Erdogan, die Paradise Papers und sein Korruptionssumpf
Seite 3: Visa-Stopp für türkische Staatsbürger
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Da die Reise erfolglos blieb warf Erdogan selbst daraufhin den USA vor, mit dem Zarrab-Prozess eine politisch motivierte Aktion gegen sein Land führen zu wollen und Zarrab zum antitürkischen "Überläufer" zu machen. Er reagierte mit weiteren Denunziationen von US-Bürgern und rückte demonstrativ seinen Stuhl noch näher an Russland heran.
Als Retourkutsche gegen die USA erlies nun die Staatsanwaltschaft in Istanbul einen Haftbefehl gegen den ehemaligen Mitarbeiter des Planungsstabes des US-Außenministeriums und Hochschulprofessor, Henri Barkey.
Angeblich habe er am Tag des Putschversuches vom 15. Juli 2016 im Auftrag des CIA ein Seminar von Hochschullehrern auf der Insel Büyükada vor Istanbul (der Tagungsort, wo auch die Menschenrechtler wie Peter Steudner tagten) abgehalten und habe dort den Putschversuch als eigentlicher Strippenzieher koordiniert. Auch der verhaftete Metin Topuz, Mitarbeiter im US-Konsulat und der ebenfalls verhaftete liberale Mäzen der türkischen Zivilgesellschaft, Osman Kavala, sollten dabei mitgewirkt haben.
Auf diese Provokation reagierte Washington mit einem erneuten Visa-Stopp für türkische Staatsbürger. Ankara konterte, sie wollen die Einreisepapiere von US-Bürgern zurückhalten. Am vergangenen Samstag leitete die türkische Staatsanwaltschaft gegen die beiden US-Staatsanwälte Preet Bharara und sein Nachfolger Joon Kim ein. Die türkische Staatsanwaltschaft wirft den beiden Staatsanwälten vor, sie hätten Beweise gefälscht.
Sie wollen nun von den US-Behörden wissen, wo, wie, wann und von wem die US-Behörden Dokumente, Audioaufzeichnungen und andere Inhalte, erworben haben. Die türkische Staatsanwaltschaft versucht das Blatt zu drehen, so dass der Anschein entstehen kann, die US-Behörden arbeiten mit dem im US-Exil lebenden Fethullah Gülen zusammen, um Erdogan zu stürzen. So erklärte die regierungsnahe Tageszeitung Yeni Safak auf ihrer Titelseite, dass das NATO-Bündnis einen Angriff auf die Türkei vorbereite.
Geldstrafen für türkische Banken
US-Behörden bereiten nun erhebliche Geldstrafen für die am Iran-Deal beteiligten türkischen Banken vor. Die staatliche Halkbank, sowie fünf weitere türkische Banken, die in die Geldwäsche verwickelt sind, müssen mit Geldstrafen von mindestens 5 Milliarden Dollar rechnen. Die Frage ist, ob die angeschlagenen türkischen Banken diese Geldstrafen stemmen können. In türkischen Bankenkreisen ist man äußerst beunruhigt. Die türkische Lira fiel nach diesen Nachrichten auf ein Rekordtief.
Atilla Yesilada, ein Länderanalyst für GlobalSource Partners ist der Meinung, die Gefahr sei, dass ausländische Banken den türkischen Banken keine Kredite mehr gewähren könnten. Dies würde Kredite in der Türkei teurer machen, die Währung weiter schwächen, was zu einer Verlangsamung der wirtschaftlichen Entwicklung führt.
Dies bekommt dann die Bevölkerung direkt spüren: die Kaufkraft schrumpft, die Armut steigt, kleine Unternehmen müssen schließen und die Löhne halten nicht mit der Inflation Schritt. Dies kann auch bei der normalen Bevölkerung zu einem Imageverlust von Erdogan und der AKP führen. Ob er dann 2019 die nächsten Wahlen gewinnen würde, ist fraglich.
Die "Zins-Lobby"
Erdogan versucht von Kritik an seiner Politik abzulenken und gibt der türkischen Zentralbank die Schuld an steigender Inflation und hohen Zinssätzen. Die Verantwortlichen würden eine westliche Mentalität anwenden und der "Zins-Lobby" dienen, zitiert ihn Al-Monitor.
Erdogan lehnt die Zinspolitik als "unislamisch" ab. Noch gibt sich die türkische Zentralbank unabhängig, aber keiner kann einschätzen, ob Erdogan persönlich in die Finanzgeschäfte der Zentralbank eingreift.
Investoren ziehen Geld ab
Aber die internationalen Märkte sind verunsichert. Innerhalb der letzten Woche zogen ausländische Investoren 1 Milliarde Dollar aus der Türkei ab. Erol Bilecik, der Chef der türkischen Industrie- und Wirtschaftsvereinigung kritisierte Erdogan indirekt: "In Zeiten steigender geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten sollte zumindest unsere eigene Politik und Rhetorik die Unsicherheiten minimieren, anstatt neue zu schaffen, damit unser Finanzsystem gesund funktionieren kann…Wir brauchen Botschaften und Richtlinien, die den Anlegern Vertrauen geben und den Märkten Klarheit verschaffen."
Allein die britischen Investitionen sind seit dem Putschversuch um 20% gesunken. Als Grund wird die Unberechenbarkeit der türkischen Politik benannt. Unter dem Ausnahmezustand hat die Regierung 1.019 Unternehmen mit rund 50.000 Beschäftigten beschlagnahmt, die jetzt vom Spareinlagenversicherungsfonds verwaltet werden. Bloomberg schreibt, die inländischen Investoren der Türkei sein ein wichtiger Grund für den rasanten Fall der Lira, da diese allein in der letzten Woche Fremdwährungen im Wert von 250 Millionen Dollar kauften.