Handelsstreit mit USA: Die Öko-Heuchelei der europäischen Klimavorreiter

Seite 2: US-Umweltverbände an EU: Keine Drohungen gegen US-Klimaschutz

Das IRA ist zudem eine Schrumpfversion des von der Regierung eingebrachten Gesetzesvorhabens, dem Build Back Better Act. Dieses Gesetz wurde vom Repräsentantenhaus zwar verabschiedet, unterstützt von den meisten Demokraten und amerikanischen Wähler:innen, aber erhielt keine Mehrheit im US-Senat, wo Kohlelobbyisten wie der Senator Joe Manchin aus dem Bundesstaat Virginia das Vorhaben stoppten und Verwässerungen erwirken konnten.

Trotz aller Beschränkungen unterstützen die meisten Umweltorganisation und Klimaschutzbewegungen in den USA das über Jahre mit viel Einsatz erkämpfte Subventionsprogramm, da es zum ersten Mal entschlossener der Energiewende unter die Arme greift. Es sei ein Anfang, auf dem aufgebaut werden kann, heißt es.

Daher stößt das Vorgehen der EU gegen das IRA bei Progressiven in den USA auf Fassungslosigkeit. Es wird kritisiert, dass Regierungsvertreter von europäischen Ländern, die sonst mit dem Finger auf die "Öko-Vandalen" jenseits des Atlantik zeigen (während sie selbst im letzten Jahrzehnt kaum etwas für den Klimaschutz getan haben), verhindern wollen, dass in den USA eine Energiewende-Industrie entsteht. Gleichzeitig würden die Europäer selbst mit zum Teil größeren Summen ihre eigenen Klimaprojekte unterstützen.

Während Macrons Besuch im Weißen Haus demonstrierten dann auch Umweltgruppen gegen Macron und zeigten ihm, Bezug nehmend auf die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, die Rote Karte. Er solle aufhören, Handelsregeln gegen Klimaschutz als Waffe zu instrumentalisieren.

Macron behauptet, Frankreich sei ein Vorreiter in Sachen Klima, aber seine lautstarke Kritik an den Klimamaßnahmen des Inflation Reduction Act verdient einen Strafstoß wegen Heuchelei,

twitterte Public Citizen's Global Trade Watch. Die Direktorin der Organisation St. Louis erklärte zudem:

Präsident Macron behauptet, ihm liege der Klimawandel am Herzen. Daher sollten er und andere europäische Staats- und Regierungschefs alle Beschwerden in Bezug auf die IRA und die Drohungen, eine Klage gegen das Gesetz einzulegen, fallen lassen. Regierungen sollten die Möglichkeit haben, den Klimawandel zu bekämpfen und den Übergang zu sauberer Energie zu unterstützen, ohne dabei zu befürchten, durch antiquierte Handelsregeln bekriegt zu werden.

Um diese antiquierten Handelsregeln zu neutralisieren, wird in den USA schon seit einiger Zeit die Forderung nach einer Einführung einer "Klimafriedensklausel" im transatlantischen Handelssystem erhoben. Im Mai dieses Jahres verlangten über 150 US-Organisationen von der Biden-Regierung, sich für eine solche Klausel einzusetzen.

Unterstützt wird diese Klimafriedensklausel von der größten Umweltorganisationen in den USA, dem Sierra Club, dem Transatlantic Consumer Dialogue, dem 70 Verbraucherschutzorganisationen in den USA und Europa angehören, und dem Trade Justice Education Fund.

Danach sollen sich die Regierungen verpflichten, auf Streitbeilegungsmechanismen in internationalen Handelsabkommen zu verzichten, bei denen Klimaschutz- und Energiewende-Maßnahmen anderer Länder angefochten werden. Hebah Kassam vom Sierra Club betont:

Die Regierungen müssen über alle Instrumente verfügen und diese auch nutzen, um den Klimaschutz voranzutreiben, und wir haben einfach keine Zeit, dass die Regierungen weiterhin veraltete Handelsabkommen instrumentalisieren, um Klimaschutzmaßnahmen anzugreifen und zu untergraben.

Zugleich verweist eine aktuelle Untersuchung des Trade Justice Education Fund und des Sierra Club die bis heute bestehenden Gefahren, wodurch Fortschritte bei der Schaffung grüner Arbeitsplätze und beim Klimaschutz durch Investor-Staat-Streitbeilegungen (auch Investitionsschiedsverfahren genannt) sowie mittels diverser Mechanismen innerhalb der neoliberalen Handelsinstitutionen zunichtegemacht werden können.

So haben die USA 2017 erfolgreich Indiens Programm zur Subventionierung der lokalen Solarproduktion angefochten. Zwei Jahre später klagte Indien erfolgreich gegen Programme für saubere Energie in acht US-Bundesstaaten, die "Buy-Local"-Regeln enthielten.

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