Für eine allgemeine, einheitliche und solidarische Bürgerversicherung
Seite 2: Schlussfolgerungen
1. Da Menschen in Gesellschaften mit mehr sozialer Gleichheit in körperlicher und seelischer Hinsicht gesünder leben, sind alle Maßnahmen zum Abbau der sozialen Ungleichheit auch Beiträge zur gesundheitlichen Prävention, d. h., auch Beiträge zur Prävention lebensstilbedingter chronischer Krankheiten.
2. Vom Abbau der sozialen Ungleichheit profitieren alle Schichten der Gesellschaft.
3. Zu diesen Maßnahmen gehören einerseits z. B. die Einführung eines armutsfesten Mindestlohns, einer Mindestsicherung statt Hartz IV beziehungsweise dem Bürgergeld und einer Mindestrente und andererseits z. B. eine höhere Besteuerung der Reichen (Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuer) mit entsprechender Umverteilung und mehr Ausgaben für die Bildung.
4. Lebensstilbedingte chronische Krankheiten sind heute entscheidend für die Lebensdauer und Lebensqualität der meisten Menschen in Deutschland.
5. Deshalb sollte die Prävention lebensstilbedingter chronischer Krankheiten eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein. Vorrangiges Ziel ist dabei die Senkung der Zahl chronisch Kranker.
6. Diese liegt im Interesse nicht nur der unteren, sondern aller Einkommensschichten.
7. Sie erfordert eine Lebensstilwende durch den umfassenden Einsatz von verhaltenspräventiven Maßnahmen zur Primärprävention, Sekundärprävention und Verhältnisprävention lebensstilbedingter chronischer Krankheiten.
8. Damit alle medizinisch-notwendigen Leistungen auf Dauer finanziert werden können und zugleich das Recht auf Gleichheit bei der medizinischen Versorgung sichergestellt werden kann, muss die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu einer einheitlichen und solidarischen Bürgerversicherung erweitert werden.
9. Ein Mehr an Gerechtigkeit und Solidarität bei der Gesundheitsversorgung erfordert ein Mehr an Gleichheit in der Gesellschaft.
10. Für diese wichtige sozialpolitische Debatte haben die Befunde von Wilkinson und Pickett viele neue und überzeugende Argumente geliefert.
11. Dieser Begründungszusammenhang sollte in der Gesellschaft und besonders auch bei der gesellschaftspolitischen Linken und den Gewerkschaften größere Beachtung finden und für die notwendige gesellschaftliche Debatte genutzt werden.
12. In der Medizin ist eine Neuorientierung hin zu mehr Prävention von chronischen Krankheiten notwendig, denn einseitig kurativer Fortschritt kann jede Gesellschaft, die ein Recht auf Gleichheit bei der Gesundheitsversorgung anerkennt und das Ziel hat, diese zu gewährleisten, auf die Dauer überfordern.
Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin – Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit.
E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de
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