Frankreichs politischer Tumult erschüttert Finanzmärkte und schwächt Einfluss in Europa
Frankreich steckt in politischen Turbulenzen. Finanzmärkte taumeln, der Einfluss in Europa schwindet. Macrons Neuwahl-Entscheidung könnte fatale Folgen haben.
Die Europawahlen haben gezeigt, dass der französische Präsident Emmanuel Macron weniger Rückhalt in der Bevölkerung hat als angenommen. Die Ausrufung vorgezogener Neuwahlen hat seine Position weiter geschwächt, wie sich nun zeigt.
Denn die Entscheidung hat nicht nur für Turbulenzen an den Finanzmärkten gesorgt, sondern könnte auch Macrons Einfluss auf der europäischen Bühne schmälern, warnen Diplomaten. So hatte er vollmundig angekündigt, Truppen in die Ukraine zu schicken – was im anstehenden Wahlkampf als schwer durchsetzbar gilt.
Anleger schockiert über drohende Instabilität
Die Angst vor politischer Instabilität und einem möglichen Wahlsieg der rechtsextremen Partei Rassemblement National (RN) hat Investoren in Scharen aus französischen Anlagen vertrieben, berichtet der Finanzdienst Bloomberg.
Am Anleihemarkt stieg der Renditeaufschlag zehnjähriger französischer Papiere gegenüber deutschen auf den höchsten Stand seit 2017. Im Aktienhandel verloren französische Aktien fast 100 Milliarden Euro an Wert, der Leitindex CAC 40 steuert auf den größten Wochenverlust seit März 2023 zu.
Sollte Macrons Partei nicht als Sieger aus dem Wahlkampf hervorgehen, könnte sich dies langfristig negativ auf den französischen Staatshaushalt auswirken. Den innenpolitischen Gegnern wird nachgesagt, die Staatsausgaben erhöhen zu wollen, was eine höhere Verschuldung bedeuten würde. Das Haushaltsdefizit würde nicht sinken, sondern unweigerlich steigen.
Europäische Partner sehen geschwächten Macron
Frankreich könnte es damit als zentrale Stütze der Europäischen Union schwerer haben als bisher. Experten schließen nicht aus, dass die "Fehlentwicklungen in der EU" damit für längere Zeit anhalten könnten. Auch eine neue Eurokrise wird nicht mehr ausgeschlossen.
Macrons dramatische Entscheidung hat auch einige seiner engsten Verbündeten in der EU verärgert. Diplomaten sagen laut Reuters, dass es für ihn schwierig sein wird, weiterhin so viel Einfluss bei seinen diplomatischen Aktivitäten auszuüben.
"Es wird keinen Führer mehr in Europa geben. Macron war der letzte Mohikaner, der versucht hat, diese Rolle zu spielen", urteilt demnach ein hochrangiger EU-Diplomat in Paris.
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Im französischen Außen- und Verteidigungsministerium herrscht Unsicherheit. Dossiers wie Macrons Vorschlag einer europäischen Militärkoalition für die Ukraine könnten auf Eis gelegt werden. Auch die Position Frankreichs, beim Nato-Gipfel im Juli mehr Unterstützung für die Ukraine zu fordern, könnte geschwächt werden.
Die politische Tektonik Frankreichs ist in Bewegung geraten. Laut Prognosen könnten die Rechtspopulisten des RN stärkste Kraft werden, gefolgt von der neu geschmiedeten Linksallianz aus Sozialisten, Grünen, Kommunisten und Linkspopulisten. Macrons liberale Partei käme nur auf den dritten Platz. Die bürgerlich-konservativen Parteien drohen zwischen Macron-Lager und RN zerrieben zu werden.
Rechtsextreme und Linke für andere Ukraine-Politik
Besonders beunruhigend für die Ukraine: Sowohl dem RN als auch der linksradikalen Partei "Unbeugsames Frankreich" wird eine Nähe zum Kreml nachgesagt. Ein Wahlsieg dieser Kräfte könnte die Unterstützung Frankreichs für Kiew gefährden – auch wenn die Außen- und Verteidigungspolitik weiterhin beim Präsidenten liegt. Ohne Mehrheit im Parlament könnte Macron aber kaum Hilfen durchsetzen.
Macron gibt sich auf G-7-Gipfel unbeirrt
Auf dem G-7-Gipfel in Italien zeigte sich Macron dennoch unbeirrt. Er glaubt nicht, dass die innenpolitischen Ereignisse seine Ukraine-Politik beeinflussen werden. Auch sieht er sich nicht geschwächt: "Meine Gesprächspartner sind alle demokratisch gewählt und alle haben gesagt, dass es (die Auflösung) mutig ist", so Macron gegenüber Reuters.
Dennoch ist die Verunsicherung groß. Viele befürchten eine Lähmung der französischen Politik – wenige Monate vor den Olympischen Spielen in Paris. Die Neuwahlen am 30. Juni und 7. Juli könnten wegweisend sein – für Frankreich und Europa.