Griechenland: Banken gerettet - immer mehr Flüchtlinge ertrinken

Seite 2: Regierung will paralleles Bankensystem aufbauen

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Bei der Debatte um die Bankenrettung waren sich die Oppositionsparteien Nea Dimokratia, PASOK, die Union der Zentristen und To Potami einig, dass die systemischen Banken im Sinn der Rettung des Vaterlands unbedingt am Leben zu erhalten seien. Daher wurde das von Finanzminister Tsakalotos eingereichte Gesetzesvorhaben unterstützt. Es hagelte jedoch auch massiv Kritik am Regierungsstil Alexis Tsipras und an dessen Finanzpolitik.

Seitens der Nea Dimokratia warf der noch amtierende Parteichef Vangelis Meimarakis der Regierung vor, diese habe mit ihren eklatanten Schwächen in der Wirtschaftspolitik und vor allem wegen Yanis Varoufakis den Milliardenschaden bei den Banken verursacht. Auf das als urbane Legende kolportierte Zitat vom Tag der Bankenschließung, als Varoufakis seiner Frau auf Englisch gesagt haben soll, "Darling, I've just closed the banks" setzte Meimarakis noch einmal drauf und meinte "Darling, zahl nun bitte. Aber nein, die Zahlung übernimmt ja der Steuerzahler."

Bild: W. Aswestopoulos

Das auch von den anderen Vertretern der Opposition geübte - neudeutsch allgemein als Bashing klassifizierte Verhalten brachte Finanzminister Euklid Tsakalotos in Rage. Er ergriff das Wort und verteidigte seinen persönlichen Freund, der mittlerweile selbst gegen SYRIZA wettert. "Man könnte Varoufakis vielleicht auch noch die zwei Niederlagen der griechischen Fußballnationalmannschaft gegen die Vertretung der Färöer Inseln anlasten", giftete Tsakalotos.

Vizepremier Giannis Dragasakis übernahm dagegen den Part, die Wirtschaftspolitik zu verteidigen. Er verwies darauf, dass die griechischen Finanzinstitute auch bei den Stresstest nach der letzten Rekapitalisierung und noch unter Antonis Samaras im Herbst 2014 kläglich scheiterten (Samaras feiert das Scheitern der griechischen Banken!).

Zudem erklärte Dragasakis öffentlich, dass seine Regierung ein neues Bankensystem parallel zu den von den Kreditgebern kontrollierten systemischen Banken aufbauen möchte. Dieses Parallelsystem, welches im Kern aus der Attika Bank und den kleineren genossenschaftlichen Banken des Landes bestehen soll, würde dann als Gerüst für das parallele System dienen. Dragasakis nannte zudem die Gelder für die Banken als notwendig, sie seien aber nicht ausreichend. Die Opposition wittert eine Verschwörung und beschuldigte Dragasakis zu "Varoufaken".

Die weiteren Risiken für die Banken

Die Troika pocht bei den faul gewordenen Krediten auf eine rasche Pfändung aller vorhandenen Sicherheiten bei den Kreditnehmern. Zu diesem und für die Zwecke der Vermögensbesteuerung sollen die Griechen künftig sogar den Inhalt ihrer Bankschließfächer deklarieren müssen. Zudem müssen sie bis Ende des Jahres insgesamt 13,5 Milliarden Euro an Steuern aufbringen. In den ersten Monaten des Jahres schaffte es der Fiskus gerademal 3,3 Milliarden Euro Steuern pro Monat einzutreiben. Die erhöhte Steuerbelastung dürfte die Zahlungsmoral gegenüber den Bankdarlehen weiter mindern, zumal immer noch wegen der Kapitalverkehrskontrollen eine Grenze von 420 Euro Abhebungen pro Person und Woche gelten.

Die von der Troika geforderte Pfändung würde bei den Immobilienkrediten achtzig Prozent der problematischen Kreditnehmer betreffen, beim Gegenvorschlag der Regierung wären es nur knapp zwanzig Prozent. Gegen Pfändungen spricht sich vor allem die Bankenwelt aus. Die Banker fürchten, dass eine massenhafte Pfändung von Immobilien zum von der Troika geforderten Marktwertpreis und nicht zum viel höheren Buchwert der Kredite den Immobilienmarkt vollkommen ins Bodenlose rutschen lassen würde. Zudem müssten die Banken dann auch noch den Unterhalt der aller Voraussicht nach allesamt nahezu unverkäuflichen Immobilien übernehmen.

Für die Verschwörungstheoretiker im Land steckt dahinter Methode. Sie behaupten steif und fest, dass die gepfändeten Immobilien dann für die Beherbergung der Flüchtlinge dienen würden. Nach dem Motto "Griechen raus, Flüchtlinge rein" fangen die rechtsnationalistischen Rattenfänger ihre Anhängerschaft.

Derweil ertrinken täglich immer mehr Flüchtlinge vor den griechischen Inseln. Fast jeden Tag gibt es Berichte von mehr als einem Dutzend Toten. Der Flüchtlingsstrom selbst reißt dagegen nicht ab. Es werden sogar immer mehr. Von Samstag bis Sonntag passierten ungefähr 7000 die Grenze von Griechenland in die EJR Mazedonien. In den Sommermonaten, als die Bootspassage noch sicherer war, waren es in der Regel weniger als 5000 pro Tag.