Es muss nicht immer Seehofer sein

Die CSU sucht die Ursachen für ihre Wahlniederlage in der falschen Ecke

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Bei der Europawahl am 25. Mai sank der Stimmenanteil der CSU in Bayerin um 7,6 Prozentpunkte von 48,1 auf 40,5 Prozent. Bundesweit erreichte die Partei, die nur im Freistaat antritt, damit nur 5,3 Prozent. Hätte - wie bei der letzten Europawahl - eine Fünf-Prozent-Hürde gegolten, dann hätte sie am Wahlabend um den Einzug ins Straßburger Parlament bangen müssen.

Seitdem sucht man in der CSU den Grund für den Misserfolg. Parteichef Horst Seehofer nahm die Verantwortung dafür zwar schon letzte Woche auf sich und fragte angeblich in die Führungsrunde, ob es jemanden gebe, der meine, "damit müsse man Konsequenzen verbinden" - aber da erhob sich wenig überraschend keine Stimme. Erst am Wochenende meldete sich der Ex-CSU-Vorsitzende Erwin Huber und forderte, dass seine Partei nun bald einen Nachfolger für den Parteivorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten küren müsse, wobei nicht nur die "persönliche Lebensplanung" Seehofers eine Rolle spielen dürfe - eine kaum verhohlene Aufforderung, den Ingolstädter bereits vor seinem angekündigten Abgang 2018 zu stürzen.

Horst Seehofer. Bild: Ralf Roletschek / Angelika Niebler. Bild: Diliff / Monika Hohlmeier. Bild: Foto-AG Gymnasium Melle / Peter Gauweiler. Bild: Henning Schacht. Alle Bilder: Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Außerdem, so Huber, dürfe man sich nicht auf die von Seehofer selbst ins Spiel gebrachten Kandidaten verlassen und sollte den Parteivorsitz wieder vom Posten des bayerischen Ministerpräsidenten trennen. Wen Huber als Seehofer-Nachfolger im Auge hat, ist bislang Gegenstand von Spekulationen. Er selbst dürfte aus zwei Gründen nicht infrage kommen: Zum einen wegen seines Alters (Huber ist bereits 68) und zum anderen wegen seiner Erfolglosigkeit: Während er den Parteivorsitz inne hatte, stürzte die CSU auf Landesebene um 17,3 Punkte von 60,7 auf 43,4 Prozent ab und verlor erstmals seit 1962 ihre - später von Horst Seehofer wiederhergestellte - absolute Mehrheit.

Dass Seehofer einen Teil der Europawahleinbußen tatsächlich zu verantworten hat, ist durchaus wahrscheinlich: Aufgrund seiner Maoam-Politik in Sachen Energiewende fürchten mittlerweile zahlreiche Bayern, dass nach der Abschaltung der Atomkraftwerke die Lichter - oder schlimmer - die Heizungen ausgehen. Andererseits legte Seehofer bei den Bundes- und Landtagswahlen im Herbst ein recht gutes Ergebnis hin und stand bei der Europawahl gar nicht auf der CSU-Liste - was auch den meisten Bürgern klar gewesen sein dürfte.

Ob der von Teilen der Partei als Sündenbock ausgewiesene EU-Kritiker Peter Gauweiler wirklich Verantwortung für das schlechte Europawahlergebnis trägt oder ob er vielmehr dafür sorgte, dass die CSU nicht noch mehr Stimmen an die Alternative für Deutschland abgab, könnte wahrscheinlich besser über Meinungsforschungsinstitute als über Pressestatements ermittelt werden: Auch er stand nämlich nicht als Europakandidat zu Wahl - und Politiker wie Hans-Peter Uhl hatten vor dem 25. Mai immer wieder betont, dass Gauweilers - beim Volk beliebte - Ausgleichshaltung gegenüber Russland nicht die Parteilinie der Union sei. Da wählten manche Bürger vielleicht lieber die osterweiterungskritische AfD, bei der sie den Frieden in Europa in besseren Händen sahen.

Diejenigen, die am wahrscheinlichsten am schlechten Wahlergebnis teilhaben stehen bislang merkwürdigerweise kaum in der innerparteilichen Kritik und konnten ihre Karriere teilweise sogar ausbauen: Von den fünf verbliebenen CSU-Europaparlamentariern wird ausgerechnet Angelika Niebler neue Gruppenchefin. Die 40-Prozent-Frauenquote-Befürworterin und Vertreterin der "freien Berufe" [sic] im ZDF-Fernsehrat war im Europaparlament unter anderem für die Beziehungen zu Katar und Saudi-Arabien zuständig und fiel in Brüssel und Straßburg vor allem durch ihre besonders hartnäckige Befürwortung von Softwarepatenten auf.

Parlamentarische Geschäftsführerin der CSU-Europaabgeordneten wird die Strauß-Tochter Monika Hohlmeier. Sie hatte ihren Hut als bayerische Kultusministerin nach mehreren Begünstigungsvorwürfen und einer Wahlfälschungsäffäre nehmen müssen. Bei der von ihr geplanten Quasi-Abschaffung der Lehrmittelfreiheit wurde sie vom Kabinett zurückgepfiffen. Der von ihre verantwortete Umstieg vom neun- auf ein achtjähriges Gymnasium steht nach Elternprotesten und einem Volksbegehren steht dagegen erst jetzt von dem Aus.

Auch nach ihrer Entfernung nach Brüssel machte Hohlmeier keinen unbedingt geläuterten Eindruck und versuchte zum Beispiel, Wähler davon zu überzeugen, dass der Internationale Währungsfond für Deutschland gefährlicher sei als der Euro-Rettungsschirm ESM. Wer Personal wie sie und Niebler nach Brüssel schickt - und nicht beispielsweise einen Marcel Huber oder eine Ilse Aigner - der darf sich über wenig Wählerbegeisterung nicht wundern.

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