Gaskrieg mit Moskau: Armdrücken ohne Muskeln

Seite 3: Nur Floskeln und Durchhalteparolen

Das liegt auch daran, dass von den Verantwortlichen in Brüssel und den europäischen Hauptstädten bis auf Floskeln und Durchhalteparolen wenig konkrete Lösungsvorschläge kommen. Vor allem Staaten des Westbalkan sind weitgehend abhängig von den Energielieferungen aus Russland.

Und die Solidaritätszusicherungen an sie dürfen leiser werden, wenn sich die Gasspeicher leeren. Der Zusammenhalt dürfte schwinden, wenn Herbst und Winter nahen.

Nun will die Europäische Union eine Einkaufsplattform schaffen, um, wie es in Brüssel heißt, ihr Gewicht auf dem Gas-Weltmarkt zu stärken. Aber die Teilnahme ist freiwillig und es stehen wettbewerbsrechtliche Einwände im Raum. Kaum jemand kann ernsthaft davon ausgehen, dass dieses Instrument die wirtschaftliche Unabhängigkeit vom russischen Energiemarkt kurzfristig wie nachhaltig zu stärken fähig ist.

Selbst deutsche Diplomaten, also wahrlich keine "Putin-Versteher", warnten bei internen Beratungen in Brüssel vor einer strikten Verweigerungshaltung gegenüber Russland. Dies, so fügten sie an, könnte schließlich zu Unterbrechungen der Lieferungen führen.

Die fehlende Glaubwürdigkeit der Europäischen Union im Gasstreit ist nicht nur verheerend, weil sie ihre Fähigkeit schwächt, Russland ökonomisch unter Druck zu setzen. Sie setzt auch das Wohl ihrer Bürger aufs Spiel.

Intelligente Politik hätte erst die Grundlagen für eine energiepolitische Unabhängigkeit von Moskau gesorgt, um es dann auf ein Kräftemessen ankommen zu lassen. So aber werden die Boykottdrohungen von der russischen Führung kaum erst genommen; ein Bumerang-Effekt dürfte sich einstellen.

Verlierer sind am Ende die Menschen in der Ukraine, die der militärischen Aggression, wenn das Scheitern der westeuropäischen Staaten offensichtlich wird, noch machtloser gegenüberstehen. Und die Menschen in der Europäischen Union, die die wirtschaftlichen Folgen schultern müssen. Das Konfliktpotenzial ist in beiden Fällen enorm.