Größte Zwangsräumung seit Langem in Berlin

Seite 2: Jede Räumung hat ihren Preis - doch wer zahlt ihn?

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Weitere Räumungen von linken und alternativen Projekten drohen in Berlin. Zudem darf nicht vergessen werden, dass täglich Mieter zwangsgeräumt werden, weil sie Konflikte mit ihren Vermietern haben. Nur wenige setzen sich zur Wehr.

Nach der Räumung der Liebigstraße ist die Wut groß. Das anarchistische Milieu propagiert die Parole: "Jede Räumung hat ihren Preis". Doch da stellt sich natürlich die Frage, wer ihn bezahlen soll.

Wir rufen zu dezentralen Aktionen auf. Lasst uns gemeinsamen einen wilden und chaotischen Oktober erleben!
34 Millionen Sachschaden - wir sind schon gut dabei.
Liebig34 lebt. Liebig34 kämpft.

Aus einen Aufruf nach der Räumung

Perspektive Padovicz enteignen?

Doch die vor allem in manchen anarchistischen Kreisen beliebte Vorstellung, mit Sachbeschädigungen oder auch der Unterbrechung des Nahverkehrs durch Kabelbrände dem Kapitalismus Schaden zuzuführen, verkennt, dass die kapitalistische Warengesellschaft auf Vernichtung von Produkten, die sich nicht verwerten, aufbaut.

Solche Aktionen sind eher Ergebnis einer Wut und Ohnmacht als eine antikapitalistische Strategie. Wenn dann noch die S-Bahn unterbrochen wird, werden nicht Padovicz und Co. aufgehalten, sondern Menschen, die vielleicht zur Arbeit oder zu einer Demonstration oder wo auch immer hin wollen.

Dass die in der längeren Wartezeit darüber nachdenken, wie sie sich mit den Bewohnern der geräumten Häuser solidarisieren können, ist unwahrscheinlich. Erfolgversprechender ist schon das Bündnis zwischen den verschiedenen Mieterorganisationen, wo einige auch Eigentumsfrage stellen. Dazu gehört die Kampagne "Deutsche Wohnen und Co. enteignen", wobei es sich eigentlich um einen Rückkauf handelt. Unter dieses Co. könnte auch Padovicz fallen, wie ein Aufruf von Aktivisten verdeutlicht.

Medien auf der Seite des Investors

Auffällig war, dass sich ein Großteil der Medien beim Konflikt um die Liebigstraße unkritisch auf die Seite des Eigentümers und einer Baugruppe in der Nähe des geräumten Hauses gestellt und massiv Stimmung gegen die Bewohner und Unterstützer der Liebigstraße gemacht hat. Es wurde so hingestellt, als handele es sich um einen Kampf von Autonomen.

Dazu mag auch das Auftreten der Hausbewohnerinnen in der Öffentlichkeit beigetragen haben. In einem Interview mit dem Neuen Deutschland sprach eine Bewohnerin auch selbstkritisch davon, dass sie zu wenig mit der Mieterbewegung kooperiert haben.

Denn schließlich handelte es sich eben um einen Mietenkonflikt. Die Bewohner haben hier jetzt die Erfahrung gemacht, die viele Mieter hierzulande kennen. Wohnraum gehört zur Grundversorgung eines Menschen und darf nicht zur Ware werden.