Grüner Strom aus Wasserkraft?

Seite 2: Die Hauptinvestoren der Wasserkraftwerke

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Laut einer von RiverWatch und EuroNatur in Auftrag gegebenen Studie von 2015 sind die Hauptinvestoren die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), die Weltbank und die European Investment Bank (EIB). Sie finanzieren den Bau von Wasserkraftwerken mit insgesamt 818 Millionen Euro. Der größte Investor ist die EBRD, die mit 240 Millionen Euro an 21 Bauprojekten beteiligt ist. Bedroht sind 30 Naturschutzgebiete, Nationalparks und Natura-2000-Gebiete.

Bei den meisten der 2700 zwischen Slowenien und Albanien geplanten Wasserkraftwerken sollen die Bauvorhaben ohne seriöse Umweltprüfung durchgepeischt werden. Hoffnung besteht neuerdings für den Mavrovo Nationalpark in Mazedonien. Einem Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichtes vom Mai 2016 zufolge entbehrt das hier geplante Wasserkraftwerk Boskov Most jeder rechtlichen Grundlage.

Nachdem sich die Weltbank bereits im Dezember 2015 aus der Finanzierung des Wasserkraftwerks Lukovo Pole herausgezogen hatte, erklärte im Januar 2017 auch die EBRD ihren Ausstieg aus dem Projekt. Riverwatch feiert dies als Etappensieg zum Schutz der artenreichen Balkanflüsse. Allerdings sind noch 17 weitere Anlagen in Planung.

Auch kleinere Anlagen bedeuten einen katastrophalen Eingriff ins Ökosystem, gibt Ulrich Eichelmann zu bedenken. Der Koordinator der Riverwatch-Kampagne "Rettet das Blaue Herz Europas" will so lange kämpfen, bis alle Projekte gestoppt sind.

Fischsterben durch Turbinen

In Deutschland sind die Betreiber von Querbauwerken angehalten, durchgängige Fischwege zu errichten. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes von 2012 sind an rund 12 Prozent der Wasserkraftstandorte Fischaufstiegsanlagen installiert, die teilweise erst in den letzten Jahren direkt neben den Wasserkraftanlagen (WKA) errichtet wurden.

Verschiedenen Datenquellen zufolge wurden an 10 bis 20 Prozent aller Wasserkraftstandorte ökologische Maßnahmen, die Durchgängigkeit betreffend, durchgeführt. Nach Schätzungen der Autoren sei allerdings nicht immer die volle Funktionstüchtigkeit von Durchgängigkeit und Mindestabfluss gegeben.

Der Verband Hessischer Fischer kritisiert, etwa 95 Prozent des Gewässerabflusses würde durch Turbinen geleitet, wodurch Wanderfische, die dem Hauptwasserstrom folgen, ebenfalls die Turbinen durchqueren. 30 bis 100 Prozent würden je nach Anlage schwer verletzt oder getötet. Besonders gefährdet sei der Aal.

Auch die Rechenanlagen, die die Fische schützen sollen, versagen allzu oft. Entweder die Stababstände sind zu weit, oder die Fische werden durch den hohen Wasserdruck vor dem Rechenreiniger erdrückt. Bestehende Fischabstiegs- und aufstiegsanlagen würden nicht funktionieren.

Für die Stromerzeugung nicht nötig

Kaum ein Kraftwerksbetreiber würde auf eigene Kosten mehr technische Vorrichtungen für Fischschutz einbauen als gesetzlich vorgegeben. 2011 gab es hierzulande rund 7600 WKA. Von 350 WKA erzeugen rund 90 Prozent des Stromes aus Wasserkraft. Der Rest deckt gerade mal fünf bis zehn Prozent des Strombedarfs.

Würden 7.300 Kleinstanlagen stillgelegt und die Flüsse renaturiert, heißt es im Positionspapier der hessischen Fischer, wäre das bei der Stromerzeugung kaum zu bemerken. Bereits wenige Windräder könnten den Bedarf kompensieren. Dafür hielte sich der Schaden im Fischbestand in Grenzen.

Weniger Schaden durch effizientere Nutzung

In Bayern stammen 15 Prozent des Stroms aus 226 großen und rund 4.000 kleinen Wasserkraftwerken. Auch hier können wegen starker Verbauung der Fließgewässer Fische nicht mehr ungehindert stromauf- und stromabwärts schwimmen und zu ihren angestammten Laichplätze wandern. Dies ist nun Forschungsgegenstand an der Technischen Universität München.

Von 2014 bis 2020 werden neun WKA, darunter sieben Öko-Kraftwerke, untersucht. Im Focus steht unter anderem die Frage, ob in den Öko-WKA weniger Fische verletzt und getötet werden als in den konventionellen. Ein vorläufiges Ergebnis gibt es vom Illerkraftwerk Au mit seiner langsam drehenden Turbine: Hier waren von rund 12.000 Fischen, die durch die Turbinen schwammen, tatsächlich nur wenige verletzt worden. Insgesamt gesehen ist die Effizienz von Kleinstwasserkraftwerken umstritten.

"Selbst wenn man alle Gebirgsbäche nutzen würde um Strom zu gewinnen", erklärt Alfred Karle-Fendt vom Bund Naturschutz gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, "käme man gerade mal auf 1,5 Prozent des gesamten bayerischen Energieverbrauchs". Dennoch will Bayern seine Wasserkraftwerke bis 2020 um weitere zwei Prozent aufstocken.

Auch Öko-Wasserkraftwerke bedeuten einen Eingriff in die Natur, gibt Prof. Jürgen Geist von der TU München zu bedenken. Der Schutz der wenigen intakten Gewässer-Ökosysteme in Europa sollte oberste Priorität haben, fordert der Fischbiologe. So müsse an Standorten mit konventioneller Wasserkraftnutzung nach den bestmöglichen Optionen für einen Fisch schonenden, ökologischen Betrieb gesucht werden.

Literatur:

EuroNatur/RiverWatch: SAVA - White Book (Dezember 2016)