Erdogans deutsche Lobby

Ditib-Moschee in Aachen. Bild: ArthurMcGill. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Wie groß ist der Einfluss der AKP in Deutschland? Und weshalb hat sie hier so viele Anhänger?

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Über 30.000 Menschen demonstrierten am 31. Juli am Kölner Rheinufer für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, trugen sein Konterfei auf Schals und Flaggen, als ginge es um einen Popstar. Wie kommt es, dass einer, der in jeglicher Hinsicht unseren Vorstellungen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit widerspricht, so viele Anhänger in Deutschland hat? Und wie weit reicht der Einfluss der AKP hierzulande?

Eigentlich müssten die Anhänger von Recep Tayyip Erdogan der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel dankbar sein. Ohne sie wäre ihm der Durchmarsch vielleicht nicht gelungen - zumindest nicht so deutlich. Als er zum Staatspräsidenten gewählt wurde, hätte sein Einfluss auf die Tages- und Parteipolitik ein Ende finden müssen - zumindest, wenn es nach der türkischen Verfassung geht.

Aber als türkischer Gauck hat sich Erdogan sicher nie gesehen. Schon vor der Wahl hatte er geraunt, der Posten des Ministerpräsidenten sei ja eigentlich gar nicht so wichtig. Ein starker Staat unter einem Staatspräsidenten, der die Fäden in Händen hält - das entsprach eher seiner erklärten Vision. Und die setzte er prompt um.

Dass seine eigene Partei und die schwache parlamentarische Opposition ihn, von kleineren Widersprüchen abgesehen, gewähren ließen, ist das eine. Dass Bundeskanzlerin Merkel ihn und nicht den damaligen Ministerpräsidenten Davutoglu in der Flüchtlingsfrage konsultierte - persönlich, im Palast, auf güldenen Thronen -, ist etwas ganz anderes. Damit legitimierte sie Erdogan und sein Vorgehen vor der Weltöffentlichkeit.

Aber Merkel scherte das nicht. Sie hatte andere Probleme als die Einhaltung des Protokolls. AfD, Pegida und Horst Seehofer trieben sie vor sich her. Aus ihrem entschlossenen "Wir schaffen das!" wurde ein rückgratloses: Wir geben Erdogan Geld, dann macht der das schon. Es war ein Einknicken nicht nur vor Erdogan, sondern auch vor den Rechten in Deutschland. Für die Anhänger und Wähler der AKP war es ein Sieg. Ein kleiner, aber ein wichtiger. Den Eindruck, dass sie das wirklich wahrgenommen haben, hat man allerdings nicht.

Im Gegenteil. Auf der Demo in Köln wurde nicht nur Erdogan bejubelt, es wurde auch viel geschimpft. Auf die Medien aka "Lügenpresse", auf deutsche Politik und Politiker, auf die vermeintlich hier nicht vorhandene Meinungsfreiheit und auf so vieles mehr. Der WDR hat einen dieser Ausbrüche in voller Länge dokumentiert. Ist es ein Zufall, dass man sich so eklatant an Pegida-Demos erinnert fühlt?

Es wird nicht nur der Sieg über die Putschisten gefeiert

Die Lage ist paradox: Dass die Menschen das Bedürfnis haben, das Scheitern des Putschversuchs zu feiern, ist nachvollziehbar. Dreimal hat das Militär in der Türkei geputscht. Zwar hat es jedes Mal nach relativ kurzer Zeit Wahlen abhalten lassen und die demokratische Ordnung im Land im Sinne des Kemalismus wiederhergestellt - aber die Übergangszeit war auch jedes Mal blutig. Menschen starben, viele verschwanden in Folterkellern. Militärs an der Staatsspitze sind nie etwas, das man begrüßen kann. Und wie die Lage in der Türkei jetzt aussähe, wäre der Putsch erfolgreich gewesen - das mag man sich kaum ausmalen. Wahrscheinlich hätte es ein Gemetzel gegeben, einen Bürgerkrieg.

Wenn aber auf diesen Demos, egal ob nun in Köln oder in Istanbul, die unter dem Motto "Demokratie-Party" laufen, nicht nur der Sieg über den Putsch gefeiert, sondern zugleich für die Putschisten die Todesstrafe gefordert wird, dann muss das zu denken geben. Wenn eine Lynchstimmung aufkommt gegenüber den Putschisten, aber auch gegenüber allen anderen echten oder vermeintlichen Gegnern der türkischen Regierung, wenn Buchhandlungen von einem aufgebrachten Mob zertrümmert werden, wie in Malatya geschehen, oder wenn Jugendzentren der Gülen-Bewegung angegriffen werden wie in Gelsenkirchen, dann muss das zu denken geben.

Wenn unabhängige und kritische Medien als Feind angesehen und ihre Schließung begrüßt wird, dann muss das zu denken geben. Es muss auch zu denken geben, wenn Angehörige von Journalisten erst in Sippen- und dann in Geiselhaft genommen werden, damit die Betroffenen sich den Behörden stellen oder wenn der achtzigjährige Dichter Hilmi Yavuz verhaftet wird, weil er mal für das Gülen-Blatt Zaman gearbeitet hat - und wenn die Polizei dann seinen Angehörigen nicht einmal erlaubt, ihm Medikamente zu bringen. Die Liste ließe sich ewig fortsetzen.

Nach einem Putschversuch den Ausnahmezustand zu verhängen, ist legitim. Frankreich hat ihn nach einem Terroranschlag verhängt und nach einem weiteren verlängert. Für genau solche Situationen ist das Mittel des Ausnahmezustands gedacht. Dass es in dem Kontext zeitweise auch Nachrichtensperren geben kann, etwa um Ermittlungen nicht zu gefährden - auch das kann legitim sein. Niemals legitim kann es aber sein, wenn im Zuge von Massenverhaftungen, Unternehmensschließungen, Medienzensur, Justizwillkür, Aufhebung der Gewaltenteilung, bis hin zu Folter die Grundpfeiler von Demokratie und Rechtsstaat abgeschafft werden (Amnesty International erhebt Foltervorwürfe gegen türkische Polizei). Man kann nicht einerseits die Demokratie feiern, andererseits undemokratische Mittel bejubeln.

Erdogan wird gefeiert für die zahlreichen Reformen, die die AKP in ihren Anfangsjahren auf den Weg gebracht hat und die tatsächlich vieles in der Türkei verbessert haben, auch die Lebensverhältnisse der unteren Gesellschaftsschichten. Man könnte hierbei einwenden, dass das Gelingen dieser Reformen keine erdoganschen Wundertaten waren, sondern von einer Vielzahl von Faktoren und günstigen Umständen abhing. Man könnte auch einwenden, dass ein beträchtlicher Teil dieser Reformen die Umsetzung des Forderungskatalogs der EU als Voraussetzung für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen war. Aber vielleicht wäre das zu kleinlich.

In jedem Fall ist es nachvollziehbar, weshalb die AKP zeitweise immer beliebter wurde - auch im Kontrast zu einer Opposition, die meist recht planlos daherkam und sich selten über eigene Inhalte, oft hingegen über die Abgrenzung zur Regierungspartei profilierte. Kaum nachvollziehbar ist es hingegen, wenn jegliche Kritik an Erdogans Person oder seinen Handlungen als Tabu angesehen wird.

Warum bejubeln so viele türkischstämmige Teenies, Millennials und Mittzwanziger Erdogan?

Die Frage, ob man für oder gegen Erdogan ist, schreibt Ömer Mutlu im Tagesspiegel, spaltet die türkische Community in Deutschland tief. Nach der Putschnacht "entstand eine diffuse Situation, in der Freunde, Bekannte sogar Familienmitglieder anfingen, sich auf Facebook zu löschen, blockieren und mit einer Anzeige in der Türkei drohten".

Die Stimmung scheint explosiv - auf allen Seiten. Aber, führt er aus, man dürfe nicht ignorieren und kleinreden, dass "die Regierungspartei AKP im Jahr 2015 knapp 60 Prozent Wählerstimmen aus Deutschland bekommen" hat. Hier sei ein Einwand erlaubt: In Deutschland leben rund 1,4 Millionen registrierte türkische Wähler - die Wahlbeteiligung war allerdings mit nur 8% bei den Präsidentschaftswahlen 2014 verschwindend gering. Knapp 60% von diesen 8% stimmten für Erdogan. Bleiben aber mehr als 1,2 Millionen wahlberechtigte Türken in Deutschland, die gar nicht gewählt haben.

Recep Tayyip Erdogan 2012 in Chile. Bild: Gobierno de Chile. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Bei den Parlamentswahlen 2015 lag die Wahlbeteiligung in Deutschland bei 44%, neben der AKP erhielt aber hier auch die prokurdische HDP deutlich höheren Zuspruch als innerhalb der Türkei. Und wie hoch der Anteil der Erdogan-Sympathisanten unter den Nichtwählern ist, lässt sich kaum bestimmen. Anhand dieses Wahlergebnisses zu folgern, dass 60% der knapp drei Millionen in Deutschland lebenden Türken hinter Erdogan stehen, ist gewagt - das geben die Zahlen nicht her.

Die türkische Community in Deutschland ist groß, vielfältig und heterogen. Dass heftig gestritten wird über die aktuelle Lage demonstriert auch, wie furchtbar falsch es ist, jetzt die in Deutschland lebenden Türken oder die Deutschen mit türkischen Eltern in Sippenhaft zu nehmen für die Worte und Taten türkischer Politiker oder für die pegidaesken Auswüchse eines Teils dieser Community.

Mutlu schreibt weiter, und das ist vielleicht der wichtigste Aspekt: "Letztens wurde ich angehalten, die Schuld nicht der deutschen Politik zuzuschieben. Ich versuche aber herauszufinden, woran es liegt, dass 15-jährige Kids, die in der dritten oder vierten Generation hier leben, sich mit türkischen Politikern bzw. der türkischen Politik mehr identifizieren als mit der deutschen."

Er weist damit auf ein Phänomen hin, dem viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Oft hört man auf die Frage, warum so viele Türken in Deutschland konservativ seien, die viel zu einfache Antwort, dass der Großteil der ehemaligen Gastarbeiter aus dem ländlichen Anatolien kam und tendenziell eher ungebildet war. Das mag zwar in der Sache korrekt sein, geht aber am Problem von heute vorbei. Denn es ist weniger die alte Generation, die Erdogan bejubelt - es sind oft, auch in Köln zuletzt, die ganz jungen Menschen. Teenies, Millennials und Mittzwanziger. Menschen, die in Deutschland geboren wurden, zur Schule gingen, eine deutsche Sozialisation durchlaufen haben, die Türkei meist nur aus dem Urlaub oder vom Familienbesuch kennen und dort als "Almancilar" selbst Außenseiter sind. Warum sind ausgerechnet sie es, die Erdogan so abgöttisch verehren?

Erdogan ist cool

Die "deutsch-türkische Pegida" nennt Mutlu "Made in Germany" - und das ist der Punkt. Was hier in der Kritik steht, ist kein türkisches, sondern in erster Linie ein deutsches Phänomen. Allerdings eines, das man nicht losgelöst betrachten kann vom Einfluss, den die AKP auch in Deutschland hat. Viele junge Türken sehen sich in Deutschland, nicht erst seit AfD und Pegida, ständigem Alltagsrassismus ausgesetzt - werden in der Türkei aber auch nicht wirklich akzeptiert. Das ist eine Zerreißprobe für die Persönlichkeitsbildung junger Menschen.

"Sie haben oft Diskriminierungen erfahren, etwa in ihrer Bildungslaufbahn oder beim Berufseinstieg. Sie wollen Anerkennung und Erfolg in Deutschland. Wenn das aber nicht in gewünschtem Umfang funktioniert, ist die Rückbesinnung auf eigenethnische Milieus die Folge. Erdogan ist cool, gibt den Jugendlichen das Gefühl, dazu zu gehören. Kritik an Erdogan wird von ihnen als Kritik an der eigenen Person und an ihrem "Heimatland" empfunden.

"Wenn die Kritik von Deutschen kommt, sind es für sie Nazis. Wenn sie von Türkeistämmigen kommt, dann sind das Landesverräter", sagt Ahmet Toprak in der WAZ. Erdogan gibt einfache Antworten auf schwierige Fragen, teilt die Welt in Schwarz und Weiß und verspricht, seine Gegner hart zu verfolgen. Das sind die typischen Muster, die vor allem bei weniger gebildeten Menschen verfangen - egal ob Deutschtürken oder deutsche Rechtswähler, die ihrerseits Populisten wie Petri und Höcke auf den Leim gehen. Ein geringes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl trifft auf politische Akteure, die Stärke und Selbstbewusstsein ausstrahlen - diese Kombination ist immer kritisch.

UETD, DITIB und Milli Görüs: Wie stark ist Erdogans Lobby in Deutschland?

Hinzu kommt, dass man den Blick nicht unbedingt in die Türkei wenden muss. Nicht nur die Gülen-Bewegung ist in Deutschland fest verankert (Fethullah Gülen: Der Schulmeister), auch die AKP ist aktiv und müht sich um Einfluss - nicht nur auf die hier lebenden türkischen Wähler, sondern auch auf den medialen Diskurs.

Mit der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) mit Sitz in Köln und Niederlassungen in zahlreichen EU-Ländern hat sie ihre eigene Lobbyorganisation, die nicht nur vor Wahlen für die AKP trommelt, sondern auch Erdogans Auftritte hierzulande organisiert. Gegründet wurde sie bereits 2004, nicht lange nach Erdogans Amtsantritt. Als der Bundestag unlängst seine in der Türkei heftig umstrittene Armenien-Resolution beschloss, intervenierte die UETD und schickte massenhaft Briefe an deutsche Abgeordnete. Und auch die Großdemo in Köln Ende Juli war von der UETD organisiert - allerdings nicht so erfolgreich wie erhofft. 50.000 Erdogan-Anhänger wollte die UETD mobilisieren, doch am Ende kamen nur rund 30 bis 40.000. Das kann man durchaus so deuten, dass der Einfluss der AKP am Ende doch geringer ist, als ihr Selbstbild vermuten lassen würde.

Wo immer die AKP oder AKP-Politiker in Deutschland öffentlich auftreten, hat die UETD ihre Finger im Spiel. Sie konzentriert sich auf die Öffentlichkeitsarbeit in großem Stil - immer mal wieder tritt auch in deutschen öffentlich-rechtlichen Talkshows der Rechtsanwalt Fatih Zingal auf - er ist stellvertretender Vorsitzender der UETD und vertritt offen die Perspektive der AKP, sei es zum Thema Armenier-Genozid oder dem gescheiterten Putschversuch. Aber: So kritisch man die Inhalte der UETD auch sehen kann, sie agiert mit offenem Visier, macht keinerlei Hehl aus ihrer Nähe zur AKP und zu Erdogan und kann damit als legitime Lobbyorganisation angesehen werden. Auch deutsche Politiker stehen mit ihr im Austausch.

Die Türkisch-Islamische Union (DITIB) ist der größte Moscheeverband in Deutschland und untersteht direkt der türkischen Religionsbehörde Diyanet, die wiederum Erdogan bzw. dem türkischen Ministerpräsidenten untersteht. Die Imame der DITIB sind türkische Staatsbeamte. Nach den Ereignissen der letzten Wochen geht die deutsche Politik auf Distanz zur DITIB, bricht Verhandlungen etwa über islamischen Religionsunterricht ab (Verschärftes Misstrauen gegen Ditib). Der Verband selbst wehrt sich gegen die Lesart, er hänge an Erdogans Tropf.

Am vergangenen Montag äußerten die fünfzehn Landesverbände in einer Pressemitteilung: "Wir stellen fest, dass die Berichterstattung über die Türkei und die türkische Politik dazu instrumentalisiert werden, ohne tatsächliche Anhaltspunkte im Hinblick auf unsere Religionsgemeinschaft zu negativen Einschätzungen und Werturteilen über unsere Gemeinden hier vor Ort zu kommen. Ein solcher Reflex ist unangemessen und schadet unserem Zusammenleben." Und weiter: "Sämtliche Unterstellungen der Fremdsteuerung, der politischen Einflussnahme aus der Türkei, der politischen Agitation und der Gefährlichkeit unserer Religionsgemeinschaft weisen wir aufs Schärfste zurück."

Wichtig ist aber ein anderer Punkt, den die DITIB anspricht, nämlich dass die Aufregung um die politische Lage nicht zu weiterer Spaltung und Ausgrenzung führen dürfe. Die Situation ist schwierig. Einerseits arbeitet die DITIB in vielen Bereichen transparent. Die Freitagspredigten ihrer Moscheen beispielsweise stellt sie wöchentlich online - auf Deutsch. Dass der Verband inhaltlich auf einer Linie mit den Positionen der AKP ist, ist ebenso offensichtlich wie bei der UETD. Dass es immer problematisch ist, wenn religiöse Verbände Einfluss beispielsweise auf schulische Inhalte nehmen wollen, ist das eine. Das andere ist, dass es in Deutschland Standard ist. Auch die Inhalte des christlichen Religionsunterrichts stehen unter kirchlicher Aufsicht. Und was man christlichen Einrichtungen gewährt, kann man islamischen kaum verwehren. Die Frage müsste eher sein: Weshalb führt man solche Verhandlungen nicht mit mehreren, sondern vorwiegend mit diesem Verband?

Ein anderes Thema ist die Islamische Bewegung Milli Görüs, die ihren deutschen Sitz in Kerpen bei Köln hat und vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Sie wurde von Necmettin Erbakan mitgegründet, aus dessen Bewegung und Partei auch die AKP hervorgegangen ist. Erdogan teilt ihre politisch-ideologische Ausrichtung, die allerdings diffus ist. Die Milli Görüs ist antidemokratisch, vertritt teils fundamentalistische Positionen.

Allerdings ist die Bewegung gespalten und zu einem Sammelbecken unterschiedlichster Ideologien geworden. Etwa ein Zehntel der Moscheen in Deutschland sind der Milli Görüs zuzurechnen, sie hat rund 30.000 Mitglieder. Der Verfassungsschutz sah zuletzt aber eine Abnahme radikaler Tendenzen und sieht die Gruppe derzeit nicht als gefährlich an. Einige Landesämter haben in den letzten Jahren die Beobachtung eingestellt.

Wie stark also ist Erdogans deutsche Lobby? Eindeutig lässt sich das kaum beantworten. UETD, DITIB und Milli Görüs zusammen als die wichtigsten Gruppen haben jedenfalls eine enorme Außenwirkung und erreichen Hunderttausende Menschen. Eine differenzierte oder gar kritische Auseinandersetzung mit der türkischen Regierung sind von ihnen nicht zu erwarten, insofern kann ihr Einfluss als problematisch betrachtet werden, aber nicht als gefährlich, solange sie sich von Formen der Radikalisierung oder Gewalt distanzieren. Und das tun sie.

Außerdem stehen ihnen in der türkischen Community andere Gruppen entgegen, die eine andere Ausrichtung haben, wie beispielsweise die Türkische Gemeinde in Deutschland mit Sitz in Berlin, die nach dem Putschversuch vor antidemokratischen Tendenzen in der Türkei warnte:

Gerade vor dem Hintergrund dieses historischen demokratischen Aktes möchten wir die politisch Verantwortlichen in der Türkei eindringlich davor warnen, die Geschehnisse als Vorwand für die Aushöhlung rechtstaatlicher Prinzipien zu nehmen. Der abgewendete Putsch des türkischen Militärs darf keine Einladung dafür sein, gegen sämtliche unbequeme Oppositionelle vorzugehen. Die Menschen in der Türkei haben ihr Leben riskiert, viele haben ihr Leben verloren. Es ist der Zeitpunkt, mehr Demokratie zu wagen.

Den Mut, den die Menschen bewiesen haben, sollten die politisch Verantwortlichen jetzt ebenfalls aufbringen und sich den demokratischen Auseinandersetzungen stellen, um das Land zu einen. Die Forderung einer Wiedereinführung der Todesstrafe führt in die absolut falsche Richtung und treibt die Spaltung der Gesellschaft weiter voran.

Türkische Gemeinde in Deutschland