Glyphosat: Der schwierige Abschied vom Ackergift

Seite 2: So stark ging der Insektenbestand seit 1990 zurück

Was die Insekten angeht, drängt allerdings die Zeit – daran erinnert anlässlich der jetzt auf EU-Ebene anstehenden Entscheidung die Umweltschutzorganisation WWF. Bereits vor fünf Jahren hatte der Entomologische Verein Krefeld eine alarmierende Studie veröffentlicht: Die Biomasse flugaktiver Insekten in Naturschutzgebieten hatte demnach innerhalb von 27 Jahren um mehr als 75 Prozent abgenommen. Die Pestizidbelastung gilt als eine der Hauptursachen.

"Neuere Studien zeichnen in Teilen sogar ein noch dramatischeres Bild", erklärt Dr. Peter Weißhuhn, Projektleiter Insektenschutz des WWF Deutschland. "Die Herausforderungen sind also nicht geringer geworden. Wir müssen es schaffen, die Ursachen des Insektensterbens wie den Verlust der natürlichen Lebensräume, die intensive Landwirtschaft, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die Klimakrise und die Lichtverschmutzung gleichzeitig und umfassend zu vermindern."

Die Organisation fordert daher den Glyphosat-Ausstieg bis 2023 "ohne Ausnahmen". Generell müsse der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft bis 2030 um mindestens 50 Prozent reduziert werden.

Glyphosat ist seit 1974 in Deutschland zugelassen. Als Wirkstoff auf den Markt gebracht wurde es unter dem Namen Roundup vom inzwischen von der Bayer AG übernommenen US-Konzern Monsanto.

Ab 2019 wurde durch Recherchen des Vereins LobbyControl bekannt, dass Monsanto verdeckt Studien zum Nutzen von Glyphosat finanziert hatte, um die seit Jahren laufende Ausstiegsdebatte im Sinne des Konzerns zu beeinflussen.

Schädliche Wirkung auch auf Kulturpflanzen

Das Bundeslandwirtschaftsministerium selbst weist darauf hin, dass der Wirkstoff nicht selektiv ist und daher nicht nur im Unkraut, sondern auch in jeder getroffenen Kulturpflanze wirkt: "Glyphosat kann daher nicht während des Wachstums von Kulturpflanzen angewendet werden, da es auch diese schädigen oder abtöten würde."

Die aktuelle Bundesregierung begründete ihre Enthaltung im zuständigen EU-Ausschuss damit, dass sie der EU-Kommission bei der formal-administrativen Verlängerung der Glyphosatzulassung um einen kurzen Zeitraum "nicht im Weg stehen" wolle.

Die Verlängerung sei auch nötig, um "die Standhaftigkeit der fachlichen Entscheidung über eine Erneuerung oder Nicht-Genehmigung im Rahmen gerichtlicher Überprüfungen zu gewährleisten". Schließlich solle eine fachliche Entscheidung nicht aufgrund von Form- oder Verfahrensfehlern anfechtbar sein.

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