Griechenland: Tourismus mit starken Einschränkungen

Bild: W. Aswestopoulos

CoVid19 meldet sich zurück

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Reisende aus Griechenland müssen sich künftig in Zypern einem CoVid-19-Test unterziehen. Sie kommen zunächst in häusliche Quarantäne. Mit dieser Entscheidung reagierte die Regierung der Republik Zypern auf die zuletzt stark ansteigenden Infektionszahlen in Griechenland. Zudem wurden in Zypern bei aus Griechenland ankommenden Personen Infektionen festgestellt, die in Griechenland nicht aufgefallen waren.

Der kritische R-Wert liegt nach Angaben des Chef-Virologen der Regierung, Professor Sotiris Tsiodras, nun exakt auf dem kritischen Wert 1.

Steigende Infektionszahlen

Derweil steigen die Infektionszahlen im Land. Ein Spitzenwert von 110 neuen Infektionen alarmierte am 1. August Politiker und Bürger. Es ist der bislang dritthöchste seit Beginn der Pandemie ermittelte Wert. Dieser Wert wurde am 4. August mit 121 gemeldeten Infektionen als neuem, dritthöchstem Wert übertroffen. Es ist seit Beginn der Pandemie das erste Mal, dass zwei Infektionszahlen über Hundert innerhalb von wenigen Tagen gemeldet wurden.

Zahlreiche neue Maßnahmen wurden erlassen. Weitere stehen in den nächsten Tagen an. Ein kompletter Lockdown wie im Frühjahr gilt noch als unwahrscheinlich. Lokale Lockdowns gehören dagegen durchaus zu den Maßnahmen, über die nachgedacht wird. Ebenfalls im Gespräch ist eine Erweiterung der Maskenpflicht auf sämtliche Bereiche außerhalb der eigenen Wohnung, auch im Freien.

Es gilt nun eine auf nahezu alle Bereiche des öffentlichen Lebens ausgeweitete Maskenpflicht. Führende Regierungsmitglieder, allen voran Premierminister Kyriakos Mitsotakis, zeigen sich auf ihren Profilen in sozialen Netzwerken demonstrativ mit Maske. Sie waren in den vergangenen Wochen bei öffentlichen Anlässen in der Regel ohne Maske aufgetreten.

Eine verschärfte Maskenpflicht gilt auch auf Zypern. Dort liegen die Strafen für Verweigerer mit 300 Euro pro Verstoß doppelt so hoch wie in Griechenland.

Erweiterte Maskenpflicht - Kontrollen und Strafen

Die griechische Polizei kontrolliert, zumindest in den Großstädten, intensiv die Einhaltung der Maskenpflicht. Sie stoppt Busse, inspiziert Geschäfte und stürmt sogar private Partys auf Urlaubsinseln.

Die Polizei kann ihre Präsenz jedoch nicht überall zeigen. So fahren Busfahrer in der Provinz mit dem Mund- und Nasenschutz am Kinn durch die Straßen. Bei zahlreichen Konzerten in der Provinz wird die vollkommene Missachtung sämtlicher Pandemieregeln beobachtet und von der Presse dokumentiert. So geschehen bei einem Konzert des zum erweiterten Umfeld der Corona-Leugner gehörenden Liedermachers Stamatis Kraounakis am 1. August. Vor Ort war auch der Vizegouverneur von Zentralgriechenland, der von regierenden Nea Dimokratia gestützte Georgios Kelaiditis. Auch er missachtete zum wiederholten Mal die Pandemiebestimmungen.

Zu den neuen Maßnahmen gehören unter anderen:

• Dass die Landgrenze nach Albanien bei Kakavia in der Nacht geschlossen wird. Damit soll eine bessere Überwachung durch Testteams ermöglicht werden. • Dass Reisende aus Albanien ab dem 16. August für sieben Tage in häusliche Quarantäne müssen. • Dass bei sozialen Ereignissen wie Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen bis zum 31. August eine Beschränkung auf maximal 100 Personen gilt. • Dass Betriebe der Nahrungsmittelindustrie stärker überwacht und auf Infektionen kontrolliert werden sollen. • Dass der Katastrophenschutz nun die Öffnungszeiten von Bars und Restaurants je nach Einschätzung der Infektionslage bestimmen kann.

Gäste in Bars und Lokalen dürfen sich nur noch sitzend darin aufhalten. Eine Verkürzung der Öffnungszeiten ist im Gespräch. Dies wird damit begründet, dass mit fortgeschrittener Stunde und der zunehmenden Alkoholisierung der Gäste die Hemmungen fallen und Verstöße gegen die Pandemieregeln als logische Konsequenz folgen, wie es in zahlreichen Artikeln in der Presse dokumentiert wird.

Eine Maskenpflicht besteht mit Ausnahme von Treppenhäusern und Restaurants in allen öffentlichen Gebäuden, auch in Büros von Firmen und Produktionsstätten und nun auch in Kirchen. Vorher wurde an die Verantwortlichkeit der Gläubigen appelliert. Allerdings gab es Vorfälle, bei denen Priester Gläubige aus der Kirche verwiesen, weil diese eine Gesichtsmaske trugen. Viele hochrangige Kirchenvertreter hatten seit Beginn der Pandemie propagiert, dass eine Ansteckung in einem Gotteshaus nicht möglich sei.

Sehr konsequent sind die Politiker der Regierung, aber auch der Opposition, in der Wahrnehmung ihrer Vorbildfunktion nicht. Sie, darunter auch ein ministerieller Staatssekretär des Gesundheitsministeriums, zeigten sich ausgerechnet bei der Einweihung einer Krankenhausstation in Korinth im Krankenhaus zum Teil auch ohne Maske. Die an der Einweihung beteiligten Priester hatten komplett auf den Gesichtsschutz verzichtet.

Superspreader - das Phänomen tritt nun auch in Griechenland auf

Im Frühjahr gab es während des Lockdowns keine so genannten Superspreader. Seit dem vergangenen Wochenende wurden gleich mehrere Dutzend Fälle von Infektionen bei vier Hochzeiten, einer Taufe und aus einer Bar in Mittelgriechenland gemeldet. Mehrere Spieler der Wasserballnationalmannschaft der Herren sind ebenso infiziert, wie mehrere Spielerinnen der Cricket Nationalmannschaft. Zudem wurden bei zwei Spielern des Erstligisten PAOK FC Thessaloniki Infektionen festgestellt.

Eine Häufung von Infektionsfällen gab es auch in der Nahrungsmittel verarbeitenden Industrie im nordgriechischen Kavala. Auch dort werden innerhalb weniger Tage Dutzende Fälle registriert. Zunächst sollte es dort zu zahlreichen Tests der Bevölkerung kommen. Dies wurde auch von der Regionalregierung verkündet. Allerdings gingen in Kavala die Test-Kits aus, so dass diese Aktion schnell wieder unterbrochen wurde.

Es ist nicht die einzige Panne, welche dem staatlichen Gesundheitsdienst EODY in der Pandemie unterlaufen ist. Dennoch besteht die Regierung auf ihrem Narrativ, dass allein die "persönliche Verantwortung der Bürger" für das Wiederaufflammen der Pandemie verantwortlich sei.

Das Tourismuskonzept ist gescheitert

Die Angst vor der CoVid-19-Pandemie ist in Griechenland zurück. Sie war für den Start der Tourismussaison ab dem 1. Juli kurz von einem, vor allem seitens der Regierung angefeuerten Klima des "sicheren Landes" überdeckt worden. Umso mehr ärgert die griechische Regierung nun, dass ausgerechtet aus Zypern die Quittung für sehr lasche und vor allem verwirrende Pandemie-Schutzmaßnahmen kam.

Die zypriotische Fluglinie Cyprus Airways reagierte mit der Streichung zahlreicher Flugverbindungen auf die jüngste Entwicklung. Bewohner Griechenlands oder anderer Staaten, die via Griechenland nach Zypern einreisen, müssen außer der häuslichen Quarantäne auch die Kosten des CoVid-19-Tests in Kauf nehmen. Eine Kostenübernahme durch den Staat gibt es nur für ständige Bewohner der Inselrepublik und für eigene Staatsangehörige.

Tourismusminister Haris Theocharis äußerte sein Unverständnis über die Entscheidung der Zyprioten. Er möchte den Tourismus in Griechenland auch für weitere Staaten öffnen. Im Widerspruch dazu stehen die Aussagen des Vizevorsitzenden der Nea Dimokratia und Wirtschaftsministers Adonis Georgiadis. Dieser sieht bereits jetzt, dass die Erwartungen in den Tourismus nicht erfüllt werden können.

Georgiadis hat die laufende Saison wirtschaftlich bereits als Fiasko verbucht. Theocharis hingegen fährt mit widersprüchlichen Maßnahmen und Aussagen fort. So verkündete er zwei Tage vor dem Schock, dass ein Begehr der Reeder abgelehnt wurde. Die Reeder hatten beantragt, die Kapazität der Passagierfähren von 60 und 65 Prozent der nominellen Passagierauslastung auf 80 beziehungsweise 85 Prozent zu erhöhen.

Ausgerechnet am Tag, als den Bürgern des Landes neue Pflichten und Regeln für den Pandemieschutz auferlegt wurden, verkündete die Regierung, dass dem Antrag der Reeder doch stattgegeben wurde. Nun dürfen die Schiffe, wenn sie über Kabinen verfügen, mit 85 Prozent Auslastung ablegen. Ohne Kabinen sind es 80 Prozent. Pikant ist, dass Theocharis seine ursprüngliche Ablehnung mit ernsten Bedenken der Virologen begründete.

Erklärt wird diese Maßnahme mit Partikelfiltern, welche die Reeder auf eigene Verantwortung in den Klimaanlagen der Schiffe installieren würden. Allerdings gibt es für die Passagiere auch einen Haken. Sie müssen nun an allen Orten des Schiffes, auch auf Deck, über die gesamte Dauer der Reise einen Gesichts- und Nasenschutz tragen. Schiffsreisen auf griechische Urlaubsinseln dauern oft mehrere Stunden, im Extremfall sind knapp 24 Stunden möglich.

Viele Insulaner protestieren gegen die neuen Bestimmungen. Sie verlangen statt einer Kapazitätserhöhung eine weitere Beschränkung der Passagierzahlen sowie eine Intensivierung der Schiffsverbindungen mit mehr sicheren und modernen Schiffen. In der Praxis hat die Kapazitätsbeschränkung keinerlei Auswirkungen. Weiterhin schippen Passagierschiffe hoffnungslos überfüllt und mit dichtem Gedränge der Passagiere über das Meer.

Hier finden offenbar im Gegensatz zu den Bussen, Metros und S-Bahnen, in denen nur 65 Prozent der möglichen Passagiere fahren dürfen, kaum Kontrollen statt. Immerhin möchte die Regierung nun die erst kürzlich wegen der Sommermonate erhöhten Taktzeiten des ÖVPN wieder verkürzen. Neuanstellungen von Bus- und Bahnfahrern gibt es nicht. Stattdessen wurden Urlaube gestrichen und im Urlaub befindliche Fahrer zurückbeordert.

Des einen Leid, der verdorbene Urlaub, ist auch des anderen Leid, sofern es sich um die verordnete Beschäftigungslosigkeit für Angestellte handelt. Denn durch die neue Verschärfung der Pandemie-Bestimmungen müssen zahlreiche Arbeitnehmer akzeptieren, dass ihre Arbeitsverträge vom Arbeitgeber ausgesetzt werden. Dies betrifft im vorliegenden Fall die Mitarbeiter in Betrieben, die im Tourismus, der Bewirtung und für Kulturveranstaltungen tätig sind.

Kurzarbeitergeld wie in Deutschland ist in Griechenland unbekannt. Es gibt zwar staatliche Beihilfen für Pandemie-Geschädigte. Jedoch sind die Bedingungen so kompliziert, dass zahlreiche Bedienstete des Tourismus- und Gaststättengewerbes durchs Raster fallen.

Zu den neuen Einschränkungen des Alltags zählt auch, dass der Besuch von Banken nur noch eingeschränkt möglich ist. Kontostände können nur noch online abgefragt werden. Bargeldeinzahlungen auf Konten sind bis zu einem Betrag von 1000 Euro nur noch am Bankautomaten möglich.

Staatsanwalt vs. Verschwörungstheoretiker

Gegen Corona-Leugner möchte die Regierung drastisch vorgehen. Bei Posts in sozialen Netzwerken, sowie für Artikel in Zeitschriften, Internetportalen und Blogs droht, wenn diese die Pandemiemaßnahmen in Frage stellen oder aber zu deren Missachtung aufrufen, die staatsanwaltschaftliche Verfolgung. Das Gleiche gilt, wenn die Pandemie öffentlich verharmlost wird.