Einmal zuviel umgetauscht…

Computerkartei der unentschlossenen Käufer macht Probleme

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Manchmal stellt man erst nach dem Kauf fest, dass man eine Ware doch nicht braucht. Solange die Ware noch nicht benutzt ist, kann sie meist 14 Tage auf Kulanz zurückgebracht werden. Doch die Kulanz hat ihr Ende, wenn dies zu oft vorkommt.

Fortune berichtete dieser Tage von folgendem Vorkommnis:

Der 32-jährige bei Lockheed-Martin angestellte Ingenieur Hayden Cobb hatte bei einem Einkaufsbummel mal wieder kräftig zugelangt. Zuhause stellte er allerdings fest, dass er sich offensichtlich immer noch nicht mit dem System der Größen von Herrenhemden auskannte: Seine neuen Errungenschaften passten ihm durchweg nicht. Also brachte er die Hemden samt Rechnung in den Laden zurück.

Der Angestellte dort bat ihn kurz um seinen Führerschein, zog diesen durch ein Terminal – und drückte ihm einen dem Apparat entnommenen Zettel in die Hand:

Umtausch abgelehnt!

Grund ist ein neues Computersystem, das die 16 Milliarden Dollar Verlust durch Umtausch gekaufter Waren in den USA reduzieren soll: Einmal ausgepackte Waren lassen sich nun einmal nicht mehr als neu verkaufen.

Es gibt natürlich einige Schmarotzer der üblichen Kulanzregelung, die sich beispielsweise am Abend vor einer Party schnell ein neues Kleid kaufen und es am Morgen nach der Party zurückbringen. Solange dies nicht gerade jedes Mal im selben Laden geschieht, blieb dies bislang unbemerkt.

Nun werden bei an das System angeschlossenen Geschäften bei jeder Rückgabe von Waren die Daten des Einkaufs und des Führerscheins – der in den USA die Funktion eines Ausweises übernimmt, denn die meisten Amerikaner haben keinen Pass – gespeichert. Die Daten verwaltet dann die Firma Return Exchange in Kalifornien. Und wer wie Hayden Cobb bereits Dutzende von Hemden zurückgebracht hat, für den ist Schluss mit Lustig, der hat sein Umtauschkontingent verbraucht: Cobb wird sich nun von seiner Frau die Sache mit den Größen erklären lassen müssen und die nicht passenden Hemden darf er nun zuhause auftragen, wenn sie im Büro gar zu albern aussehen.

Warum einfach, wenn’s auch umständlich geht?

Typisch Amerika? Sowas käme bei uns nie vor? Weit gefehlt! Auch in Deutschland werden bei Umtausch und Rückgaben üblicherweise die Kundendaten erfasst. Nur läuft es wesentlich umständlicher ab:

So hatte der Autor beispielsweise vor einigen Jahren beim Münchner Elektrohaus Fröschl eine Schachtel Kabelschellen erstanden, die laut Auszeichnung am Regal 1,50 kosten sollten, an der Computerkasse jedoch plötzlich 20 Mark. Auf den Protest hin bestand der Kassierer jedoch darauf, dass der Artikel zuerst bezahlt werden müsse, da er bereits eingetippt sei und sonst der ganze Betrieb blockiert sei – es war die einzige Kasse im Haus. Die wartenden anderen Käufer baten deshalb auch prompt, doch bitte zu tun, was der nette Mann sagte.

Das allerdings sollten sie noch alle bereuen, denn nun musste der Kassierer nach dem Abkassieren der 20 Mark zusammen mit einem Kollegen ans Regal und bestätigte nach 10 Minuten vergeblichem Suchen des Artikels schließlich "Ja, das ist tatsächlich anders ausgezeichnet – aber es gilt nun mal, was im Computer steht". Und da ich nicht gewillt war, den Mondpreis von 20 Mark für eine Pappschachtel mit nicht mal einer Handvoll einfachster Kabelschellen zu zahlen, wurde nun das komplette erkennungsdienstliche Programm abgefahren: Aufnahme von Namen, Geburtsdatum, Wohnort – wobei der Personalausweis hierzu nicht einmal ausreichte, denn die Computerkasse benötigte auch die Postleitzahl. Und da der Angestellte mit dem von ihm so gewollten Aufwand am Ende offensichtlich völlig überfordert war, dauerte dieser Vorgang weitere 20 Minuten. Die restlichen Käufer standen mittlerweile im Zickzack durch die ganze Abteilung.

Computerkassen vergessen nichts

Klar, dass ich diesen Laden nie wieder betrat. Die faule Nummer mit dem Computer, in dem leider ein anderer Preis hinterlegt sei als in der Annonce / am Regal / vom Verkäufer genannt und an dem leider nur der Geschäftsführer etwas ändern könne, der aber bedauerlicherweise gerade heute auf Dienstreise / in Urlaub / krank sei, hatten zwar auch etliche andere Läden zu bieten, vorzugsweise natürlich, wenn man wegen eines Angebots extra angereist war und die Verkäufer hofften, man würde nun halt gezwungenermaßen teurer kaufen, aber die Masche, dass man den ungewollten Preis dann auch noch erst zahlen musste, um dann die so gar nicht gewünschte Ware wieder zurückgeben zu können, war eine Fröschl-Spezialität. Ebenso wie die Datenerfassung.

Heute ist dem nicht mehr so – immer mehr Geschäfte verlangen bei Umtausch und Rückgabe den Ausweis oder zumindest eine Adressangabe. Was mit den Adressen geschieht, dazu wollten sich Fröschl München und auch der neue Inhaber Media-Markt gegenüber Telepolis nicht äußern. In wie weit die Geschäfte diese im Rahmen von Kooperationen untereinander austauschen, ist ebenso Betriebsgeheimnis. Wer allerdings am Morgen nach dem Kaufrausch öfters mal einen Kaufkater verspürt und die gekauften Dinge zurückbringt, könnte es bald herausfinden, ebenso, wenn er immer wieder mal wegen Kopierschutz nicht funktionierende Pseudo-Audio-CDs zurückbringt.

Zu dumm, wenn man dann den wider Erwarten doch nicht ins Regal passenden Fernseher von Media-Markt nicht mehr zurückgeben kann, weil man bei Saturn-Hansa schon so oft Un-CDs zurückgebracht hat. Außer natürlich, der Fernseher passt nur deshalb nicht ins Regal, weil es der Mann im Lager besonders gut meinte und einem statt des gewünschten 55-cm-Modells die große 67er-Kiste verpasst hat – auch das ist schließlich schon vorgekommen