Giorgia Meloni: Italiens gefährlichste Frau oder Verteidigerin der Tradition?

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Eingeengter Diskurs von rechts: In Italien fürchten kritische Journalisten die verstärkte Kontrolle der Medien durch die Regierungschefin. Ein Kommentar.

Wie gefährlich ist Giorgia Meloni? Die Sympathie der italienischen Premierministerin für den ungarischen Ministerpräsidenten Orban, für die rechtsextreme spanische Partei Vox und ihre Duldung des typischen römischen Grußes bei einigen rechten Demonstrationen geben Anlass zu Unbehagen.

Im August 2022, kurz vor ihrer Wahl zur Regierungschefin, ging die englischen Wochenzeitung The Spectator der Frage nach: "Ist Giorgia Meloni die gefährlichste Frau Europas?"

Dem Magazin gegenüber – konfrontiert damit, dass die Partei Fratelli d’Italia, die sie mitbegründet hat, als "unbestrittene Erben Mussolinis" gelten –, erklärte sie:

Als wir die Fratelli d’Italia gegründet haben, haben wir sie als Mitte-Rechts-Bewegung gegründet, die ihren Kopf hochhält. Wenn ich etwas bin, erkläre ich es. Ich verstecke mich nie. Wenn ich Faschist wäre, würde ich sagen, dass ich Faschist bin. Stattdessen habe ich nie von Faschismus gesprochen, weil ich kein Faschist bin.

Giorgia Meloni, Spectator

Tatsache ist, dass Melonis politischer Aufstieg in Europa wirklich beispiellos verlaufen ist: Vor zehn Jahren, bei den Europawahlen 2014, lag sie bei 3,67 Prozent der Stimmen. Bei den Europawahlen 2024, erreichte sie mit 28,8 Prozent den höchsten Prozentsatz aller Parteien.

Die Untersuchung von Fanpage.it

Fanpage.it, ein italienisches Online-Magazin, hat Mitte Juni enthüllt, was sich hinter den Kulissen der Partei Fratelli d'Italia abspielt. Einer Journalistin gelang es dabei zu filmen, was sich bei den Treffen der Jugendbewegung abspielt. Man sieht unter anderem, wie die jungen Leute den Duce preisen und den römischen Gruß mit dem lauten Ruf: "Sieg Heil" zelebrieren, also eine Feier zu Ehren des Faschismus. Meloni kommentierte das so:

Wir haben uns gefragt: Warum ist das in 75 Jahren republikanischer Geschichte nie passiert? Warum hat Fanpage das nur mit Fratelli d‘Italia gemacht? Ich schäme mich nicht für die Tatsachen. Sie verdienen es, kommentiert zu werden, da gibt es keine Zweideutigkeit meinerseits. Aber warum ist in 75 Jahren niemand auf die Idee gekommen, sich in eine politische Partei zu infiltrieren und ihre Sitzungen heimlich zu filmen? Ist das erlaubt? Meine Frage richtet sich an die politischen Parteien, den Präsidenten der Republik.

Georgia Meloni

Die italienische Ministerpräsidentin bestätigte, dass sie von diesen Vorfällen in der Jugend ihrer Partei nichts gewusst habe und bekräftigte, dass faschistische und antisemitische Äußerungen weder Teil der Fratelli d'Italia seien, noch im Einklang der politischen Linie der Partei stünden.

Eine Frau des Volkes

Giorgia Meloni hat von Anfang an betont, dass sie eine Frau aus dem Volk ist, eine Mutter wie viele andere Frauen, eine Christin, und sie möchte Giorgia genannt werden. Ihre Botschaft lautete immer: "Ich bin eine von euch".

Eine trügerische Haltung, und genau das ist die Gefahr. Während die Partei Fratelli d'Italia in Italien als Mitte-Rechts-Partei gilt, wird sie im Ausland als rechtsextreme Partei wahrgenommen.

Man schaue sich nur das Symbol der Partei an: Die Flamme mit der Trikolore hat ihre Wurzeln im Faschismus. Viele Parteimitglieder, darunter Abgeordnete, Regionalräte und viele andere Mitwirkende, lehnen die faschistische Periode nicht ab, sondern scheinen fast stolz darauf zu sein, diesen Ursprung zu haben.

Das Symbol der Partei erinnert an den Movimento Sociale Italiano (MSI), eine neofaschistische Partei aus den 1970er/80er Jahren. Giorgia Meloni hat versucht, sich von diesen Wurzeln zu distanzieren und ihre Partei als konservative und patriotische Bewegung darzustellen, aber die Vergangenheit der Partei und einige ihrer politischen Positionen geben Anlass zur Sorge bei denjenigen, die eine Rückkehr autoritärer oder extremistischer Ideologien befürchten.

Die Bedenken beziehen sich vor allem auf die Haltung der Partei zur Einwanderung und zur Sicherheit. Das Problem der Einwanderung ist sicherlich nicht einfach zu lösen, aber Meloni hat eine harte Linie verfolgt, indem sie die Schließung der Grenzen befürwortet hat, was als Gefahr für die Menschenrechte und den sozialen Zusammenhalt angesehen werden kann.

Es wird befürchtet, dass ihre Vorschläge zu institutionellen Reformen zu einer Machtkonzentration und damit zu einem Abbau der demokratischen Kontrolle führen könnten. Giorgia Meloni hat sich als konservativ erwiesen, insbesondere in der Frage der Abtreibung. Ihr ausgeprägter Nationalismus und ihre antieuropäische Rhetorik könnten die Spaltung Italiens verstärken und es international isolieren, so die Sorge ihrer Kritiker.

Ihre Anhänger sehen in Meloni dagegen eine Führungspersönlichkeit, die die traditionellen italienischen Werte, die nationale Souveränität und die kulturelle Identität verteidigt und dem entgegenwirkt, was sie als globalistische Tendenz und übermäßige Offenheit gegenüber äußeren Einflüssen empfinden.

Die Kontrolle über die Medien

Ob Giorgia Meloni gefährlich ist oder nicht, nur eine Frage der Perspektive?

Einerseits gibt es diejenigen, die in ihr eine Bedrohung für die Demokratie und die Bürgerrechte sehen, und andererseits diejenigen, die in ihr eine notwendige Verteidigerin der italienischen Tradition und Souveränität sehen.

Tatsache ist, dass die Sorge um die Pressefreiheit in Italien unter Meloni zunimmt. Während die Warnungen von EU-Institutionen und Aufsichtsgremien über den Zustand der italienischen Medienlandschaft zunehmen, hat die italienische Premierministerin ein Machtwort gesprochen und darauf bestanden, dass es kein Problem mit der Pressefreiheit gibt.

Vielmehr behauptet sie, dass es die Journalisten sind, die die Wahrheit manipulieren. Dass es eine hartes Durchgreifen gegen die Medien gebe, sei lediglich eine Behauptung. Das sehen kritische Journalisten anders.

Unter Melonis Führung wurden mehrere Fälle bekannt, in denen Journalisten öffentlich unter Druck gesetzt oder eingeschüchtert wurden. "Das Verklagen von kritischen Stimmen war in Italien lange nicht so in Mode wie derzeit", so das ZDF.

Dies schafft ein Klima der Angst und Selbstzensur unter Journalisten.

Kritiker werfen Meloni zudem vor, die Unabhängigkeit des staatlichen Rundfunks (RAI) zu untergraben. Es wurde bemängelt, dass die Regierung zunehmend Einfluss auf die Inhalte ausübt und regierungskritische Stimmen marginalisiert werden.

Es gibt Beispiele von investigativen Journalisten, die aufgrund ihrer Recherchen über die Verbindungen zwischen Melonis Partei und rechtsextremen Gruppen unter Druck gesetzt wurden. Diese Journalisten berichten von gezielten Diffamierungskampagnen und Drohungen.