George W. B. gegen die Eva des Bösen

Der mächtigste Mann der Welt und seine Probleme mit Frauen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Das schöne Geschlecht wird im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf eine entscheidende Rolle spielen. Das hat Tradition in den USA und beide Kandidaten versuchen im laufenden Wahlkampf, die Frauen für sich zu gewinnen. George W. Bush hat jedoch Probleme, die Amerikanerinnen für sich zu begeistern (Frauen waren für Gore, Männer für Bush) und allein ein Blick auf die Gesundheitspolitik zeigt, dass die Frauen gute Gründe für ihre kritische Position haben.

Präsident Bush setzt durchaus auf Frauen mit politischer Macht in seiner nächsten Umgebung (Retten ihn die "fünf Walküren"?), aber zunehmend organisieren sich Frauengruppen gegen ihn. Speziell die Afroamerikanerinnen, die weiblichen Singles und die gut ausgebildeten Karrierefrauen tendieren eher zum demokratischen Kandidaten John Kerry. Verschiedenste Gruppen des angeblich schwachen Geschlechts machen im Netz mobil – pro und contra Bush (Frauen sind von der Venus, Bush will auf den Mars). Die originellsten Ideen finden sich auf den Seiten der Kritikerinnen, selbst Unterwäsche wird dort zum Träger von witzigen Anti-Bush-Parolen (Mit Schlüpfern gegen George W. Bush).

Our Bodies, Ourselves

Das Recht der Frauen auf ihren eigenen Körper, Abtreibung und Gesundheit haben in der Neuen Frauenbewegung immer eine herausragende Rolle gespielt. George W. Bush führt seit seinem Amtsantritt einen Kreuzzug gegen Schwangerschaftsabbrüche. Im April diesen Jahres protestierten mindestens 800.000 Frauen mit einem Marsch in Washington gegen diese Politik (March for Women's Lives).

Der Präsident ist extrem konservativ und religiös, seit seinem Amtsantritt hat er systematisch Gelder für Familienplanungsorganisationen gestrichen, die direkt oder indirekt mit Schwangerschaftsabbrüchen zu tun haben. Sexualaufklärungskampagnen wurden ausgesetzt, stattdessen investiert die US-Administration allein in diesem Jahr 140 Millionen Dollar zur Unterstützung von Keuschheits- und sexuellen Abstinenzbewegungen (Bitte keinen Sex vor der Ehe, wir sind Amerikanerinnen). Enthaltsamkeit statt Verhütungsmittel, das soll Kindern und Jugendlichen vermittelt werden – selbst im internationalen Kampf gegen AIDS setzt die US-Regierung auf Abstinenz statt Kondom (Oberstes Reinheitsgebot).

Bitte nicht auf die Brust klicken: "Axis of Eve"

Ein Symbol für die Haltung der Bush-Aministration in Sachen Frauenkörper und Verständnis von Sexualität ist die Verhüllungsaktion von Justizminister John Ashcroft, der auf keinen Fall mit der nackten Brust einer Justizia-Statue zusammen fotografiert werden wollte (Curtains for semi-nude justice statue).

Einige Kommentatoren sprechen bereits von einem Kulturkampf der Moralhüter rund um den Präsidenten, der in den Medien zur Zensur führt. Jüngstes Opfer ist der populäre und provokante Radiomoderator Howard Stern, der sich das aber nicht gefallen lassen will und jetzt gegen Bush mobilisiert.

Krieg gegen Frauen

2001 erließ Präsident Bush die "Global Gag Rule" (offiziell: Mexico City Policy), durch die nichtstaatliche Organisationen weltweit kein Geld mehr erhalten, wenn sie in irgendeiner Form mit Abtreibungen zu tun haben. Ein herausragendes Beispiel der Gesundheitspolitik der aktuellen US-Regierung. Steven Sinding, Generaldirektor des Dachverbandes der Familienplanungsorganisationen International Planned Parenthood Federation (IPPF) kommentierte Anfang des Jahres die Situation:

"Wir nutzen den dritten Jahrestag der ‚Global Gag Rule’, um die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf eine Reihe von dramatischen Ereignissen zu lenken, die George Bushs feste Entschlossenheit zeigt, Frauen ihre sexuellen und reproduktiven Rechte zu verweigern. Die Politik der Bush-Administration gegen Frauen ist ein Ausdruck extremer Frauenverachtung. Diese Missachtung von grundlegenden Menschenrechten von Frauen kann nur als Krieg gegen Frauen bezeichnet werden."

Adrienne Germain, Präsidentin der International Women's Health Coalition bringt jetzt aktuell die Fakten unter der drastischen Überschrift "Playing Politics with Women’s Lives" als Editorial im Wissenschaftsmagazin Science nochmals auf den Punkt.

Im Mai 2004 entschied die Food and Drug Administration (FDA) überraschend, dass die "Pille danach" auch weiterhin rezeptpflichtig bleibt, obwohl ein Beraterausschuss der Organisation sich noch im Dezember mit großer Mehrheit für einen direkten Verkauf ohne ärztliche Verschreibung ausgesprochen hatte. Beobachter führen den FDA-Beschluss auf Interventionen der konservativen US-Regierung zurück. Adrienne Germain lässt in ihrem Kommentar keinen Zweifel:

"... [diese Entscheidung] ist ein weiteres beunruhigendes Beispiel für den wachsenden Einfluss von Politik und Ideologie auf die Wissenschaft und Gesundheitspolitik. Die Entscheidung der Behörde, die im Gegensatz zu den Empfehlungen des externen Beraterstabs und der eigenen Wissenschaftler steht, verdeutlicht die wachsende Diskrepanz zwischen dem gesunden Menschenverstand und der Politik der USA, die die Gesundheit von Frauen und Mädchen weltweit gefährdet."

Die "Pille danach", um deren rezeptfreien Verkauf auch in Deutschland noch gerungen wird (Bayern lehnt rezeptfreien Verkauf der "Pille danach" ab), ist ein schonender Schutz vor ungewollter Schwangerschaft und bereits in mehr als dreißig Ländern frei erhältlich.

Gerade in den USA wäre eine Freigabe dieser Hormonpillen, die bis zu 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden können sinnvoll, um die hohe Zahl der Teenager-Schwangerschaften zu reduzieren. Nirgends in den Industriestaaten werden mehr Jugendliche schwanger, rund 900.000 US-Teenager sind es pro Jahr und in 80 Prozent der Fälle geschieht das ungewollt. Zurzeit bringen 5,3 Prozent der amerikanischen Mädchen im Alter zwischen 15 und 19 Jahre ein Kind zur Welt und viele sind emotional und von ihrer wirtschaftlichen Situation her damit völlig überfordert. Sie brechen die Schule ab, haben verstärkt gesundheitliche Probleme und ihre Babys sind untergewichtig und oft krank. Die US-Regierung kennt diese Fakten und setzt trotzdem auf Ideologie statt auf Realität. Und dass nicht nur innerhalb der USA, sondern überall auf der Welt.

"Mama hat mich nicht abgetrieben. Und nun kann ich auch in einem Krieg sterben, so wie sie." (Bild: Whitehouse.org)

Die "Global Gag Rule" ist die Basis dieser Politik. Das Ausbleiben der US-Unterstützung führte z.B. in Ghana unter anderem zur Einstellung des HIV-Präventionsprogramms für 700.000 Menschen.

2002 setzten sich Vertreter der Bush-Administration auf der Welt-Kinder-Konferenz der UNO gegen Sexualaufklärung und Kondome als Schutz vor AIDS ein. Und seit zwei Jahren blockiert die Regierung außerdem die Zahlung von 34 Millionen Dollar an den Weltbevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), der für Familienplanungsberatung sowie Schwangeren- und Kindergesundheitsversorgung in 140 Ländern zuständig ist. Als Begründung dient die Behauptung, die UNFPA hätte erzwungene Schwangerschaftsabbrüche in China finanziert, was nachweislich nicht stimmt.

Die International Women’s Health Coalition hat auf ihrer Website umfangreiche Fakten zu "Bush's Other War: The Assault on Women's Sexual and Reproductive Health and Rights” zusammen getragen. Adrienne Germain kommt zu dem Fazit:

"Als Nation reden wir sehr viel über Mitgefühl, aber die US-Politik riskiert das Leben von jungen Frauen, indem sie Gesundheitsstrategien verfolgt, die von Ideologen entworfen wurden, die soziale Realitäten und die besten medizinischen Verfahren ignorieren. Mit Sicherheit verdienen unsere jungen Frauen – und die in aller Welt – besseres."