Geron kauft die Dolly-Technik
Sammeln von Patenten und Techniken für das Geschäft mit dem menschlichen Ersatzteillager
Nachdem das Roslin-Institut bereits letztes Jahr im Zuge der Erfolge der Klonierungstechnik, mit der Dolly geschaffen wurde, das Roslin Bio-Med gegründet hatte, um die Zukunftstechnik richtig vermarkten zu können, ist es jetzt vom biopharmazeutischen Konzern Geron aufgekauft werden, der Patente sammelt, um im Geschäft mit biotechnologisch hergestellten Ersatzteilen für den Menschen ganz vorne zu stehen.
Geron besitzt bereits zwei entscheidende Techniken. Letztes Jahr ist es gelungen, menschliche Stammzellen zu züchten, aus denen sich im Prinzip jedes Gewebe und jedes Organ entwickeln kann, und man steht ganz vorne an der Front bei der Erforschung der Telomerase, einem Enzym, das es Zellen erlaubt, sich öfter und vielleicht auch unendlich weiter zu replizieren, weswegen es von manchen auch als das "Unsterblichkeitsenzym" bezeichnet wurde. Geron konnte die Komponenten der menschlichen Telomerase klonen. Zu den vielen Patenten aus diesen beiden Grundtechniken kommt jetzt noch die Übertragung des Zellkerns, wie sie von Ian Wilmut und seinen Kollegen am Roslin Institut entwickelt wurde. Dolly wurde mithilfe des Zellkerns einer ausgewachsenen Zelle geschaffen, der in eine entkerne Einzelle eingeführt wurde. Mit dieser Technik ließe sich aus den Zellen eines Menschen genetisch identische Tiere oder eben auch menschliche Zellen schaffen, die vom Immunsystem bei der Transplantation nicht abgestoßen werden.
Die Kombination dieser drei sich ergänzenden Techniken eröffnet ein breites Band an Möglichkeiten für die Transplantationsmedizin, die Herstellung von menschlichen Ersatzgewebe, die Behandlung von alterungsbedingten Krankheiten oder gar die Lebensverlängerung. Während Stammzellen sich praktisch zu allen Zellen entwickeln können, deren Lebensdauer durch Telomerase verlängert wird, ließe sich mit der Übertragung des Zellkerns die Abstoßung verhindern. Geron denkt beispielsweise an die Herstellung von Zellen, die Insulin produzieren, an Zellen vom Herzmuskel, von der Leber, vom Blut, von Knochen, Augen oder Haut. Die biotechnologisch geschaffenen Zellen könnten nicht nur in den menschlichen Körper eingesetzt werden, mit ihnen ließe sich auch die Wirksamkeit von pharmazeutischen Produkten oder von Giften testen, aber auch ein in vivo Modell zur Entwicklung von neuen pharmazeutischen Produkten schaffen. Ian Wilmuth, der am Verkauf nicht schlecht verdient, meint: "Schon für sich haben menschliche Stammzellen, Telomerase-Expression und Übertragung des Zellkerns das Potential, unsere Möglichkeiten, viele Krankheiten zu behandeln und selbst zu heilen, entscheidend zu vergrößern. Zusammen wird dieses Potential noch sehr viel größer."
Roslin Bio-Med wird durch den Kauf zu einem Tochterunternehmen von Geron und erhält den neuen Namen Geron Bio-Med. Geron sicherte 20 Millionen Dollar an Forschungsgeldern für die nächsten sechs Jahre zu. Die Vereinigung der beiden Firmen "mit bedeutendem geistigem Eigentum an komplementären Techniken" verspricht nach Ronald Eastman, dem Präsidenten von Geron, die Möglichkeit eines medizinisches Durchbruches. Man werde weitere Kooperationen mit Instituten und Firmen suchen, um die Anwendungen der Techniken zu erweitern. Man sei sich überdies der ethischen Probleme bei diesen Techniken bewußt, werde sie verantwortlich einsetzen und unterstütze überdies das gegenwärtige Verbot, Menschen zu klonen. Roslin Bio-Med wurde vom Roslin Institut auf der Grundlage einer exklusiven Lizenz gegründet, die Technik der Übertragung des Zellkerns für alle biomedizinischen Anwendungen bei Tieren und Menschen zu entwickeln, aber keine Menschen zu reproduzieren. Allerdings hatte Wilmuth zu Beginn des Jahres davon gesprochen, doch auch menschliche Embryonen klonen zu wollen. Die Lizenz zur Herstellung von therapeutischen Proteinen etwa in der Milch von transgenen Kühen wurde schon zuvor an PPL Therapeutics verkauft.