Große Mehrheit der Amerikaner nach einer Umfrage angeblich für den Krieg

Doch andere Umfragen lassen daran zweifeln, belegen aber den Scherbenhaufen, den die US-Regierung auch bei den Menschen in den befreundeten Ländern hinterlassen hat

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Vermutlich hat US-Präsident Bush die bislang beste Propaganda-Maschinerie für einen Krieg aufgebaut. Die Kommunikationsspezialisten haben bis ins Detail vorbereitet, wie Zug um Zug die Öffentlichkeit auf koordinierte Weise "informiert" und die Medien atemlos gehalten werden können, so dass möglichst kein Raum für Interpretationen oder gar für mögliche Meinungsunterschiede in der Regierung vorhanden sein soll. An der Heimatfront war man offenbar schon erfolgreich. Die Amerikaner wollen nun nach zwei aktuellen Umfragen mehrheitlich den Krieg - oder sie wollen ihn nun vielleicht auch nur möglichst schnell hinter sich bringen, wenn er schon dank der Regierung nicht zu vermeiden ist. In einer anderen Umfrage sieht das Bild schon wieder anders aus - und lässt sich das außenpolitische Debakel der US-Regierung bei den Menschen in vielen Ländern feststellen.

Startbereit

Wenn zwar auch nicht im Ausland, so hat sich die Einrichtung des "Office of Global Communications" im Weißen Haus anscheinend schon gelohnt. Das neue Propagandabüro verschickt beispielsweise jeden Abend an alle Botschaften und US-Behörden auf der Welt Mails mit den Informationen, die sie zu vertreten haben. Dazu gehören bestimmte Themen oder Zitate aus den Reden von Bush. So haben alle Diplomaten dieselben Fakten und Zitate, die endlos wiederholt werden können. Geschlossenheit und Wiederholung müssen allerdings nicht für Überzeugung sorgen - vornehmlich nicht im Ausland, in dem es auch noch mehr einflussreiche kritische Medien gibt als in den USA.

Für aufrechte Gesinnung werben denn auch viele amerikanische Medien direkt oder indirekt. Die New York Post schreibt etwa in diesem Sinn, dass die New Yorker den "Wieseln" die nicht bedeutungslose Botschaft haben zukommen lassen: "you can kiss our derrieres!" Ansonsten schwärmt man hier vom Boykott französischer Waren.

Zuhause, an der "Heimatfront", die vornehmlich von der Medienöffentlichkeit der Fernsehsender bestimmt wird, hat die Entscheidung für den Krieg angeblich die Mehrzahl der Amerikaner hinter Bush gebracht, will man der aktuellen Umfrage und der Washington Post ("71% of Americans Support War, Poll Shows") glauben. Für die Washington Post und ABC News wurde in der Nacht vom Montag nach der Rede von Bush eine telefonische Umfrage ausgeführt. Hatten eine Woche zuvor sich noch 59 Prozent für den Krieg ausgesprochen, so sind es jetzt 71 Prozent. Mit 64 Prozent befürworten auch mehr Menschen allgemein die Irak-Politik ihres Präsidenten.

Dem Aufwärtstrend für Bush entsprechend sank die Zustimmung zur UN. Nur noch 20 Prozent stimmten ihrem Umgang mit dem Irak zu, 75 Prozent missbilligten diesen. Ende Februar sprachen sich noch 38% für die UN und nur 56% gegen sie aus. Zwei Drittel der Befragten stehen daher auch hinter der Entscheidung, ohne einen Beschluss des Sicherheitsrats in den Krieg zu ziehen. 72% meinen, die US-Regierung habe genug getan, um andere Länder für ihre Politik zu gewinnen. Selbst wenn manche Demokraten kritische Anmerkungen machen, so scheinen jetzt auch die Mehrzahl der demokratischen Wähler auf die Kriegsseite von Bush gewechselt zu haben. Immerhin sind die Befragten in der Mehrzahl dafür, mit der UN weiter wie bislang zusammen zu arbeiten - was immer genau dies bedeuten mag -, nur eine knappe Mehrheit ist dieser Meinung auch im Verhältnis zu Frankreich.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine andere Umfrage von CNN/USA TODAY/Gallup, die gleichfalls am Montag Abend durchgeführt wurde. Nach dieser würden 66 Prozent der Befragten hinter dem Kriegskurs ihres Präsidenten stehen. Davon gaben allerdings über 20 Prozent an, dass sie nicht wissen, ob ein Krieg wirklich richtig ist. Aber, so könnte man sagen, wenn es der Präsident will, so stehen sie hinter ihm.

Das Pew Research Center befragte zwischen dem 10. und dem 17. März 5.500 Menschen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen, Spanien, Russland, der Türkei und den USA. Seit der letzten Umfrage Mitte 2002 (Keine Lust auf Krieg) ist die positive Haltung gegenüber den von Präsident Bush regierten USA überall stark zurück gegangen. Besonders krass ist dies im Fall des engsten Vasallen Großbritannien. Waren vor weniger als einem Jahr noch 75 Prozent der Briten den USA positiv gegenüber eingestellt, sind es heute nur noch 48 Prozent. In der Türkei haben gar nur 12% und in Spanien 14% eine positive Einstellung.

"Operation Liberty Shield"

In allen anderen Ländern ist die Zustimmung um etwa 30% abgesackt, in Polen beispielsweise von 79% auf 50%. In Frankreich und Italien haben noch ein Drittel der Befragten eine wohlwollende Meinung von den USA, in Deutschland nur noch ein Viertel. Daher steigt auch in allen Ländern der Anteil der Menschen ganz beachtlich, die sich dafür aussprechen, eine größere Unabhängigkeit von den USA zu suchen. Daran sieht man, dass die US-Regierung und ihre europäischen Vasallen mit ihrem Verhalten bei den Menschen das transatlantische Bündnis nachhaltig gestört haben.

Das ist trotz oder wegen des Office for Global Communications eigentlich ein Fiasko für die Bush-Regierung und ihre Diplomatie. Wahrscheinlich hofft man, dass ein schneller Sieg im Irak und ein befreites Land mit jubelnden Menschen manches wieder gut machen und von der amerikanischen Haltung nachträglich überzeugen wird. Schließlich kommt dann auch wieder die Stunde der UN, die für Hilfe zuständig sein wird, während die USA das Land solange kontrolliert, bis das nächste Kriegsziel sich aufbaut.

Für den Krieg sind nach der Pew-Umfrage aber nur mehrheitlich die Amerikaner mit 59 Prozent (die Bush-Rede alleine dürfte für den Unterschied zu den anderen Umfragen nicht verantwortlich sein). Im Gegensatz zur Umfrage der Washington Post sank hier aber die Zustimmung zum Krieg ab, während die Kritik zunahm. Mehrheitlich sagen die Amerikaner in dieser Umfrage auch, dass die US-Regierung sich weiter international bemühen müsse und noch nicht genug getan habe, und dass für den Krieg eine zweite Resolution erforderlich sei. An den Erfolg der Waffeninspektionen glaubt aber auch hier die Mehrheit nicht.

Motiv für eine eCard des Pentagon an die amerikanischen Soldaten am Golf, die sich auch mit Musik wie "God Bless America" oder "Hail to the Chief" versenden lässt

Ansonsten sind die Menschen in allen anderen Ländern überwiegend gegen den Krieg. Über 80 Prozent sind in Italien, Spanien, Russland und der Türkei gegen eine militärische Invasion. Auch in Polen wollen sich im Gegensatz zu ihrer Regierung über 70 Prozent nicht daran beteiligen. Hinter den Briten, die den Krieg zu 39 Prozent befürworten, kommen denn als treueste Anhänger der USA die Deutschen, bei denen 27 dieser Meinung sind. Trotz der Ablehnung des Kriegs glaubt eine Mehrzahl von Menschen daran, dass es nach dem Krieg den Menschen im Irak besser gehen und dass der Nahe Osten dann stabiler sein wird. Daran zweifeln allerdings die meisten Russen, Türken und Spanier. Am optimistischen sind natürlich die Amerikaner, gefolgt von den Briten.

Die Liste der Staaten, die sich der "Koalition der Willigen" angeschlossen haben oder sich dieser anschließen mussten, spricht gleichfalls Bände. Richard Boucher, der Sprecher des US-Außenministeriums, hatte sie gestern während einer Pressekonferenz endlich bekannt gegeben (Die Koalition der Willigen). Dass angeblich 15 zusätzliche Staaten nicht genannt werden wollten, die angeblich mit der Koalition kooperieren wollen, spricht nicht für große Überzeugung, sondern eher für Vorsicht. An Kampfhandlungen beteiligen werden sich nur Australien und Großbritannien:

Afghanistan, Albania, Australia, Azerbaijan, Colombia, the Czech Republic, Denmark, El Salvador, Eritrea, Estonia, Ethiopia, Georgia, Hungary, Iceland, Italy, Japan, Korea, Latvia, Lithuania, Macedonia, the Netherlands, Nicaragua, the Philippines, Poland, Romania, Slovakia, Spain, Turkey, the United Kingdom, and Uzbekistan.

Each country is contributing in the ways that it deems the most appropriate. Some of these countries, I suppose all these countries have talked in public about what they're doing.

In addition to these countries, there are actually another 15 or so that we know of, probably more than 15, that are cooperating with us in -- and the coalition, or perhaps offering defensive assets in the event that Saddam resorts to the use of weapons of mass destruction."