Griechenland: Menschenrechte SOS

Seite 2: Illegale Rückführungen, Raub und Gewalt - durch Polizeikräfte!

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In der Umgebung der Landgrenze zwischen der Türkei und Griechenland gibt es für legale und illegale Immigranten eine inoffizielle Tabuzone. Wer sie betritt und auf uniformierte Staatsdiener trifft, ist vor unliebsamen Überraschungen nicht sicher.

So wurden einem in Deutschland anerkannten syrischen Flüchtling die Reisepapiere entrissen, er selbst wurde zusammengeschlagen und ohne Papiere über den Evros-Fluss in die Türkei verfrachtet. Der Dreiundzwanzigjährige war am 30. November 2016 in den grenznahen Ort Didymotixos gereist, um nach seinem ebenfalls auf der Flucht aus Syrien befindlichen elfjährigen Bruder zu suchen. Seine deutschen Reisepapiere erlaubten ihm, innerhalb eines Jahres für insgesamt sechs Monate durch Europa zu reisen.

Die drei Polizeibeamten, die ihn aufgriffen, interessierte die Rechtslage herzlich wenig. Sie nahmen ihm die Papiere und sein Mobiltelefon ab und verfrachteten ihn gemeinsam mit anderen Beamten in eine Zelle mit fünfzig weiteren Leidensgenossen. Die deutschen Papiere und sein Telefon erhielt er nicht zurück, wohl aber seinen syrischen Ausweis. Den Beamten ging es offenbar darum, eine inoffizielle Rückabschiebungsquote zu erfüllen.

Den fünfzig Immigranten und Flüchtlingen wurden die Gesichter verhüllt und sie fanden sich nach kurzer Bootsreise über den Evros im türkischen Adrianopel wieder. Der Syrer schlug sich nach Istanbul durch und suchte dort die deutsche Botschaft auf. Er wurde zunächst darum gebeten, nach einer Woche erneut vorbei zu kommen.

Das tat er auch und erfuhr, dass er ein schriftliches, amtliches Protokoll des Vorfalls in Griechenland vorweisen müsse. Ein Ding der Unmöglichkeit. Woche für Woche rief der Mann in der Botschaft an und wurde immer wieder vertröstet, dass sein Fall untersucht würde.

Schließlich gelang es ihm am 25. Januar 2018 erneut nach Griechenland zu kommen - illegal. Dort kam er bis Athen und wartet nun darauf, dass die deutsche Botschaft ihm seine Reisepapiere verschafft. Es ist kein Einzelfall. Derartige Berichte über offenbar geheime Operationen staatlicher Sicherheitskräfte im Grenzgebiet häufen sich. Auch Schwangere werden nicht verschont. Eine im achten Monat schwangere Algerierin mit legalen vorläufigen Aufenthaltspapieren wurde in Alexandroupolis buchstäblich vor der Asylbehörde, wo sie einen Termin zur Anhörung hatte, festgenommen und in die Türkei gebracht.

Die Asylbehörde erstattete bei der Staatsanwaltschaft Anzeige wegen eines "illegalen Vorgangs". Ein Ergebnis dieses Verfahrens ist nicht bekannt.