"Es handelt sich um Missbrauch der Deutungshoheit"

Seite 3: "Fehlende Bereitschaft, Fehler zu bekennen und sie seriös zu korrigieren"

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Sie kritisieren also auch, wie der Sender mit der Berichtigung der Nachricht umgegangen ist.

Friedhelm Klinkhammer: Sicher. Am lässigen Umgang mit der Fälschung zeigt sich, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk selbst solche eindeutigen Unwahrheiten und Fehlleistungen im Nachhinein zu relativieren und darüber hinwegzureden versucht. Problematisch ist, dass die fehlende Bereitschaft, Fehler zu bekennen und sie seriös zu korrigieren, die ohnehin angeschlagene Glaubwürdigkeit der Medien weiter beschädigt.

Im Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist das besonders bitter, weil die Sender überwiegend aus Zwangsbeiträgen der deutschen Privathaushalte finanziert werden. Zahlen muss jeder, egal, ob er ihre Programmangebote nutzt oder nicht.

Das Aders-Interview hatte auch noch eine Arabeske: Chefredakteur Dr. Gniffke hatte sich in einem anderen Fall vehement dafür ausgesprochen, Assad nicht als "Präsident", sondern als "Machthaber" zu bezeichnen. Im Interview gebrauchte der SWR-Reporter dann aber doch mit spürbarer Servilität die Anrede "Herr Präsident Assad". Allein das entlarvt die in Gniffkes Formelsprache steckende Propagandaabsicht - "Machthaber , "Regime" -, die ARD-aktuell in ihrer Berichterstattung verfolgt.

Gerade hat das Shorenstein Center on Media, Politics and Public Policy der Harvard Kennedy School eine Analyse zur Berichterstattung über Donald Trump veröffentlicht. Die Journalismusforscher haben herausgefunden, dass die Tagesthemen in den ersten 100 Tagen von Trumps Präsidentschaft in 98 Prozent ihrer wertenden Beiträge negativ über Trump berichtet haben. Auch wenn die Studie kritisiert wurde (so wurden beispielsweise neutrale Berichte aus den angeführten Ergebnissen rausgehalten): Was lesen Sie aus der Untersuchung?

Uli Gellermann: Gestatten Sie uns vor dem Einordnen ein fettes Grinsen: Noch vor wenigen Monaten hätte eine solche Einstufung der ARD unbedingt in die Rubrik "Antiamerikanismus" gehört, ein beliebtes Etikett auch und gerade der Tagesschau, um Kritik an der US-Regierungspolitik ideologisch abzuwerten. Heute markiert die Trump-Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen TV nur die Haltung eines schlechten Verlierers. Denn während des US-Wahlkampfes hatte die Tagesschau Partei für Clinton und gegen Trump genommen.

Wir haben die Beiträge nicht genau ausgezählt und kommen trotzdem auf eine sichere Schätzung: Gut 80 Prozent der Tagesschau-Anmerkungen zu Trump waren negativ, die Fußnoten zu den Clinton-Aktivitäten waren durchweg positiv bis neutral. Weder wurde Clintons miese Rolle im Libyen-Krieg erwähnt, noch fanden ihre schäbigen Tricks gegenüber ihrem Konkurrenten Bernie Sanders eine vertiefte Erwähnung. Auf diesem parteilichen Holzweg war zu keiner Zeit eine ordentliche Analyse des Wahlkampfes möglich.

Gefangen in einem primitiven Pro-Amerikanismus - alles, was die USA so tun, sei wohlgetan lautete der Kanon deutscher Medien - war die Tagesschau nicht in der Lage, das Phänomen Trump und seine America-First-Linie zu begreifen. Da konnte man dann nur noch beleidigt reagieren. Zudem wurde dem Immobilien-Dealer im Amt des US-Präsidenten anfänglich eines nicht verziehen

Nämlich?

Uli Gellermann: Er hatte sich zeitweilig gegenüber den Russen gesprächsbereit gezeigt. Hier krachen nun zwei weltanschauliche Haltungen in der Reaktion aufeinander: Der Pro-Amerikanismus trifft auf eine ausgeprägte Russo-Phobie. Das kann Trump nur mit seiner gewandelten Haltung zur NATO ändern: Er nennt sie nicht mehr obsolet. Das erleichterte Aufseufzen der Tagesschau-Kollegen war hörbar. Das alles hat natürlich nichts mit Journalismus zu tun.