomie: Ein abgekarteter Handel
Seite 2: Hinter verschlossenen Türen: Nord Stream 2 und LNG-Infrastruktur
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In Übereinstimmung mit Informationen, die Telepolis vorliegen, hat auch die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass sich die Bundesregierung in dem bis Mitte Januar laufenden Konsultationsprozess schlicht und ergreifend enthalten will.
"Hinter verschlossenen Türen" hätten sich die Chefs der drei Ampelparteien längst darauf geeinigt, nicht gegen den Vorschlag der Europäischen Kommission vorzugehen und man werde sich bei der Abstimmung enthalten, wenn die EU-Staats- und Regierungschefs auf einem Gipfeltreffen später in diesem Jahr das letzte Wort haben werden, zitierte Reuters zwei mit der Entscheidung vertraute Personen.
Schaut man sich an, wie sich nun auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) äußert, ist auch klar, dass jetzt nur noch grünes Theater gespielt wird. Denn sie meint aktuell, dass es nur wenig Chancen gebe, die EU-Pläne zur Aufnahme der Atomkraft in die Taxonomie noch zu verändern zu können. "Ob der Vorschlag noch zu ändern ist, noch aufzuhalten ist, das wage ich zu bezweifeln", sagte sie im Bayrischen Rundfunk.
Die Position der Bundesregierung sei geschlossen: "Die SPD, Bundeskanzler Olaf Scholz, haben alle insgesamt deutlich gemacht, dass Atomkraft aus unserer Sicht, aus Sicht der deutschen Bundesregierung, keine nachhaltige Investition ist."
Wie sich das damit verträgt, dass die entsprechende Passage dazu aus dem Koalitionsvertrag gestrichen wurde und man ganz offensichtlich nichts unternehmen will, um den auch wirtschaftlich ruinösen Atom-Wahnsinn zu stoppen, bleibt ein grünes Rätsel.
Lemke und ihre Partei fallen damit auch den grünen Partnern in Europa in den Rücken. Denn die Europäischen Grünen prüfen eine Klage gegen die Pläne der EU-Kommission, neben Atomkraft auch fossiles Gas als nachhaltig einzustufen, was Merkel im Deal mit Frankreich mit Blick auf die Pipeline Nord Stream 2 durchgesetzt hatte.
"Wir erwägen als europäische Grüne vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Pläne der EU-Kommission, Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke als nachhaltig und klimafreundlich einzustufen, zu klagen", sagte der Österreicher Thomas Waitz. Gegenüber der Welt meinte er, die Pläne schleuderten Europa "zurück ins energiepolitische Mittelalter".
Die Ablehnung der EU-Pläne ist in Österreich besonders groß. Dort wirft Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) der EU-Kommission vor, "in einer Nacht- und Nebelaktion" versucht zu haben, "Atomkraft und Gas grün zu waschen". Schon der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Entwurfs zeige, dass die Kommission selbst nicht von ihrer Entscheidung überzeugt sei.
Anders als ihre grünen Kollegen in Deutschland ist die Österreicherin allerdings glaubwürdig. Sie hatte sich auch gegen die Untätigkeit angesichts der unsicheren Atommeiler in der Slowakei ins Zeug gelegt und bereits Vorbereitungen für eine Klage gegen den Taxonomie-Entwurf getroffen.
"Sollten diese Pläne so umgesetzt werden, werden wir klagen. Denn Atomkraft ist gefährlich und keine Lösung im Kampf gegen die Klimakrise", twitterte die Umweltministerin weiter.
Für Österreich ist ganz klar: Weder die Atomkraft noch das Verbrennen von fossilem Erdgas haben in der Taxonomie etwas verloren. Denn sie sind klima- und umweltschädlich und zerstören die Zukunft unserer Kinder.
Leonore Gewessler
Die Linke fordert derweil auch, dass Deutschland den Klageweg Österreichs unterstützen sollte und bringt die Bundesregierung und vor allem die Grünen und ihr Schmierentheater in Bedrängnis. Der Europaexperte der Bundestagsfraktion Andrej Hunko fordert, dass sich die Bundesregierung der geplanten Klage anschließen müsse.
Eine einfache Nicht-Zustimmung im EU-Rat reicht nicht und würde den Kommissionsvorschlag de facto durchwinken, weil dort eine qualifizierte Mehrheit notwendig ist, die aktuell nicht erreichbar ist.
Andrej Hunko
Gegenüber Telepolis erklärte Hunko: "Hinter den Kulissen der EU ist die Sache bereits ausgedealt." Frankreich bekomme die Förderung der Atomenergie, Deutschland die des Gases. "Mit der Einstufung insbesondere der Atomenergie als nachhaltig und klimafreundlich werden weltweit wirkende verheerende Standards gesetzt", fügt der Parlamentarier an.
Bemerkenswert sei für ihn auch, "dass bei der Einstufung der Gaserzeugung Fracking offenbar kein Thema ist." Hunko meint, es gehe "nicht um russisches Gas, sondern um die Schaffung einer LNG-Infrastruktur, die auch das für das Klima besonders schädliche Fracking-Gas beinhaltet".