"Es ist ein Witz, dass in der Krise niemand zurückgelassen wird"
Seite 3: Bedingungsloses Grundeinkommen als Lösung
- "Es ist ein Witz, dass in der Krise niemand zurückgelassen wird"
- Vielen bleibt nur der Mietstreik
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Für viele Probleme gäbe es eine einfache Lösung, meint Carme Porta. Sie tritt seit vielen Jahren für ein bedingungsloses Grundeinkommens ein, das nun verstärkt in der Krise debattiert wird. Jetzt sei dafür der richtige Zeitpunkt, um es angesichts der dramatischen Auswirkungen der Corona-Krise sofort einzuführen. Die Mitglieder des vom "Xarxa Renda Bàsica" Netzwerks für ein Grundeinkommen, verstehen nicht, warum die Linkskoalition nicht jetzt "mutig" agiert, Existenzängsten begegnet, unbürokratisch hilft, damit Hoffnung geschaffen und die Wirtschaft gestützt wird, die noch stärker als in nach der Finanzkrise ab 2008 abstürzt.
"Jetzt muss die Bevölkerung gerettet werden", erklärt sie gegenüber Telepolis. "Oder ist es nicht genau das, was man von einer Linksregierung erwartet?" Die Ökonomin, die erste Parlamentarierin der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC), hatte schon 2001 einen Antrag zur Frage ins katalanische Parlament eingebracht. Erstmals sei in einem europäischen Parlament darüber debattiert worden, erklärt sie stolz. "Damals wurden wir belächelt." Das habe sich längst geändert, verweist sie auch auf Finnland, wo zwei Jahre lang ein Test lief.
In Spanien, in dem sich schon vor der Coronakrise 10 Millionen Menschen an oder unter der Armutsgrenze befänden - auch eine Altlast aus der letzten Krise -, streite man sich in der Regierungskoalition seit Wochen aber nur über eine Art Sozialhilfe. Sie soll nach Regierungsangaben etwa einer Million Haushalten helfen, also etwa drei Millionen Menschen, hat der zuständige Minister schon vor einem Monat erklärt. Doch noch immer ist die dringend notwendige Maßnahme nicht beschlossen. Ob sie im Juni noch kommt, ist unklar. Klar ist aber, dass nur ein kleiner Teil derer etwas bekommt, die dringend Hilfe brauchen.
Für Porta ist klar, dass nur ein weiterer Flicken auf den großen Flickenteppich aufgesetzt wird, in dem viele Löcher klaffen. "Es macht kaum Sinn, hier ein bisschen Hilfe für Selbstständige zu beschließen, da etwas für Mieter, dort eine Sozialhilfe." Die Hilfen seien stets an Bedingungen geknüpft. "Bekommst du die eine, wird dir die andere gestrichen". Und ständig müsse man beweisen, wie arm man ist. Oft dürfe man nicht arbeiten, um Geld zu bekommen. Fände man einen befristeten Job, würde das Geld wieder gestrichen. Die Leute hingen damit in der Armutsfalle und viele würden sich im "bürokratischen Labyrinth" verlieren. Bei jeder Behörde müsse zudem ein eigener Antrag gestellt werden. "Die prüfen wieder einzeln, ob du ein Anrecht hast, eine dramatische Bürokratie."
Die kostet zudem viel und ist völlig überlastet, wie sich gerade deutlich zeigt. Hunderttausenden wurde in mehr als zwei Monaten bisher immer noch kein Kurzarbeitergeld ausgezahlt. Dazu gehört auch Paula aus Leon, die wie viele andere nun erniedrigend auf Lebensmittelspenden der Caritas angewiesen ist. Dagegen wurde hunderttausenden Selbstständigen der Beitrag zur Sozialversicherung vom Konto geholt, obwohl sie wie der baskische Kneipier Agus davon befreit sind.
Die Behörden haben sich längst in dem Wahnsinn der Maßnahmen verstrickt. "Es muss jetzt einen Paradigmenwechsel geben", sagt deshalb Porta und zitiert die Financial Times. Denn sogar diese Zeitung will in einem Editorial die "Neuverteilung" des Reichtums auf die Tagesordnung gesetzt sehen. Die Privilegien der Reichsten müssen in Frage gestellt werden und auch Politiken bedacht werden, die bisher als exzentrisch galten, wie das Grundeinkommen oder eine Vermögenssteuer. Mit weniger Mut müsste das bedingungslose Grundeinkommen im spanischen Staat wenigstens bis zum Jahresende eingeführt werden. Mit der Steuererklärung 2021 könne dann eine Abrechnung erfolgen, meint Porta.