Gen-Fische mit hohem Fleischansatz

Seite 2: Kommen bald Patente auf neue Gentechnik?

In der EU könne es bald zu einer ähnlichen Entwicklung kommen. Geht es nach aktuellen Plänen der EU-Kommission, so soll der Einsatz der Gen-Schere CRISPR/Cas weitgehend dereguliert werden.

Kürzlich verhandelte das Europäische Patentamt (EPA) über ein Patent auf die Gen-Schere CRISPR/Cas (EP 3401400), an dem auch die Nobelpreisträgerinnen Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier beteiligt sind. Eine Entscheidung wird frühestens Mitte Februar 2022 erwartet.

Weil die Patentansprüche unter anderem Eingriffe in die menschliche Keimbahn und befruchtete Eizellen umfassen und somit auch Tiere und Pflanzen betroffen sind, legte Test Biotech aus ethischen Gründen Einspruch ein. Die Wissenschaftler warnen vor hohen wirtschaftlichen Erwartungen, die mit der Verwertung von Patenten einhergehen.

Zudem stellen sich auch ethische Fragen, die über das Patentrecht hinausgehen. Innerhalb der EU geht es vor allem auch um eine Reihe von Patenten auf Anwendungen in der Landwirtschaft der EU. So wurde vor allem die Verwendung der so genannten New Genomic Techniques in Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen untersucht, die zu Lebensmitteln verarbeitet oder in industriellen und Pharmaprodukten Anwendung finden. Vor allem geht es um die Frage, inwieweit die Neue Gentechnik einen "Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten" und wie "Bedenken ausgeräumt" werden können.

Gleichzeitig üben Institutionen und Unternehmen, die diese Patente anmelden, Druck auf die Politik aus, um die Zulassung gentechnisch veränderter Organismen zu beschleunigen. So wird von verschiedenen Seiten gefordert, das deutsche Embryonenschutzgesetz zu lockern.

Gentech-Bakterien gefährden die Lebensmittelsicherheit

Seit einiger Zeit werden gentechnisch veränderte Bakterien auch verwendet, um Enzyme und Vitamine für die Lebensmittelindustrie zu produzieren. Dabei gelangen die Gen-Bakterien immer wieder unbeabsichtigt in die Prozesse der Lebensmittel- und Futtermittelherstellung, wie Wissenschaftler kürzlich herausfanden.

So wurden in den letzten Jahren in rund 20 EU-Ländern mehr als ein Dutzend Fälle entdeckt. Die gentechnisch veränderten Bakterien verfügen über Resistenzgene gegenüber Antibiotika, die mit Darmbakterien ausgetauscht werden können. Kürzlich wurden lebensfähige Gen-Bakterien unter anderem in Proben von so genannten Proteasen entdeckt, die als Enzyme zur Verarbeitung von Lebens- und Futtermitteln eingesetzt werden. Im konkreten Fall handelte es sich um chinesische Import-Produkte.

Im Erbgut der untersuchten Bakterien fanden sich unter anderem Genkonstrukte, die Resistenzen gegenüber mehreren Antibiotika enthielten. In der EU gilt in diesem Fall Null-Toleranz im Endprodukt. Das heißt, die Produkte dürfen nicht mit der DNA von Gentechnik-Bakterien verunreinigt sein. Andernfalls kann es zu einer Übertragung von genveränderten Bakterien auf pathogene Keime kommen. Einen solchen Fall beschrieben belgische Wissenschaftler in einer aktuellen Studie

Zudem fanden sich zusätzliche Genkonstrukte und fehlerhafte Genkopien an unerwarteten Stellen im Erbgut der Mikroben. Hierin lägen erhebliche Risiken für die Lebensmittelsicherheit und die öffentliche Gesundheit, schreiben die Autoren.

In einem früheren Fall von 2018 hatte die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) bereits gesundheitliche Risiken durch die Kontamination mit Gen-Bakterien festgestellt. Damals fand man lebensfähige Bakterien in Futtermitteln, die zur Produktion von Vitaminen eingesetzt wurden. Auch 2020 wurden in Proben von Amylase-Enzymen, die vor allem in Backwaren verwendet werden, Spuren von genveränderten Bakterien gefunden. Viele der verunreinigten Produkte stammten aus Deutschland.

Allerdings kann mit den aktuellen Nachweisverfahren nur ein Teil der möglichen Fälle entdeckt werden. Die Anzahl der tatsächlichen Fälle bleibt im Dunkeln. Wissenschaftler fordern daher, geeignete Nachweisverfahren für jede Zulassung zur Verfügung zu stellen.

Zwar müssen die Enzyme seit einigen Jahren eine Risikobewertung durchlaufen, diese jedoch deckt längst nicht alle relevanten Bereiche ab. So bleibt unklar, inwieweit die Enzyme in den fertigen Lebensmitteln noch aktiv sind. Zudem werde der Einsatz auf den Produkten nicht gekennzeichnet. Sollte die EU-Kommission die gesetzlichen Vorgaben im Zusammenhang mit der Neuen Gentechnik lockern, könnten sich die Probleme durch fehlende Nachweisverfahren weiter verschärfen, geben die Autoren von Test Biotech zu Bedenken.

Anstatt mehr Gentechnik braucht es einen Systemwandel

In die neuen Gentechnikmethoden werden große Hoffnungen gesetzt: Sie sollen zur Ernährungssicherung, zum Erhalt der Artenvielfalt und zur Klimaanpassung der Landwirtschaft beitragen. Diese Erwartungen seien unrealistisch und basieren größtenteils auf reinen Annahmen, kritisiert Jan Plagge vom Bioland-Verband.

Denn die Agro-Gentechnik betrachtet nur Ausschnitte der Probleme und vernachlässigt die Gesamtproblematik. Daher seien alte und neue Gentechnikmethoden mit erheblichen Risiken für Organismen, Stabilität der Ökosysteme und unsere Lebensgrundlagen verbunden. Der Bioland-Präsident fordert eine strenge Regulierung mit Risikoprüfung und transparenter Kennzeichnung.

Landwirte und Verbraucher sollen erkennen, in welchen Produkten gentechnisch veränderte Organismen eingesetzt wurden. Vorsorgeprinzip und Transparenz seien ausreichend, um die Anwendung der neuen Gentechniken zu regulieren, glaubt der Bioland-Präsident. Bioland setze sich auf EU- und Bundesebene dafür ein, dass diese Regulierung, wie sie auch im aktuellen EU-Gentechnikrecht verankert ist, bestehen bleibt. In diesen Bestrebungen erhofft sich Plagge von der neuen Bundesregierung nun wirksame Unterstützung.

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