Freiheit gegen "wahre Bilder" vom irakischen Widerstand

Einer Webseite zufolge hat die Islamische Armee im Irak die französischen Geiseln bereits freigelassen

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Der Kontext zur Geiselnahme der französischen Journalisten (vgl. Diskurs gegen Kill-Kultur) sei "schwierig", ließ die französische Regierung letzte Woche verlauten, nachdem sich die Hoffnungen auf eine baldige Befreiung der Geiseln nicht erfüllten und man keine Nachrichten hatte, welche die allgemeine Erwartung im Land auf einen positiven Ausgang der Affäre stützen konnten. Einem Kommuniqué auf einer islamischen Webseite zufolge, das gestern bekannt wurde, sind die französischen Geiseln jetzt frei. Einen Beweis dafür gibt es allerdings nicht und der Fall wird dadurch nicht klarer.

Die französischen Behörden seien "ratlos" in einem Fall, der immer nur "obskurer" werde, so beschrieb der Figaro gestern die Lage. Am selben Tag meldete das Magazin Proche-Orient-Info, das nach eigenen Angaben Zugang zu "mehreren Internet-Adressen der Islamischen Armee im Irak (IAI)" hat, dass man durch eine islamische Internetseite auf ein Kommuniqué der IAI gestoßen sei, wonach die beiden französischen Journalisten bereits auf freien Fuß seien. Quelle surprise!

Überraschender noch die Vereinbarung, die zur angeblichen Befreiung geführt hat: Aus freien Willen hätten sich die beiden Journalisten dazu entschlossen, das "Angebot der Entführer" anzunehmen und noch eine (unbestimmte) Weile im Irak zu bleiben, um über die "militärischen Aktionen" des "Widerstands" zu berichten, und "ein wahres Bild dessen zu zeigen, was sich dort abspielt" sowie "der ganzen Welt die Lügen der amerikanischen Besatzung aufzudecken".

Über das Schicksal des ebenfalls entführten syrischen Fahrers der Journalisten ließ man verlauten, dass er sich vor einem "islamischen Gericht" wegen "Spionage" zu verantworten habe.

Laut Nouvel Observateur sieht sich der französische Innenminister (und ehemalige Außenminister) Dominique de Villepin nach einer Erklärung von heute morgen nicht in der Lage, die Authentizität des Kommuniqués zu bestätigen. Während der Fernsehsender France 2 meldet, dass die "rätselhafte" Botschaft von einem Jasser Serri, dem Direktor eines Observatoire islamique in London, bestätigt wurde, reagieren die großen französischen Zeitungen wie Le Monde, Libération und der Figaro vorsichtiger. Sie haben sich bislang noch nicht dazu geäußert.

Angesichts widersprüchlicher Botschaften, die in diesem Fall schon über islamische Webseiten verbreitet wurden (vg. Angst vor den Amerikanern), hält man sich mit Kommentaren zum angeblich neuesten Internet-Kommunique der Islamischen Armee wohlweislich zurück.

Der obskure Fall mit dem "schwierigen Kontext" ruft unterdessen jene auf den Plan, die Geheimnisse und Verschwörungen lieben. So gibt es Spekulationen, die darauf schließen lassen, dass die "Islamische Armee im Irak", von deren Existenz man bis vor wenigen Wochen nichts wusste, womöglich keine "radikal-islamische Gruppe" sei, die sich aus Irakern, die salafitisch gesinnt sind, wie lange angenommen, zusammensetzt, sondern eine Gruppe mit diffusen Verbindungen zum irakischen Ministerpräsidenten Allawi und – so wird angedeutet – zu den Amerikanern. Ziel der Entführung sei mithin, den Franzosen, die sich bislang weigerten, sich beim religiös motivierten "Krieg der Zivilisationen" auf der Seite der Koalition zu engagieren, klarzumachen, dass der "Terrorismus" auch den Kriegsgegner Frankreich nicht verschonen würde, weshalb es an der Zeit sei, den richtigen Platz an der richtigen Seite einzunehmen. Man darf demnach gespannt sein, wie die "wahren Bilder" der irakischen "Résistance", welche die beiden französischen Journalisten aus freien Stücken zu liefern zugesagt haben, aussehen werden. Der Logik der "Hintergrundanalyse" der französischen Webseite Reseau Voltaire zufolgte, müssten es Bilder sein, über die sich Allawi und die Amerikaner freuen könnten. Oder ist da doch jemand ganz anderes am Werk?