Finanzgipfel: Es ist Zeit, dass der Westen seine Billionen-Schulden zahlt!

"Schluss mit fossilen Subventionen. Die Verschmutzer müssen zahlen": Aktion der Aktivistengruppe Glasgow Actions zum Finanzgipfel. Ein Banner wurde vor dem Eiffelturm gespannt, sodass daraus ein Windrad wurde. Bild: Glasgow Actions

Regierungschefs mächtiger und weniger mächtiger Staaten reisten nach Paris. Es geht um einen globalen Finanzpakt, aber Geld soll nicht fließen. Über die gefährliche Zahlungsverweigerung der Reichen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat diese Woche zum Gipfel nach Paris geladen. Rund 40 Staats- und Regierungschefs, darunter etwa ein Dutzend aus Afrika, der chinesische Premierminister und der brasilianische Präsident, werden in der französischen Hauptstadt zusammen mit internationalen Organisationen, Vertreter:innen der Zivilgesellschaft und des Privatsektors an dem "Gipfel für einen neuen globalen Finanzpakt" teilnehmen.

Es gehe darum, so Macron, "internationale Solidarität neu zu denken". Man müsse die "Glaubwürdigkeit der reichen Länder" wiederherstellen und mehr für globale Gesundheit, Bildung und Nahrungssicherheit tun. Das sind hehre Worte. Aber mangelt es wirklich an Worten und Versprechen? Sind es nicht Taten, also reale Geldflüsse, die fehlen?

So werden seit vielen Jahren auf G7-Gipfeltreffen oder Klimakonferenzen Ankündigungen gemacht, mehr für die armen Teile der Welt, die den Großteil der Menschheit beherbergen, zu tun. Aber die Worte werden bis heute nicht in barer Münze eingelöst – abseits von mickrigen Almosen.

Die Klimafinanzierung in Höhe von jährlich 100 Milliarden Dollar pro Jahr, die die Industriestaaten an die Entwicklungsländer zahlen sollen, wurde bereits 2009 auf dem Klimagipfel in Kopenhagen ins Leben gerufen. 2020 sollte die Marke spätestens erreicht werden, doch daraus wurde nichts. Noch heute ist man deutlich von der Summe entfernt.

Und bei dem, was bisher gezahlt wird, handelt es sich größtenteils gar nicht um zusätzliche Zahlungen, sondern um Kredite, umetikettierte Entwicklungshilfe oder private Investitionen. Die Summe ist auch viel zu niedrig, um eine Energiewende und Klima-Anpassungsmaßnahmen zu finanzieren.

Ein Fonds für Klimaschäden, "loss and damage" genannt, wurde als großer Durchbruch beim letzten Klimatreffen in Ägypten 2022 gefeiert. Doch es wird darüber weiter nur geredet und gestritten, aber nicht gezahlt.

Schuldenerlasse für Entwicklungsländer bzw. -erleichterungen wurden immer wieder versprochen. Ein einziges Mal wurde gehandelt. Beim G8-Gipfel in Gleneagles vor fast 18 Jahren im Juli 2005 konnten weltweite Bewegungen und Kampagnen, ausgehend vom Globalen Süden, die Industriestaaten dazu bringen, für 36 arme Länder insgesamt 130 Milliarden Dollar an Schulden zu erlassen. Ein großer Erfolg der Zivilgesellschaft.

Doch es war nur eine kurze Verschnaufpause. Die globale Finanzkrise von 2008 und der Absturz der Rohstoffpreise im Jahr 2014 zwangen viele Regierung dazu, mehr Schulden zu machen. Heute sitzen viele Staaten daher wie zuvor tief im Schuldensumpf.

Anfang 2020 stufte der Internationale Währungsfonds IWF 34 Länder als Staaten ein, die sich in einer Schuldenkrise befinden bzw. davon gefährdet sind. Zudem listete der IWF 64 Länder auf, die mehr für Schuldentilgung als für die Gesundheitsversorgung ausgeben müssen. Die Daten stammen noch aus der Zeit vor der Covid-19-Pandemie, die alles noch schlimmer machte.

Der Grund für die ewigen Schuldenkatastrophen in Afrika, Südostasien oder Lateinamerika? Der reiche Norden erfüllt weiter die Forderungen aus der Zivilgesellschaft und dem Globalen Süden nicht, wie Regulierungen von Kreditgebern und faire Welthandelsregeln. Die strukturellen Treiber der Schuldenspiralen werden bis heute nicht adressiert.

So wird wie in der Vergangenheit in neokolonialer Manier der Reichtum der armen Länder in die wohlhabenden Industriestaaten abgesaugt: durch Steuerhinterziehung, illegale Finanzströme, unfaire Handelsregime, Korruption oder durch die Rückführung der Gewinne von multinationalen Unternehmen Richtung Norden.

Nun soll ein von Macron einberufener Finanzgipfel also global "Solidarität" schaffen und die Misere aus der südlichen Welt vertreiben. Doch das ist ohne den nötigen politischen Willen und echte Zahlungsbekenntnisse ein frommer Wunschtraum.

So beklagt Amnesty International (AI), dass viele Staaten und zivilgesellschaftliche Organisationen, die die von diversen Krisen am stärksten betroffenen Gemeinschaften repräsentieren, gar nicht auf dem Gipfel vertreten seien. Zudem kritisiert Agnès Callamard, Generalsekretärin von AI, die Unverbindlichkeit der Zusammenkunft:

Es ist fraglich, ob das von Frankreichs Präsident Macron außerhalb des üblichen UN-Rahmens einberufene Treffen in Paris ein geeignetes Forum für die erforderlichen grundlegenden Reformen ist.

Masood Ahmed, Präsident der Denkfabrik Center for Global Development in Washington, erwartet von der Versammlung keine konkreten Maßnahmen, sondern lediglich eine Verständigung darüber, dass "wir viel größer und mutiger denken müssen. Wir müssen bereit sein, uns zu verändern".

Es sei aber schwierig, die Regierungen im Norden dazu zu bringen, Steuergelder für die Bekämpfung globaler Krisen wie die Klimakrise auszugeben. Ein Vertreter des US-Finanzministeriums erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press, dass vom Pariser Treffen keine wesentlichen neuen geldpolitischen Zusagen erwartet werden sollten.

Auch der Élysée-Palast will den Ball flach halten. Es gehe eher um eine Plattform für den internationalen Austausch.

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