Handel ohne Piraten und die USA

Zerstörer USS Winston S. Churchill (rechts) folgt einem mutmaßlichen Piratenschiff. Für den Handel zwischen China und Europa sind beide eine Gefahr. Bild: catalog.archives.gov, public domain

Der Bahn-Transport von Waren zwischen China und Europa gewinnt an Bedeutung. Grund dafür ist auch ein umkämpftes Infrastrukturprojekt

Bahnfrachtverbindungen erhalten zunehmende Bedeutung für den Warentransport zwischen den Erdteilen der Region Eurasien. Schon seit Sommer 2011fährt ein bis zu 650 Meter langer Zug der YuXinOu Logistics Company Ltd., die in Deutschland seit 2017 von der Yuxinou Germany vertreten wird, die etwa 11.200 Kilometer lange Strecke von China über Kasachstan, Russland, Belarus und Polen nach Deutschland und benötigt dafür etwa 16 Tage.

Dieser Zug besteht aus bis zu 50 Norm-Containern, die aufgrund der abweichenden russischen Spurbreite zweimal umgesetzt werden müssen.

Seit 2020 verkehren allein zwischen Shenzhen und Duisburg pro Woche bis zu 60 Züge. Ein Zug schafft je nach Gewicht eine Kapazität von bis zu 82 20-Fuß-Containern.

Containerschiffe haben inzwischen ein Fassungsvolumen von mehr als 23.000 Containern, wofür man fast 300 Güterzüge benötigt. Und daher nimmt es kaum Wunder, dass 90 Prozent der Fracht nach wie vor auf See transportiert wird. Allerdings werden schon jetzt etwa fünf Prozent der Fracht zwischen Asien und Europa mit der Bahn befördert. Der Anteil am Frachtverkehr ist damit genauso hoch wie jener der Luftfracht.

Nach Angaben der Branchenplattform Railfreight fuhren im vergangenen Jahr mit 12.400 Zügen im Vergleich zum Vorjahr etwa 50 Prozent mehr Züge zwischen China und Europa.

Eurasische Bahnfrachtverbindung in Pandemie bedeutender

Die in der Folge von Corona entstandenen Kapazitätsengpässe in der Containerschifffahrt zwischen China und Europa und die daraus resultierenden Preisentwicklungen haben die Bahnverbindung geradezu befeuert.

Fuhren die Züge in der Vergangenheit auch mit reduzierter Auslastung und wurden von China mit etwa 40 Prozent subventioniert, sind sie inzwischen wie der Schiffstransport weitgehend ausgebucht. Für 2022 wird mit einem Ende der staatlichen Unterstützung gerechnet.

Was mit chinesischen Exportgütern begann, wird inzwischen auch in der Gegenrichtung zunehmend frequentiert. So schickt BMW seit November 2011 fast täglich 40 Container mit Autoteilen mit DB Schenker von Leipzig zu seiner Fabrik in Shenyang.

Und GEFCO organisiert den Transport von Mineralwasser aus der Slowakei. GEFCO ist Marktführer in der Automobillogistik in Europa, gehörte bis 2012 zur Peugeot-Citroën-Gruppe (PSA) und ist seitdem mehrheitlich im Besitz der Russischen Eisenbahnen (RZD).

Dass der eurasische Bahnfrachttransport interessanter wird, zeigt sich auch an der Tatsache, dass sich immer mehr Unternehmen hier engagieren. So haben die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) 2018 erklärt, man wolle Hauptspediteur im China-Europa-Geschäft werden und wirbt mit nur 15 Tagen Fahrzeit vom chinesischen Eisenbahnhub Chengdu nach Wien.

Für ein europäisches Binnenland wie Österreich ohne eigenen Seehafen erhält der Bahntransport zusehends Bedeutung. Die aktuellen Infrastrukturinvestitionen auf den chinesischen und den russischen Bahnstrecken sollen die Transportzeiten in absehbarer Zeit um mindestens zwei Tage verkürzen.

Da man in Brüssel inzwischen erkannt hat, dass man den Vorsprung, den China beim Aufbau der Bahninfrastruktur inzwischen eingefahren hat, kaum noch aufholen kann, setzt man nach Jahren der Abwehrhaltung inzwischen bei der Neuen Seidenstraße auf Kooperation und vergibt Machbarkeitsstudien, die von der EU und China jeweils zur Hälfte finanziert werden und die neuen Routen für die kontinentalen Bahnverbindungen finden sollen.

Interkontinentale Bahnverbindungen irritieren die USA

Seit die USA die Europäer auf den Weltmeeren abgelöst haben und alle Ozeane als ihren Hinterhof betrachten, sind sie bestrebt, die Warenströme zu kontrollieren, auch wenn die USA im weltweiten Seefrachtgeschäft wirtschaftlich keine Bedeutung mehr haben, da dieses von asiatischen und europäischen Reedereien dominiert wird. Geblieben ist bislang nur die militärische Übermacht der US-Marine.

Umso mehr bemüht man sich in Washington darum, seine Bündnispartner dazu zu bewegen, den erfolgreichen chinesischen Neue Seidenstraße-Initiativen Paroli zu bieten.

So hat sich die EU bereit erklärt, 300 Milliarden Euro für ihre "Global-Gateway-Initiative" bereitzustellen. Weil so manches Land sich bei den von China finanzierten Infrastruktur-Wunschprojekten über die Maßen verschuldet hat, will die EU mit ihrer Initiative jetzt einen "ethischen Ansatz" verfolgen, nach dem Investitionen in Infrastrukturprojekte keine untragbaren Schulden oder ungewollte Abhängigkeiten für die Zielländer zur Folge hätten.

Zu großen Teilen handelt es sich bei den 300 Milliarden Euro übrigens nicht um neue Gelder, sondern meist um Gelder aus bestehenden Töpfen, die ein neues Etikett bekommen und die dann bei anderen Projekten fehlen. Es ist kaum von der Hand zu weisen, dass diese Gelder in erster Linie die USA beruhigen sollen.