Frankreich: Verzögerungen beim Kohlekraft-Ausstieg
Der Betreiber des Übertragungsnetzes gibt eine Einschätzung ab, wonach frühestens 2020 abgeschaltet werden kann und ein späteres Datum wahrscheinlich ist
Die französischen Kohlekraftwerke können frühestens im Jahr 2020 abgeschaltet werden, lautet die vorsichtige Einschätzung des Übertragungsnetzbetreibers Réseau de Transport d'Electricité, RTE.
Damit wäre man zwar noch im Zeitplan von Macron, der die Schließung der letzten vier Kohlekraftwerke für 2022 angekündigt hat, aber die Ausführungen von RTE lassen darauf schließen, dass ein Zeitpunkt, der um einige Jahre weiter nach hinten rückt, nicht unwahrscheinlich ist. Denn einiges hängt vom Zustand der veraltenden Atomkraftwerke ab und davon, wann der EPR- Reaktor in Flamanville ans Netz gehen kann.
Dort gibt es, wie hier mehrfach berichtet, erhebliche Schwierigkeiten, die den Start immer wieder weiter verschoben haben. Bislang beträgt die Verzögerung sechs Jahre gegenüber dem ursprünglich festgesetzten Arbeitsbeginn. Zuletzt hieß es im Juli dieses Jahres, dass die Brennelemente in Flamanville laut EDF im letzten Quartal 2019 eingesetzt werden (vgl. Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Flamanville verzögert sich weiter). Eine weitere Verzögerung ist nach den bisherigen Erfahrungen nicht ausgeschlossen.
Die Crux ist, wie sie der RTE-Bericht erwähnt, besteht darin, dass nicht nur die Abschaltung des Uraltkraftwerks in Fessenheim in Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des EPR-Reaktors in Flamanville steht (vgl. Französisches Atom-Chaos um Fessenheim), sondern auch die Schließung des mit Kohle und Öl betriebenen Kraftwerks Cordemais, das für "einen Gutteil" der Stromversorgung in der Bretagne zuständig ist.
Um jedes Risiko für die Stromversorgung zu vermeiden, müsste erst der EPR-Reaktor in Betrieb gehen, bevor das Kraftwerk in Cordemais abgeschaltet werden kann, zitiert Le Monde den Generaldirektor von RTE, Olivier Grabette.
Den Hintergrund für die, so Le Monde, vorsichtig vorgebrachte Warnung, dass die Stilllegung der vier verbliebenen Kohlekraftwerke an Hindernisse stoßen könnte, die das Datum möglicherweise auch über 2022 hinaus nach hinten verschieben würde , werden auch nötige Arbeiten am mittlerweile ziemlich gealterten AKW-Park in Frankreich genannt. Bei 16 der insgesamt 58 Reaktoren steht in den nächsten fünf Jahren eine genaue Überprüfung an, da sie dann 40 Jahre alt werden. Von der Überprüfung hängt dann ab, ob ihre Laufzeit verlängert wird. Angesichts der Komplikationen, die sich in Fessenheim zeigen, sind Schwierigkeiten nicht ausgeschlossen.
Aber, so unterstreicht der Bericht, eine definitive Schließung weiterer Reaktoren neben Fessenheim sei im Moment nur "schwierig vorzustellen, ohne dass die elektrische Versorgung destabilisiert würde".
Die häufigen Stromausfälle in Frankreich zu Spitzenbelastungszeiten vornehmlich im Winter sind berüchtigt und gefürchtet.