Energiewende: So könnte grüner Wasserstoff nach Deutschland gelangen
Import von Wasserstoff ist entscheidend für die Energiewende. Doch welche Transportwege und -formen sind am effizientesten? Eine neue Studie gibt Antworten.
Um die Energiewende voranzutreiben und die Klimaziele zu erreichen, wird Deutschland in Zukunft große Mengen an grünem Wasserstoff importieren müssen. Doch noch ist unklar, auf welchen Wegen und in welcher Form der Transport am sinnvollsten ist.
Ein Team des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie (ICT) hat nun gemeinsam mit der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg 19 verschiedene Importpfade für Wasserstoff und seine Derivate unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse wurden jetzt im renommierten International Journal of Hydrogen Energy veröffentlicht.
Wasserstofftransport: Pipeline oder Schiff?
Die Forscher verglichen fünf Pipeline-Optionen und 14 Schiffsrouten für den Import von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten wie Ammoniak, Methanol und synthetischem Erdgas (SNG). Dabei bewerteten sie Schlüsselkriterien wie Effizienz, technologische Reife und zeitliche Verfügbarkeit.
Das Ergebnis: Wasserstoff-Pipelines schneiden mit einem Wirkungsgrad von 57 bis 67 Prozent am besten ab. Sie sind technisch ausgereift und könnten relativ schnell realisiert werden. Allerdings fehlt derzeit noch die nötige Infrastruktur, um Wasserstoff in großen Mengen per Pipeline zu importieren.
Wasserstoffderivate als vielversprechende Alternativen
Die Wasserstoffderivate Ammoniak (51–64 Prozent Wirkungsgrad), Methanol (44–62 Prozent) und SNG (39–62 Prozent) erwiesen sich als die zweitbesten Optionen. Sie können mit der bestehenden Infrastruktur transportiert und gespeichert werden. Allerdings ist ihre Rückumwandlung in Wasserstoff mit Verlusten verbunden, weshalb die direkte Nutzung der Derivate zunächst attraktiver erscheint.
Andere Transportformen wie flüssiger Wasserstoff, LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carrier), sind derzeit noch nicht effizient und technisch ausgereift genug. Gleiches gilt für die Gewinnung von Kohlendioxid aus der Luft mittels Direct Air Capture (DAC) und dessen Nutzung zur Herstellung von Wasserstoffderivaten. Mit einem großtechnischen Einsatz dieser Technologien ist voraussichtlich nicht vor 2030 zu rechnen. Hier besteht noch erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf.
Grüner Wasserstoff aus Australien?
Ein möglicher Lieferant von grünem Wasserstoff könnte Australien sein. Eine separate Studie prognostiziert, dass die Produktionskosten dort bis 2030 um rund 70 Prozent auf 1,5 bis 2,0 australische Dollar pro Kilogramm sinken könnten. Besonders günstige Bedingungen bieten die Regionen Westaustralien und Südaustralien, wo Solar- und Windenergie kombiniert genutzt werden können.
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Als effizienteste Technologien zur Wasserstofferzeugung sehen die Forscher großflächige Photovoltaikanlagen, Windparks und moderne Elektrolyseure, insbesondere die PEM-Technologie (Proton Exchange Membrane). Sie empfehlen den Bau von Großanlagen mit einer Leistung von 100 Megawatt und mehr, um Kostenvorteile zu nutzen.
Handlungsempfehlungen für die Wasserstoffpolitik
Die Studie liefert wertvolle Erkenntnisse für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur und die Gestaltung der Energiepolitik. Sie zeigt, dass für einen schnellen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft zunächst der Import von Derivaten wie Ammoniak, Methanol und SNG die beste Option ist. Langfristig sollte jedoch der Aufbau einer Pipeline-Infrastruktur forciert werden.
"Mit der Veröffentlichung nach Peer-Review sind unsere Arbeiten wissenschaftlich fundiert belegt und bestätigt", betont Karsten Pinkwart, Leiter des Fraunhofer-Teams. "Die deutschen Ministerien können sie als belastbare Grundlage für ihre Entscheidungen in politischen Prozessen verwenden."
Offene Fragen identifizieren die Forscher zum Beispiel bei der Hochskalierung von Importtechnologien. Hier sehen sie noch erheblichen Forschungsbedarf. Klar ist: Der Import von grünem Wasserstoff wird eine Schlüsselrolle bei der Transformation des Energiesystems spielen.