Entfremdung und Diskriminierung?

Tony Blairs neue Anti-Terror-Vorschläge

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Kurz vor seinem Ausstieg aus dem Amt gibt der englische Premierminister Tony Blair noch einmal Gas. In einem Kommentar der Sonntagsausgabe der Times kündigte Blair für die nächsten Wochen neue Vorschläge zu Anti-Terror-Gesetzen an. Dazu machte er deutlich, dass er die Überbetonung von bürgerlichen Rechten gegenüber Gesetzen, welcher der Bedrohung der öffentlichen Sicherheit Rechnung tragen, für gefährlich, falsch und fehlgeleitet halte. Dazu passend wurden am Wochenende Pläne aus dem Innenministerium bekannt, denenzufolge der Polizei künftig für Straßenstopps - „stop and question“ - größere Befugnisse eingeräumt würden.

Nur in Nordirland und in Gebieten, die als Risikozonen für Terroranschläge eingestuft sind, dürfen Polizisten Passanten anhalten und näher befragen, ohne dass ein Verdachtsmoment vorliegt. Nach den neuen Anti-Terror-Vorschlägen aus dem Innenministerium würde sich das grundsätzlich ändern. Die englische Polizei dürfte dann im ganzen Land Passanten anhalten und eingehender befragen - wenn sie einen Verdacht auf „terrorist involvement“ haben. Sollten die Angehaltenen Auskünfte verweigern, würden ihnen künftig Strafen bis zu 5.000 Pfund drohen.

Innenminister Reid ärgerte sich am Wochenende ebenso wie sein Chef Blair anläßlich des Entschwindens dreier Terrorverdächtiger laut über die unzureichende Gesetzeslage bei der Terrorbekämpfung. Ebenso laut war jedoch der Entrüstungssturm, den die durchgesickerten neuen Pläne erregten. So warnte etwa Peter Hain, Minister für Nordirland Northern, davor, „Bedingungen zu schaffen, die das innenpolitische Äquivalent zu Guantanamo Bay“ werden könnten.

Hains Befürchtung, wonach besonders Muslime unter den neuen Regelungen zu leiden hätten und „entfremdet würden“, wurde auch von anderen Kritikern aufgenommen, die Paralellen zu den „Stop and Search (sus)“-Gesetzen in den 70er und 80er Jahren zogen:

..parallel of the "sus" laws which caused such bitter controversy a generation ago. The police were able to stop and question people on suspicion that they might be involved in crime, or planning to commit a crime. Though the stop-and-search law went back to the 1820s, by the 1970s it was being used by the Met to routinely harass young black men. Few white businessmen in suits were ever stopped under sus. Only after the Toxteth and Brixton riots in 1981 was the practice stopped; it remains part of the folklore of urban black life.

Blairs großes Thema am Ende seiner Amtszeit - die „Balance“ zwischen bürgerlichen Freiheitsrechten und Gesetzen zum Schutz der Öffentlichkeit – wurde auch von einer anderen Spekulation am Wochenende berührt: Laut der Sonntagszeitung Observer soll die nationale DNA-Datenbank ausgebaut werden. Künftig könnte auch die DNA von Personen in die Datenbank eingespeichert werden, die nur leichter Vergehen schuldig sind, so Informationen des Observer, die allerdings noch nicht bestätigt wurden. Die Ausweitung der DNA-Datenbank soll ebenfalls Teil einer Revision von Polizeibefugnissen sein.