Facebook Web 2.0

Facebook liebt die Öffentlichkeit: Die User auch? - Teil 2

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Teil 1: Facebook will wachsen und im Netz eine zentrale Stellung einnehmen - neue Funktionen sollen dafür den Weg bereiten.

Wie wird die Zukunft im Netz mit den im ersten Teil vorgestellten neuen Facebook Funktionen aussehen? Wer Facebook einfach nur nutzen will, um Kontakt mit seinen Freunden zu halten und keine Angst hat, die Kontrolle über seine privaten Daten weiter zu verlieren (oder vielleicht immer schon auf Facebook vollkommen öffentlich unterwegs war), wird einige Vorteile in den Funktionen sehen. Auf allen Websites, die Facebook integriert haben, sind jetzt personalisierte Funktionen einfacher als zuvor nutzbar - es reicht, mit in Facebook nicht ausgeloggtem Browser unterwegs zu sein, um überall als Facebook User erkannt zu werden, um auf Webseiten persönliche Empfehlungen von Freunden zu bekommen oder zu sehen was diese gerade dort kommentieren (per "Activity Feed").

Sind auf einer Website mehrere befreundete User unterwegs, ist man nicht mehr "allein": über ein vertrautes Interface kann man Kommentare und Bewertungen abgeben, die dann auch gleich in den News Feeds/Neuigkeiten aller Freunde auf Facebook auftauchen - wunderbar, wenn jeder wissen will, was die anderen Freunde gerade so machen, und man sich gegenseitig auf neue interessante Sites oder Artikel aufmerksam machen will. Durch die sich ansammelnden Empfehlungen von Webseiten, Filmen, Bands, Hobbys füllt sich das eigene Interessen-Profil zusehends ganz nebenbei. Und anhand der Connections können User, die ähnliche Interessen haben, aber nicht befreundet sind, sich gegenseitig finden: es werden automatische Interessenkreise über Websites hinweg gebildet.

Aber so sehr auch das eigene soziale Leben befeuert werden mag vom Veröffentlichen von immer mehr Informationen über sich, immer mehr Befindlichkeitsmeldungen und Kommentaren, desto größer wird auch die Wahrscheinlichkeit, dass diese Veröffentlichungen nicht nur positive Folgen haben. Viele User teilen Informationen öffentlich, ohne sich darüber bewusst zu sein, wer sie alles lesen kann. Eine Ursache dafür liegt in der allmählichen Evolution Facebooks begründet.

Facebooks Evolution

Angefangen hat Facebook 2004 als elitäres soziales Netzwerk von und für Studenten der Eliteuniversität Harvard - eine Exklusivität, die noch für viele spätere Mitglieder den Reiz der Mitgliedschaft ausmachte, als Facebook sich schon längst einem weiteren Publikum zugewendet hatte. Zunächst öffnete sich die Plattform für Studenten der anderen Eliteunivesitäten, dann für alle Studenten, dann für jeden über 13 Jahren mit gültiger Emailadresse. In diesem frühen Stadium war Facebook hoch restriktiv: Nicht-Mitglieder konnten keinerlei Daten von Mitgliedern sehen.

Welchen Weg Facebook seitdem bezüglich der Öffnung von Daten zurückgelegt hat, wird klar wenn man sich den heutigen Stand vor Augen ruft, wo die überwiegende Anzahl von Informationen (zumindest per Default) öffentlich ist. Um das zu erreichen, hat Facebook im Laufe der Zeit die Nutzerbedingungen immer wieder geändert, d.h. dass User, die schon länger Mitglied sind, unter völlig anderen Voraussetzungen Facebook beigetreten sind, als sie jetzt herrschen.

Wer sich darauf verlassen hat, dass Facebook seine persönlichen Daten strikt vertraulich behandelt und den Versprechen und steten Zusicherungen des CEOs Mark Zuckerberg, wie etwa Privacy is the vector around which Facebook operates (2008) geglaubt hat, muss jetzt damit rechnen, dass diese Daten an verschiedenen Stellen von Facebook netzweit zugänglich sind. Zumal nur eine ständige Kontrolle der Privatsphäreneinstellungen des eigenen Kontos vor totaler Öffentlichkeit schützt, da die Strategie Facebooks - wie gerade wieder einmal bewiesen - darin besteht, neue Änderungen möglichst still und per Default im Opt Out Verfahren einzuführen. Bei diesem muss man aktiv werden, um eine Änderung zu verweigern - im Gegensatz zum Opt In, wo man ihr bewusst zustimmen muss.

Wunderbar übersichtlich sind diese schleichenden Änderungen der Veröffentlichung von Userdaten anhand der folgenden Grafik illustriert, die zeigt, wie im Laufe der Jahre Facebook immer mehr Daten wie u.a. Fotos, Vorlieben, Freunde, Profilbild immer öffentlicher gemacht hat - mit einem ganz großen Sprung im April mit dem Launch der neuen Funktionen auf der Facebook Entwicklerkonferenz f8:

Facebook Privacy Entwicklung - Stand April 2010. Grafik: Matt McKeon. Lizenz: CC-BY-SA

Nicht berücksichtigt ist hier die Öffentlichkeit von persönlichen Daten, deren Sichtbarkeit zwar eingeschränkt werden könnte, deren Default-Einstellungen (die oft fraglos übernommen werden) aber eine größere Öffentlichkeit vorsehen. Auch noch nicht berücksichtigt sind die von Facebook angekündigten Änderungen, die einige öffentlich gemachte persönliche Daten wieder privat machen. Die Grafik beruht auf der Facebook Privacy Zeitleiste der EFF, die die Entwicklung der sich immer weiter abschwächenden Privacy-Politik von Facebook sehr anschaulich zeigt. Für die neuen Privatsphären-Einstellmöglichkeiten gibt die EFF einige Ratschläge zur Bedienung.

Warum aber sollten sich User überhaupt Gedanken über den Schutz privater Informationen auf Facebook machen?