Fleisch-Ersatzprodukte auf dem Vormarsch: Veganer Terror oder Zukunftstrend?

Auf den ersten Blick kaum unterscheidbar: Pflanzenbasierte Würstchen und Bulletten liegen im Trend. Foto: burdgerhl / Pixabay Licence

Nicht immer halten pflanzliche Alternativen, was sie versprechen. Es kommt auf Inhaltsstoffe und Verarbeitung an. Doch einen klaren Vorteil gibt es.

Vegane Leberwurst, Sojaschnitzel und Fake-Fleisch, Bacon, Frikadellen, Chicken Burger – es gibt fast nichts, was es nicht gibt auf dem Markt der veganen Fleischersatzprodukte. Allerdings sind die Produkte häufig relativ teuer, stark verarbeitet und mit Aromen und Zusatzstoffen angereichert.

Gesunde Alternativen zu Fleisch

Fleischersatzprodukte können für Menschen relevant sein, die eine weitgehend pflanzenbasierte Ernährung anstreben. Sie lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen:

Erstens: Produkte, die auf pflanzlicher Basis wie etwa mit Soja und Lupinen zubereitet sind, wie etwa der Bratling aus Gemüse oder Tofu. Von Natur aus enthalten diese Produkte keine gesättigten Fettsäuren. Deshalb sind sie auch oft gesünder als Fleisch-Imitate, erklärt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Kritische Betrachtung der Produktvielfalt

Zweitens: Fleisch-Imitate, die ihre tierischen Vorbilder nachahmen. Weil diese meist panierte und weniger gesunde Fleischprodukte imitieren, sind sie meist ebenso ungesund wie diese. Um den Geschmack zu intensivieren, werden den Produkten oft Fette und Salz zugesetzt. Daher sind vegane "Chicken"-Nuggets oft weniger gesund als zum Beispiel frisches Gemüse.

Nutri-Scores bei veganem Fleischersatz teilweise dürftig

Fleisch-Imitate werden auch nicht unbedingt immer ehrlich vermarktet, wie ein Marktcheck der Organisation Foodwatch zeigt. Demnach wird auch bei fleischfreien Produkten häufig getrickst und getäuscht.

Um ihren gesundheitlichen Wert zu beurteilen, berechnete Foodwatch für insgesamt fünfzehn Produkte die Nutri-Scores. Ergebnis: Lediglich zwei der getesteten Fleischersatzprodukte erhielten eine grüne Nährwertampel.

Mehr als die Hälfte erhielt eine schlechte Nutri-Score-Bewertung wie D oder E. Die beiden am schlechtesten bewerteten Produkte sind das vegane Virginia-Steak des Herstellers Wheaty sowie die Snack Salami von Billie Greendie.

Rügenwalder Mühle trickst mit veganen Produkten

Eher schlecht bewertet wurde auch die vegane Salami der Rügenwalder Mühle. Das Unternehmen, dessen Angebot an Veggie-Produkten seit Jahren wächst, bietet neben 23 klassischen Fleischprodukten auch rund 50 vegane und vegetarische Produkte an, darunter Grillgemüse, Schnittlauch, Bunte Paprika und Bunter Pfeffer.

Auch der klassische Schinken Spicker wurde seit Jahresbeginn ersetzt – durch den veganen Schinken Spicker Mortadella. Auf dessen Vorderseite wirbt die Rügenwalder Mühle groß mit der Aufschrift "Auf Basis von Sonnenblumenkernen". Die Zutatenliste gebe allerdings für die vegane Wurst gerade mal zwei Prozent Sonnenblumenprotein an, kritisiert Foodwatch.

Verarbeitung und Inhaltsstoffe

Wie gesund oder ungesund die jeweiligen Produkte sind, hängt generell von Zutaten, Nährwerten und dem Grad der Verarbeitung ab. Auf Produkte mit vielen Konservierungsstoffen, künstlichen Zusatzstoffen und Aromen sollte eher verzichtet werden.

Grundsätzlich sind die Inhaltsstoffe auf der Verpackung vor dem Kauf zu prüfen, erklärt Jana Fischer von der Verbraucherzentrale Hamburg. Dabei lohnt ein Blick auf die Nährwerttabelle: Enthält das Produkt viele Kalorien, Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz, ist es als eher ungesund einzustufen.

Viele Ersatzprodukte haben einen hohen Proteinanteil, weiß Tuba Esatbeyoglu von der Leibniz-Universität Hannover. Anders als tierische Produkte enthalten sie zudem wenig Cholesterin, dafür viele Ballaststoffe.

Bei starker Erhitzung gehen Nährstoffe verloren

Produkte, die auf Rapsöl oder Olivenöl basieren, seien gesünder als die mit Kokosfett als Basis. Rapsöl sei reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, Kokosfett hingegen habe mehr gesättigte Fettsäuren, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin.

Um die fleischähnliche Textur nachzuahmen, werden die Produkte teilweise stark erhitzt, wobei sie einen Teil ihres Nährstoffgehalts verlieren. Zum Teil werden auch Zusatzstoffe wie Verdickungsmittel oder Konservierungsstoffe eingesetzt. Während es bei Kuhmilch und Fleisch Vorgaben oder natürliche Gegebenheiten gibt, unterscheiden sich die Fleischalternativen sehr in ihrem Verarbeitungsgrad.

Fleisch in Fleischersatzprodukten

Auch im Fleischersatz können tierische Produkte stecken, wenn sie nicht als vegan, sondern nur als vegetarisch gekennzeichnet sind. Für hundert Kilo Mortadella zum Beispiel muss ein Schwein sterben. Für die gleiche Menge der vegetarischen Alternative werden je nach Rezeptur im Extremfall bis zu 2.200 Eier benötigt.

Das entspricht der durchschnittlichen Menge an Eiern, die sechs Hennen ihr Leben lang legen, rechnet das Wissenschaftsmagazin Quarks vor.

Vegane Produkte sind weniger klimaschädlich

Fleisch aus der Region ist immer noch deutlich klimaschädlicher als rein pflanzliche Produkte – selbst wenn in dem Fleischersatz importierte Zutaten stecken. Eine Studie in Nature Food von 2021 kommt zu dem Ergebnis, dass die Produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln für 29 Prozent der Treibhausgasemissionen im Lebensmittelbereich verantwortlich ist.

57 Prozent hingegen entstehen durch die Aufzucht und Haltung von Kühen, Schweinen und anderen Nutztieren, einschließlich der Herstellung von Viehfutter. Bei der Verwendung von Soja, Getreide und Co. für die menschliche Ernährung fällt ein erheblicher Teil der Treibhausgas-Emissionen sowie Verbrauch von Land- und Wasser weg.

Dabei ist Rindfleisch mit Abstand das klimaschädlichste Nahrungsmittel. So verursachen Rindfleischpattys im Vergleich zu Patties auf pflanzlicher Basis fünf bis acht Mal mehr Treibhausgasemissionen. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der Hochschule Osnabrück und dem Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik.

Am besten greift man zu frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln, möglichst aus der Region und in Bio-Qualität: Pürierte Hülsenfrüchte, Seitan oder Austernpilze etwa können einen fleischigen Geschmack erzeugen oder – knusprig gebraten – zumindest an Fleisch erinnern.

Der Trend zur pflanzenbasierten Ernährung

Der Anteil derer, die täglich zu vegetarischen oder veganen Alternativen zu tierischen Produkten greifen, nimmt stetig zu. Waren es 2020 hierzulande noch fünf Prozent der Verbraucher, so stieg die Zahl 2023 auf zehn Prozent an. Das zeigt der repräsentative "Ernährungsreport 2023", der im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erstellt wurde.

Zu diesem Zweck beauftragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Mai 2023 rund tausend Bürgerinnen und Bürger zu ihren Ess- und Einkaufsgewohnheiten. Ergebnis: Jede und jeder Fünfte verzehrt täglich Fleisch und Wurstwaren. Im vergangenen Jahr war es noch jeder Vierte, und 2015 jeder Dritte. Gleichzeitig steigt die Beliebtheit von vegetarischen und veganen Alternativen stetig an.

14- bis 29-Jährige bei pflanzenbasierter Ernährung vorn

Jeder Zehnte greift inzwischen täglich zu pflanzlichen Produkten, drei Jahre zuvor waren es noch fünf Prozent gewesen. Bei den 14- bis 29-Jährigen liegt der Anteil mit 18 Prozent am höchsten, bei den Menschen ab 60 Jahre mit fünf Prozent am niedrigsten. 91 Prozent legen Wert darauf, dass das Essen gesund ist.

86 Prozent der Befragten meinen, dass ein verstärkter Konsum von Produkten, die regional erzeugt oder hergestellt wurden oder eine Verringerung des Fleischkonsums (82 Prozent) zur Ernährungssicherung beitragen können.

Für 65 Prozent war eine artgerechte Haltung der Tiere wichtig. Fast alle hielten es für wichtig, die Lebensmittelabfälle zu reduzieren. Als Gründe für den den Verzicht auf Fleisch werden am häufigsten Nachhaltigkeit, Gesundheit und Tierwohl angegeben.