Frankreich soll Energiegroßmacht werden
Die nationalistische Energiepolitik setzt auf die Fusion der Energiekonzerne
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will einen weiteren Riesen im Energiesektor schmieden. Die Wirtschaftswoche berichtete, dass dazu der Atomkonzern Areva NP mit dem Energiekonzern Alstom fusionieren soll. Zu dem Gespann, das in der Lage wäre, alle Kraftwerksarten zu bauen, soll der Bau- und Infrastrukturkonzern Bouygues und ein Bergbauunternehmen kommen.
Statt einer europäischen Energiepolitik steht Nationalismus auf der Tagesordnung, wonach die französischen Konzerne gebündelt werden sollen. Die beschlossene Fusion der Energiefirmen Suez und Gaz de France (GDF) ist das Vorbild. Frankreich soll eine "zentrale Rolle auf dem europäischen Markt spielen", sagte Sarkozy. Es geht ihm aber darum, weltweit zur Energiegroßmacht zu werden. Mit dem Ex-Staatsmonopolisten EDF besteht schon einer der größten Stromerzeuger der EU und mit Suez und GDF entsteht der größte Erdgasanbieter und Gasnetzbetreiber.
Ähnlich soll es im Kraftwerksbau aussehen, in dem die Atomkraft eine zentrale Rolle spielen soll. Die neue Fusion soll schlüsselfertige Atomkraftwerke liefern und einen komplettem Brennstoffkreislauf anbieten. Zwar spricht noch niemand von der Endlagerung des Atommülls, doch auch hier werden in Lothringen Fakten geschaffen, um eine Scheinlösung für zehntausende Tonnen Atommüll zu bieten, die bisher angehäuft wurden. Mit aller Eile wurde eine Tonschicht unter dem Dorf Bure schon 2005 von der staatlichen Nationalen Agentur für Radioaktive Abfälle (Andra).als Endlager empfohlen, bevor Forschungen auch nur beginnen konnten (Endlager gefunden?).
Bei diesen Plänen stört man sich in Paris aber daran, dass Siemens an Areva NP beteiligt ist. Deshalb wolle Frankreich deren Minderheitsanteil von 34 % bis 2011 übernehmen. 2001 hatte Siemens seine Atomsparte in Areva NP untergebracht und zuvor mit der Framatome, die in Areva NP aufgegangen ist, den European Pressurized Water Reactor (EPR) entwickelt. Der soll nun weltweit zum Exportschlager werden. Der EPR soll sicherer sein als alle bisherigen AKWs und damit das Pannenimage aufbessern. Er soll auch 15 Prozent weniger Uran verbrauchen, das immer knapper wird, und relativ geringe Baukosten haben. Die Umwidmung der Atomkraft durch Frankreich in eine "erneuerbare Energie" soll den EPR als klimafreundlich darstellen und eine Alternative herbeidefinieren, um die Klimaschutzziele von Kioto zu erfüllen (Ergebnis mit Fragezeichen).
Doch beim EPR-Neubau in Finnland verzögern sich wegen Sicherheitsproblemen die Arbeiten ständig. Statt 2009 soll er frühestens 2011 ans Netz gehen. Auch die Kosten explodieren, obwohl sogar an der Sicherheit gespart wird. Der Österreicher Helmut Hirsch, OECD-Atomkraftexperte, schreibt in einem Gutachten, sogar Rohre des sensiblen primären Kühlsystems wiesen Qualitätsmängel auf. Es sei minderwertiger Beton für das Fundament eingesetzt worden, was eine Gefahr für die gesamte Konstruktion sei. Zudem gäbe es ungelöste technische Probleme am Reaktormodell. Befürchtet werden müsse, ob am Olkiluoto 3 schon "bestehende Sicherheitsstandards eingehalten werden".
Auch mit der Uranversorgung hat Areva immer größere Probleme, die heimischen Lager sind längst erschöpft. Das Monopol im Niger hat die Firma verloren und die Preise steigen stark, weil das Uran immer knapper wird. Spätestens 2040 komme es zu ernsten Versorgungsproblemen, schätzen auch optimistische Experten. Doch der Zeitpunkt rückte deutlich nach vorne, wenn mehr Atomstrom produziert wird, wie es Areva will. Der Konzern will seine Uranproduktion von 5.000 Tonnen bis 2012 auf 12.000 Tonnen jährlich steigern (Frankreich setzt trotz steigenden Widerstands auf Atom). Als Lieferanten hat man hier auch Libyen im Blick. Auch deshalb soll der einstige "Schurkenstaat" alsbald ebenfalls mit dem EPR geliefert werden. (Buhlen um Libyen).
Auch weil man in Deutschland an einer derartigen Politik starke Bedenken hat und das Land wegen des geplanten Atomausstiegs kein potentieller EPR-Abnehmer ist, soll Siemens aus Areva gedrängt werden. Geplant wird ein Joint-Venture mit Mitsubishi für die gemeinsame Entwicklung und Vermarktung von Atomreaktoren. Das zielt auf den Energiehunger der asiatischen Märkte. China plant Dutzende neue Reaktoren und auch Japan will fünf neue Meiler bauen. Da das Gemeinschaftsunternehmen ATMEA seinen Sitz in Paris haben soll, bliebe die Kontrolle in Frankreich, weshalb sich dadurch an der nationalistischen Ausrichtung der Strategie nichts ändern würde.