Energy Sharing: Gemeinsam Strom erzeugen, teilen und sparen

Zwei Geschäftsleute vor einem Solarpark.

(Bild: Max kegfire / Shutterstock.com )

Strom selbst erzeugen und mit anderen teilen – das ist Energy Sharing. Die EU macht es möglich, Deutschland zögert noch. Doch wer profitiert am Ende wirklich davon?

Die Strukturen der deutschen Elektrizitätswirtschaft stammen noch aus der Zeit der Strommarktliberalisierung Ende der 1990er Jahre. Mit dem Erstarken der Erneuerbaren und der Dezentralisierung der Erzeugung müssen jetzt auch die Handelsstrukturen dezentralisiert werden.

Das Stichwort lautet Energy Sharing

Der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) und der Open District Hub (ODH) haben dieser Tage ein gemeinsames Positionspapier veröffentlicht, das konkrete Vorschläge zur realistischen und wirtschaftlich sinnvollen Umsetzung von Energy Sharing in Deutschland enthält. Die beiden Verbände betonen, dass die geplante Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) ein entscheidender Schritt in diese Richtung ist, aber noch nicht ausreicht.

Beim Energy Sharing schließen sich verschiedene Personen zu einer Bürgerenergiegesellschaft zusammen, um Ökostrom zu erzeugen und gemeinsam zu nutzen. Davon profitiert nicht nur die Umwelt, sondern auch Bewohner ohne eigene Solaranlagen. Energy Sharing macht also erneuerbare Energie für mehr Menschen zugänglich und treibt so die Energiewende aktiv voran.

Bislang scheitert Energy Sharing oft daran, dass die Stromleitungen öffentliche Verkehrswege kreuzen müssen, weil der Netzbetreiber, der den Konzessionsvertrag abgeschlossen hat, oft irrtümlich davon ausgeht, dass er das ausschließliche Recht zur Nutzung des öffentlichen Verkehrsraums hat. Dabei ist die Kommune lediglich verpflichtet, keinem Dritten bessere Bedingungen für die notwendige Nutzung der öffentlichen Verkehrswege einzuräumen.

Wenn erneuerbare Energie vor Ort erzeugt und genutzt wird, sollte sie auch geteilt werden können

Wurde das Energiesystem über Jahrzehnte immer stärker konzentriert und auf zentrale fossile Großkraftwerke ausgerichtet, so wird das Energiesystem der Zukunft durch eine konsequente Dezentralisierung bestimmt. Dafür benötigt es ein Umdenken, denn Millionen von Erzeugungsanlagen und Prosumern, das sind Produzenten und Verbraucher in einem, bilden zunehmend das Rückgrat der Stromversorgung.

Schon heute übersteigt die Kapazität der privaten PV-Speicher, die der Speicher der öffentlichen Versorgung mit ihren großen Pumpspeicherkraftwerken. Durch die Erleichterung des Energy Sharing könnten die Kosten für die Endverbraucher deutlich sinken, was die Akzeptanz der Energiewende steigern und eine effiziente Nutzung der erneuerbaren Erzeugung verbessern würde.

Wie kann das Energy Sharing funktionieren?

Energy Sharing erlaubt es Privathaushalten, aber auch Kommunen und Unternehmen, sich zu einer Energiegemeinschaft zusammenzuschließen und gemeinsam eine oder mehrere Anlagen für erneuerbare Energien zu betreiben. Einige der Beteiligten besitzen dabei eigene Erneuerbare-Energie-Anlagen.

Andere nutzen den von den Anlagenbesitzern produzierten grünen Strom, welcher entweder direkt geliefert oder über das öffentliche Stromnetz geteilt wird. Voraussetzung für ein solches Nutzungssystem ist, dass die Mitglieder ohne eine eigene Anlage im Umkreis von 50 Kilometern um den Produzenten herum wohnen.

Wird mehr Strom erzeugt als durch die Mitglieder benötigt, kann der überschüssige Anteil verkauft werden. Reicht die Energieerzeugung nicht für den Eigenverbrauch der Beteiligten aus, bezieht die Energiegemeinschaft zusätzlichen Strom vom lokalen Energieversorger.

Was muss sich ändern, damit das Energy Sharing ein Erfolg wird?

Das Positionspapier der beiden Verbände Bundesverband Energiespeicher Systeme und der Open District Hub fordert einen unkomplizierten, lokalen Austausch von Energie zwischen mehreren Akteuren oder Stakeholdern. Damit Haushalte, Unternehmen oder ganze Quartiere in der Lage sein können, Energie flexibel zu erzeugen, zu speichern und zu teilen, benötigt es standardisierte und einfache Abrechnungs- und Marktkommunikationsprozesse.

Was in kleinem Rahmen startet, soll grundsätzlich hinsichtlich der Zahl der Teilnehmer nicht begrenzt werden, um möglichst große wirtschaftliche Vorteile realisieren zu können. Besonders am Anfang werden viele Fragen von den beteiligten Akteuren geklärt werden müssen. Dazu sollte eine zentrale Koordinierungsstelle geschaffen werden, die sicherstellen kann, dass alle Abläufe in der Praxis reibungslos starten und funktionieren und die für eine erfolgreiche Energiewende notwendige Flexibilität gewährleisten.

Aktuell mangelt es noch an den passenden Rahmenbedingungen, um Energy Sharing in Deutschland zu etablieren. Mit dem § 42c im Energiewirtschaftsgesetz soll Energy Sharing jetzt rechtlich verankert werden. Einige Punkte des vorgeschlagenen Konzepts dürften die Umsetzung in der Praxis erheblich erleichtern. So können durch Peer-to-Peer-Verträge eine einfachere Abwicklung für kleinere Energy-Sharing-Gemeinschaften ermöglicht werden.

Zudem sollen vereinfachte Lieferantenpflichten gelten und es besteht keine Verpflichtung zur Vollversorgung. Nicht zuletzt haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Verpflichtungen bezüglich des Energy Sharing an einen Organisator zu übertragen.

Als bedeutendes Manko im Vorschlag wird die implizite Verpflichtung zur Führung eines Bilanzkreises durch die Teilnehmer oder den Organisator der Energy-Sharing-Gemeinschaft angesehen. In dieser Pflicht sehen die Verbände wirtschaftliche Risiken und damit ein Hemmnis für die Verbreitung des Energy Sharing-Konzepts.

Zudem sind im aktuell vorliegenden Entwurf keine Änderungen der Abgaben-, Umlagen- und Steuerbelastung in Verbindung mit der Teilnahme am Energy Sharing vorgesehen. Ohne solche Anpassungen wird Energy Sharing im Wettbewerb mit bestehenden Vermarktungs- und Versorgungsmöglichkeiten jedoch kaum bestehen können.