EloKa - die Abhörtruppe der Bundeswehr

Seite 2: Geschichte der EloKa-Truppe

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Der Aufbau der EloKa-Truppe begann kurz nach Gründung der Bundeswehr. Im Jahr 1956 wurde das Fernmeldebataillon 51 in Bergisch-Gladbach aufgestellt; allerdings dauerte es bis 1960/61, bis die EloKa-Truppe tatsächlich einsatzfähig war. Der erste wichtige Aufklärungseinsatz der EloKa-Truppe erfolgte mit der Kuba-Krise im Oktober 1962.

Der nächste wichtige Aufklärungseinsatz der EloKa war der sowjetische Einmarsch in die CSSR am 21. August 1968 zur Niederschlagung des so genannten "Prager Frühlings". Eine möglichst genaue Lageerfassung durch die EloKa-Truppe war überlebenswichtig zur Stabilisierung der Krise, da es an der deutsch-tschechischen Grenze wiederholt zu Zwischenfällen kam: So konnte ein sowjetischer Panzerfahrer, der die Orientierung verloren hatte, nur durch das beherzte Eingreifen eines tschechischen Grenzpolizisten daran gehindert werden, mit seinem Kampfpanzer T-55 bei Schirnding auf NATO-Gebiet vorzustoßen. Ob auch Bundeswehrsoldaten irrtümlich mit ihren Fahrzeugen auf tschechisches Territorium vordrangen, muss hier offen bleiben.

Fernmeldesektorturm mit horizontaler Erweiterung für das LAPAS-Projekt auf dem Thurauer Berg bei Woltersdorf im Landkreis Lüchow-Dannenberg (Niedersachsen). Bild: Thorsten Bätge/CC-BY-SA-3.0

Ab den sechziger Jahren saßen die Fernmeldeaufklärungskräfte in Betontürmen auf Bergspitzen auf beiden Seiten entlang der innerdeutschen Grenze. Wichtige westdeutsche und alliierte Abhörstationen auf Seiten der NATO waren der Thurauer Berg, Stöberhai, Hohe Meissner, Wasserkuppe, Großer Kornberg, Schneeberg, Hoher Bogen und der Teufelsberg in Westberlin, etc.. Auf der anderen Seite der Mauer saßen die Funkhorcher der Nationalen Volksarmee, des Ministeriums für Staatssicherheit (Abteilung II) oder der russischen Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije (GRU) in Gadebusch, Holzhausen, auf dem Brocken, in Frankenheim, Oberwiesenthal und Dylen, etc. und machten das Gleiche mit ähnlichen Geräten und Methoden. Mit der deutschen Wiedervereinigung wurden die Abhörtürme ab 1990/91 geschlossen und gesprengt.

Sofern Gespräche über Funk nicht durch Sprachverschlüsselungsgeräte verfremdet werden, kann man sie einfach mithören. Funktexte werden i. d. R. verschlüsselt und z. B. als so genannte 5-Zahlen-Sprüche über Funk versendet und müssen dann erst aufwendig in den Auswertestellen decodiert werden: 35738 Trennung 83454 Trennung 90879 …. Für die Fernmeldeaufklärer heißt es dann pro Minute rund 150 Zahlen hören, erkennen und niederschreiben, während schon die nächste Ziffer über Funk hereinkommt.

Die Reichweite der Funkerfassung ist abhängig von der Energieabstrahlung der Sendestation, den atmosphärischen Ausbreitungsbedingungen und der Leistungsfähigkeit der Abhöranlagen. In der Regel hörte die Bundeswehr die Truppenverbände in der DDR und der CSSR bis zu einer Tiefe von circa 300 km ab. Damit drang die EloKa weit tiefer in das Feindgebiet ein, als es etwa mit Spähpanzern oder den Mitteln der aufklärenden Artillerie möglich gewesen wäre. Bei Überreichweiten durch Inversionswetterlagen konnten die EloKa-Kräfte sogar irgendwelche sibirischen Waldfeuerwehren abhören.

Seit den neunziger Jahren ist die EloKa-Truppe an den Auslandseinsätzen der Bundeswehr beteiligt. Die Einsatztaktik wurde im Rahmen der Vernetzten Operationsführung (NetOpFü) soweit weiterentwickelt, dass die Fernmeldeaufklärer die Informationen zur Identifizierung und Lokalisierung gegnerischer Ziele bereitstellen, damit der Operationsstab diese dann durch Artilleriebeschuss, Luftangriffe oder Kommandounternehmen zerstören lassen kann.

Als Aufklärungstruppe unterliegen die EloKa-Einheiten einer besonderen Geheimhaltung gemäß den einschlägigen Sicherheitsbestimmungen (SichhBestFmAufklBw). Während jede Bundeswehrkaserne bereits durch Stacheldraht nach außen hin abgegrenzt ist, sind die EloKa-Auswertungskräfte in einer besonderen Sperrzone innerhalb der Kaserne untergebracht, die nochmals durch Stacheldraht und Panzertür vom übrigen Kasernengelände abgegrenzt ist. Alle angehenden EloKA-Rekruten müssen sich einer Sicherheitsüberprüfung der Stufe II unterziehen. Dazu führt der Militärische Abschirmdienst (MAD) eine Befragung von Referenzpersonen aus dem Umfeld des Rekruten durch, der sich zum Schluss ebenfalls einer Befragung unterziehen muss.

Die Geheimhaltung führt dazu, dass die EloKA-Truppe bis heute selbst in Kreisen der deutschen Friedensbewegung kaum bekannt ist. Entsprechend gering ist die Informationslage. Viele Angaben fehlen oder sind überaltert. Zu den wenigen Autoren zu diesem Thema zählen der ehemalige EloKA-Nachrichtenoffizier Oberst a. D. Rudolf Grabau, der ehemalige Mitarbeiter beim Zentrum für Nachrichtenwesen Günther K. Weiße, der BND-Experte und Friedensforscher Erich Schmidt-Eenboom und Oberst a. D. Klaus Eichner (MfS-HVA). Zu den nennenswerten Online-Quellen zählt die Website von Manfred Bischoff.

Nur einmal erregte die EloKa eine größere öffentliche Aufmerksamkeit: Während einer sowjetischen Stabsrahmenübung auf dem Truppenübungsplatz in der Colbitz-Letzlinger Heide am 19. September 1984 hatte die Bw-EloKa einen Funkspruch abgehört. Der damalige Verteidigungsminister Manfred Wörner (CDU) ließ es sich nicht nehmen, daraus am 9. November 1984 in einer Bundestagsdebatte zu zitieren:

Lage für den 21. September, 24 Uhr: 2. Abteilung 15 km südostwärts Braunschweig, 3. Abteilung 6 km ostwärts Hornburg. Die Einheiten und Verbände erfüllten die nächste Aufgabe, bezogen den Abschnitt Hannover-Seesen. Die Brigade deckt die Einheiten und Verbände der Armee beim Vormarsch zur Konzentrierung, verstärkt die Sicherung der 14. Panzerdivision während der Entfaltung, Einführung zum Angriff. Einsatzräume der Brigade: die 1. Abteilung 10 km südlich Hannover, die 2. Abteilung Raum ostwärts Hildesheim, die 3. Abteilung Raum südwärts Peine.

Manfred Wörner

Die westdeutsche Zivilbevölkerung reagierte angesichts der "sowjetischen Eroberung von Niedersachsen" etwas konsterniert.

Das Kommando Strategische Aufklärung

Wie alle Bundeswehreinheiten unterliegt die EloKa-Truppe einem permanenten Reorganisierungs- und Modernisierungsprozess. Sie ist dem Kommando Strategische Aufklärung (KdoStratAufkl oder KSA) untergeordnet, das wiederum zur so genannten Streitkräftebasis (SKB) gehört. Die Streitkräftebasis wurde im Rahmen der Bundeswehrreform im Jahr 2000 aufgebaut. Einheiten der verschiedenen Teilstreitkräfte (Heer, Luftwaffe, Marine oder Sanitätsdienst), die die gleiche Funktion hatten, wurden unter einem einheitlichen Kommando zusammengefasst. Im Dienst tragen alle Soldaten denselben Kampfanzug und sind nur noch durch ihre Dienstgradschlaufen und Kopfbedeckungen bezüglich ihrer Teilstreitkraft zu unterscheiden.

Das Kommando Strategische Aufklärung wurde 2002 gegründet und hat sein Hauptquartier in Grafschaft-Gelsdorf (Philipp-Freiherr-von-Boeselager-Kaserne, Max-Planck-Strasse 17), der alten Zentrale des mittlerweile aufgelösten Zentrums für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ZNBw). Hier befindet sich ein in den neunziger Jahren erbauter sechsstöckiger Kommandobunker, der unter der Bezeichnung "Cheops-Pyramide" bekannt ist. Das Kommando wird von Generalmajor Jürgen Setzer geführt. Ihm unterstehen 5.500 Soldaten und 500 Zivilkräfte.

Zum KdoStratAufkl gehören außer der EloKa-Truppe die Abteilung für Informations- und Computernetzwerkoperationen (CNO) in Rheinbach-Wormersdorf (Tomburg-Kaserne, Münstereifeler Str. 75), die Zentrale Untersuchungsstelle der Bundeswehr für Technische Aufklärung (ZU-StelleBwTAufkl) in Hof (Oberfranken-Kaserne, Kulmbacherstraße 58-60), das Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr (ZGeoBw) in Euskirchen (Mercator-Kaserne, Frauenberger Straße 250) und die neugegründete Zentrale für Abbildende Aufklärung (ZAbbAufkl) in Gelsdorf, die für die deutschen Spionagesatelliten SAR-Lupe zuständig ist. Bei den modernen Streitkräfte ist die Photoaufklärung (Imagery Intelligence - IMINT) neben der Signal Intelligence (SIGINT) die wichtigste Aufklärungsquelle.

Günther K. Weiße beschrieb die Aufklärungsfunktion des KdoStratAufkl in seinem Buch "Informationskrieg + Cyber War" folgendermaßen:

Der Kommandostab des KSA führt und steuert die gesamte weltweite, weitreichende signalerfassende Aufklärung der Bundeswehr im Rahmen des 'Ständigen Aufklärungsauftrags - StAA' und damit auch die Aufklärung im Einsatzland, tauscht Informationen im Rahmen bestehender bilateraler Abmachungen mit Partnerdiensten aus und entwickelt Folgekonzeptionen für den umfassenden Einsatz von Sensoren im gesamten interessierenden Frequenzspektrum.

Dazu werden die eingehenden Informationen aus Fernmelde- und Satellitenaufklärung usw. zusammengefügt und in aktuelle taktische und technische Lagebeiträge umgesetzt, die an die Einsatz- und Meldezelle (EMZE) und die Informationszentrale "Militärische Nachrichtenlage" im Stab des KdoStratAufkl weitergereicht werden. Der KSA-Stab wiederum leitet seine Lageinformationen an den Führungsstab der Streitkräfte (Abteilung III) im Bundesministerium der Verteidigung in Berlin, an das Einsatzführungskommando in Potsdam oder an den BND mit seinem Führungs- und Informationszentrum (FIZ) in Berlin weiter. Dazu verfügt die Bundeswehr über mehrere Kommandosysteme. Bekannt wurden u. a. das Joint Analysis System Military Intelligence (JASMIN), das Gemeinsame Aufklärungssystem Technik (GAST) und das Heeresführungsinformationssystem für die rechnergestützte Operationsführung in Stäben (HEROS). Zur Geheimhaltung verfügt die Bundeswehr über verschiedene Kryptogeräte: ELCROBIT-3-2, ElcroDat, ELCOTREL-5, etc.