Hautkrebs-Impfstoff: Warum Wissenschaftler beeindruckt sind, aber Eincremen sinnvoll bleibt

Symbolbild: Familie beim Sonnenbaden auf Boot

Ohne Schutzmaßnahmen in der prallen Sonne wird es weiterhin nicht gehen. Deutlich bessete Heilungschancen werden aber in Aussicht gestellt.

Rückfallquoten und Todesrate könnten laut Studie deutlich sinken. Weitere Untersuchungen nötig. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Covid-Impfstoffen.

Sommer, Sonne, Strand – zu dieser Jahreszeit häufen sich auch die Ratgeberartikel zur Hautkrebsvorsorge in Print- und Online-Medien. Nicht ohne Grund: Die Zahl der Todesfälle durch Hautkrebs in Deutschland ist in den Jahren 2001 bis 2021 um 55 Prozent gestiegen.

Hautkrebsarten von unterschiedlicher Aggressivität

Zumindest der schwarze Hautkrebs – das maligne Melanom - ist bekannt für seine schnelle Ausbreitung und Aggressivität, während heller Hautkrebs (Basaliome und Plattenepithelkarzinome) sich langsam entwickelt, nur selten Metastasen bildet, dafür aber auch oft lange unerkannt bleibt.

Übermäßige Sonneneinstrahlung und auch künstliches UV-Licht gelten als Hauptrisikofaktoren für sämtliche Hautkrebsarten – abgesehen von einem hellen Hauttyp, überdurchschnittlich vielen Muttermalen (mehr als 40) und Hautkrebsfällen innerhalb der Familie.

Für Berufsgruppen, die im Freien arbeiten, sind bestimmte Hautkrebsarten als Berufskrankheit anerkannt.

Impfstoff wird Eincremen und Hautarzt-Checks nicht ersetzen

Vor allem Menschen, die ein erhöhtes Risiko tragen, schon einmal Hautkrebs hatten oder nach der Entnahme einer Gewebeprobe eine Zitterpartie durchmachen mussten, dürften bei dieser Nachricht aufgehorcht haben: Schon 2025 könnte ein mRNA-Impfstoff gegen Hautkrebs in Europa zugelassen werden. Darauf hofft das US-Pharmaunternehmen, das unlängst neue Daten präsentiert hat.

Ähnlich wie bei den Covid-19-Impfstoffen versprechen die Vakzine zwar keinen hundertprozentigen Schutz – Eincremen mit Lichtschutzfaktor und regelmäßige Kontrollen beim Hautarzt werden also nicht überflüssig – aber die Überlebensrate bei Melanomen könnte laut Ergebnis der neuen Impfstoffstudie deutlich verbessert und die Rückfallquote stark gesenkt werden.

Bei Patienten, die den Impfstoff nach der Entfernung eines Melanoms im Stadium 3 oder 4 erhielten, sank das Risiko, innerhalb von drei Jahren zu sterben oder erneut zu erkranken, um 49 Prozent.

Hautkrebs-Rückfallquote in kritischsten Zeitraum gesenkt

Die Onkologin Prof. Georgina Long, die maßgeblich an der Studie mitgewirkt hatte, betonte laut einem Bericht des Guardian, dass ein Beobachtungszeitraum von fünf bis zehn Jahren sinnvoll und weitere Untersuchungen nötig seien – das größte Rückfallrisiko bestehe aber erfahrungsgemäß in den ersten zwei Jahren.

Erprobt wurde auch eine Kombinationstherapie mit dem Hautkrebsmedikament Keytruda. Die 157 Patienten in der Phase-2b-Studie hatten Melanome mit hohem Risiko und erhielten entweder die von Moderna und Merck entwickelte Impfung zusammen mit der Immuntherapie Keytruda oder nur Keytruda.

Kombinationstherapie verspricht weitere Erfolge

Der Kombination von Impfung und Keytruda senkte das Rückfallrisiko laut Long sogar auf 25 Prozent, so Long. Sie hob jedoch davor, dass eine umfangreichere Studie nötig sei, um die Auswirkungen besser zu bewerten.

Prof. Charles Swanton, Chefarzt von Cancer Research UK, nannte die bisherigen Ergebnisse "äußerst beeindruckend" und beschrieb den neuen Impfstoffansatz laut Guardian als "weiteres Puzzleteil, das hoffentlich dazu führen wird, dass mehr Patienten geheilt werden oder weniger Patienten einen Rückfall erleiden". Letztendlich werde der Ansatz dazu beitragen, "dass sich die Überlebensraten in den nächsten Jahrzehnten und darüber hinaus kontinuierlich verbessern".

Der Wirkmechanismus von mRNA-Impfstoffen gegen Krebs

Auch das deutsche Unternehmen BioNTech, das den ersten mRNA-basierten Corona-Impfstoff entwickelt hat, testet zurzeit therapeutische mRNA-Vakzine gegen verschiedene Krebsarten.

Den Wirkmechanismus erklärt der Tumorimmunologe Prof. Niels Halama vom deutschen Krebsforschungszentrum so:

Bei einer Impfung gegen Krebs spritzen wir den Bauplan für ein Protein, das für diesen Tumor spezifisch ist. (…)

Das Ziel besteht darin, das Immunsystem in die Lage zu versetzen, den Tumor zu erkennen und mit den zur Verfügung stehenden Waffen zu bekämpfen, also zum Beispiel mit Antikörpern, die gegen die Krebszellen gerichtet sind. Es entstehen ja bei jedem Menschen tagtäglich Vorläufer von Krebszellen, zum Beispiel durch Mutationen, die während der Zellteilung auftreten.

Im Normalfall arbeitet das Immunsystem dann sehr effektiv: Es erkennt die veränderten Zellen als "fremd" und zerstört sie. Manchen Krebszellen gelingt es aber, sich zu tarnen, oder sie bremsen den Angriff des Immunsystems aus. So kann dann eine Tumorerkrankung entstehen. Die Impfung soll dem Immunsystem wieder beibringen, dass die Tumorzellen "fremd" sind und bekämpft werden müssen.

Prof. Dr. Niels Halama, Deutsches Krebsforschungszentrum

Personalisierter Impfstoff: Das gab es bei Covid bisher nicht

Die mRNA-Impfstoffe gegen Corona hätten die Stärke dieses Wirkmechanismus noch nicht voll ausgespielt: "Denn die liegt darin, dass man den geimpften Bauplan, also die Sequenz der mRNA, ganz individuell anpassen kann." Technisch sei das vergleichsweise einfach umsetzbar – es könne sehr schnell einen personalisierten Impfstoff hergestellt werden, der auf die biologischen Merkmale eines speziellen Tumors zugeschnitten sei.

Allerdings betont Halama, dass es "noch viele offene Fragen" gebe, die in weiteren Studien geklärt werden müssten. Voraussetzung für die Wirksamkeit der personalisierten Impfstoffe ist aber ein funktionierendes Immunsystem.