Es wird sehr ernst im Atomkraftwerk Saporischschja
Seite 2: IAEA: Appell an beide Seiten
- Es wird sehr ernst im Atomkraftwerk Saporischschja
- IAEA: Appell an beide Seiten
- Auf einer Seite lesen
Anders als das einseitig Narrativ der Bundesregierung appelliert die IAEA aber an beide Kriegsparteien: "Der anhaltende Beschuss hat zwar noch keinen atomaren Notfall ausgelöst", stellt der Bericht fest, aber man habe es mit einer "ständigen Bedrohung für die nukleare Sicherheit und Sicherung mit potenziellen Auswirkungen auf kritische Sicherheitsfunktionen" zu tun.
Die Bedrohung könne in eine Lage mit "radioaktiven Konsequenzen mit großer sicherheitstechnischer Bedeutung münden", wird im IAEA-Bericht ausgeführt. Beide Seiten werden deshalb dazu aufgefordert, den Beschuss vom Gelände und aus seiner Umgebung sofort einzustellen, um weitere Schäden an der Anlage und den zugehörigen Einrichtungen zu vermeiden.
Auch die Sicherheit des sehr gestressten Betriebspersonals müsse gewährleistet und ihre physische Integrität zur Unterstützung eines sicheren Betriebs aufrechterhalten werden. Dies erfordere eine "Vereinbarung aller betroffenen Parteien über die Einrichtung einer Schutzzone für nukleare Sicherheit" um das Atomkraftwerk.
Diese Forderung wurde auch von UN-Generalsekretär António Guterres unterstützt : "Russische und ukrainische Streitkräfte müssen sich verpflichten, keine militärischen Aktivitäten in Richtung des Werksgeländes oder vom Werksgelände aus durchzuführen", erklärte er vor dem UN-Sicherheitsrat in New York am Dienstag.
"Jeder Schaden – ob absichtlich oder nicht - in Saporischschja oder einer anderen Nuklearanlage in der Ukraine könnte eine Katastrophe bedeuten", twitterte Guterres. "Alle Schritte" müssten gegangen werden, um ein Katastrophenszenario zu vermeiden. "Jede Maßnahme, die die physische Unversehrtheit, die Sicherheit oder die Sicherung des Atomkraftwerks gefährden könnte, ist inakzeptabel."
Er fordert in einem zweiten Schritt, die "Verpflichtung der russischen Streitkräfte, ihr gesamtes militärisches Personal und ihre Ausrüstung" aus dem Gebiet um das Atomkraftwerk abzuziehen, was vor allem den ukrainischen Interessen dient, die Kontrolle über das Kraftwerk und den Stromfluss zu erhalten.
Die ukrainischen Streitkräfte müssten sich dagegen verpflichten, das Atomkraftwerk danach nicht zu übernehmen. Die Betreiber des Kraftwerks müssten in der Lage sein, ihre Aufgaben zu erfüllen, fordert Guterres. Er vertraut darauf, dass die Experten der IAEA ihre Arbeit "ungehindert durchführen können und dazu beitragen, die nukleare Sicherheit in der Anlage dauerhaft zu gewährleisten".
Forderung nach einer Entmilitarisierung
Grundsätzlich kann man die Forderung nach einer Entmilitarisierung nur unterstützen. Besser wäre natürlich eine komplette Stilllegung der Anlage und den Abtransport der Kernbrennstoffe zu fordern und voranzutreiben. Solange es Kampfhandlungen in der Ukraine gibt, kann es keine wirkliche Sicherheit für Atomkraftwerke geben.
Es kann in einem Krieg nicht definitiv verhindert werden, dass es zu einer Katastrophe kommt. Schließlich kann bei Atomanlagen schon in Friedenszeiten ein Desaster nie ausgeschlossen werden, wie wir nur zu gut aus dem benachbarten Tschernobyl oder auch aus dem japanischen Fukushima wissen.
Ein zentrales Problem mit diesen gefährlichen Großanlagen, wie derzeit auch an der realen Energiekrise in Frankreich sehen, besteht darin, dass die Atomstaaten extrem abhängig von dem gefährlichen Atomstrom sind.
So wurde Saporischschja nicht einmal angesichts anrückender russischer Truppen abgeschaltet und in Frankreich sollen nun angesichts der extremen Stromknappheit im Land auch von Rissen im primären Kühlkreislauf betroffene Meiler wieder in Betrieb gehen, um einen Blackout im Winter zu verhindern.
Nicht Sicherheitsfragen stehen in einem Atomstaat im Vordergrund, sondern die Stromversorgung. Dafür geht man überall erhebliche Risiken ein, die es über den Ausbau von ungefährlicher und billiger Versorgung über erneuerbare Energien nicht gibt.