"Erziehung" und Sozialabbau von Rechts

Seite 2: "Auch-nicht-besser-machen" und spezifische Skandale: ein vorläufiges Fazit

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Nicht besser als die sonst von ihnen dermaßen geschmähten "Alt-" oder "Systemparteien"...

Auch aus Sicht ihrer eigener Wählerschaft dürfte die Bilanz der rechtsextrem regierten Rathäuser bislang allenfalls durchwachsen ausfallen. Alles in allem können die Rechtsextremen des FN sich in der breiten Öffentlichkeit allerdings - im Gesamtbild - bislang noch darauf berufen, dass es auch in anderen, sozialdemokratisch oder konservativ geführten Rathäusern genügend Korruptionsskandale und Machtmissbrauchsfälle gebe. Deswegen sei es unzulässig, jene des FN gesondert herauszustreichen.

Amtsmissbrauch für persönliche Profilierung, etwa von Bürgermeistern, die sich mehrere Dutzend Male pro Ausgabe ihrer Kommunalzeitung ablichten lassen, gibt es tatsächlich auch bei anderen Parteien. Ebenso Sparpolitik und - abbau, auch auf kommunaler Ebene. Zumal die derzeitige Rathauspolitik (egal unter welcher politischen Couleur) im Kontext einer landesweiten Situation in Frankreich steht, in der die Zentralregierung die Zuwendungen an die Kommunen drastisch reduziert hat und ihre eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf diese abzuladen versucht.

Den Rechtsextremen kann man in diesem Zusammenhang vor allem vorwerfen, es eben nicht besser zu machen als die sonst von ihnen dermaßen geschmähten "Alt-" oder (im Duktus des FN) "Systemparteien", obwohl viele Wähler angeblich oder tatsächlich gerade aus sozialer Frustration für den FN stimmen.

... dazu die "spezifischen Skandale"

Zu diesem "Auch-nicht-besser-machen" kommen dann noch spezifische Skandale hinzu, die man so bei anderen Parteien nicht antrifft. Zwar ehrten in den letzten Jahren auch einige konservative Bürgermeister, vor allem in Städten mit hohem Bevölkerungsanteil früherer Algeriensiedler, die rechte Terrororganisation OAS. Aber rassistische Sprüche wie die mancher FN-Amtsträger oder - Mandatsträger sind dann doch bei anderen nicht zu hören.

So läuft derzeit ein Verfahren gegen einen Beisitzer des FN-Bürgermeisters von Villers-Cotterêt in der Picardie (10.000 Einwohner) wegen rassistischer Auslassungen. Er hatte drei Karibikfranzosen anlässlich des Streits um einen Parkplatz aufgefordert, "in ihren Busch zurückzukehren".

Solcherlei Äußerungen sind, jedenfalls in dieser brutalen Offenheit, bei Amtsträgern anderer Parteien doch eher selten. Macht die extreme Rechte es also in vielerlei Hinsicht nicht besser als andere politische Kräfte, so macht sie Einiges noch erheblich schlimmer...

Vor dem Hintergrund der Krise, von wachsender Armut und Arbeitslosigkeit sowie Entsolidarisierung ist allerdings fraglich, ob die rassistische Dimension allein derart viele Wähler abschrecken könnte, die versucht sind, für die extreme Rechte zu stimmen. Ihre "wahre" Bilanz auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet in den von ihr regierten Kommunen, kommt allerdings erst noch. Denn bislang arbeiten die rechtsextrem regierten Rathäuser mit Haushalten, die noch von ihren Vorgängern ausgearbeitet wurden - die rechtsextremen Stadtoberhäupter wurden Ende März und Anfang April d.J. eingesetzt, das Haushaltjahr 2014 hatte damals bereits begonnen.

Doch ab 2015 werden es die FN-Amtsträger und ihre jeweilige Stadtratsmehrheit sein, die dann die Haushalte ausarbeiten können, und müssen. Mit absoluter Sicherheit werden sie so genannte Sparzwänge nicht aufbrechen, sondern eher noch verschärfen, dabei aber versuchen, sie vor allem auf bestimmte "Zielscheiben" abzuwälzen. Etwa bei "Ausländervereinen" und bei sozialen Einrichtungen, die als politische Gegner oder jedenfalls dem FN gegenüber kritisch stehend verortet werden, bevorzugt zu sparen.

Klein-Ceausescu Robert Ménard hat seinerseits bereits angekündigt, in Béziers einen Haushalt für 2015 vorzulegen, der "mit der Vergangenheit bricht". In welche Richtung und auf welche Weise - da wird er alsbald Farbe bekennen müssen.