Helikopter-Drohnen aus Österreich für internationale Missionen in Krisenregionen
In der Ukraine und vor Italien sollen Drohnen des Herstellers Schiebel in zivilen Missionen bei der Aufklärung helfen. Die beiden Einsätze könnten für die EU einen Trend markieren
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) will nach Angaben der "Wiener Zeitung" für ihre Beobachtermission in der Ostukraine Drohnen der Firma Schiebel aus Österreich einsetzen. Dies habe die in Wien ansässige Zeitung von einem OSZE-Sprecher erfahren. Auch Schiebel und die OSZE haben ihren Sitz in Wien.
Schiebel fertigt die Helikopter-Drohnen "Camcopter S100", die auf bis zu 240 km/h beschleunigt werden können. Sie erreichen Höhen bis zu 6.000 Metern und können sechs Stunden in der Luft bleiben. Ihre Reichweite beträgt 120 Kilometer. Mit einem Abfluggewicht von 200 Kilogramm und einer Nutzlast von 34 Kilogramm können sie eine ganze Palette an Aufklärungstechnik befördern. Neben optischen Kameras gehören hierzu radarbasierte Sensoren, die auch bei Nacht und wolkigem Himmel hochauflösende Bilder liefern.
Laut dem Spiegel sollen die Drohnen ab Oktober einsatzbereit sein und dann die Situation an der Grenze aufklären. Die Organisation will so erfahren, ob tatsächlich russische Soldaten auf ukrainischem Territorium operieren. Für die Vorbereitung der Mission befänden sich bereits 70 OSZE-Angehörige in Donezk und Luhansk. Die OSZE spricht von insgesamt 230 Beobachtern. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte den Drohneneinsatz in der Ostukraine laut staatlichen Agenturen grundsätzlich gutgeheißen.
Auch deutsche Marine beschafft "Camcopter"
Der Lieferung war eine Ausschreibung vorausgegangen, die im Juli endete. Laut der Wiener Zeitung sei der Vertrag schließlich am 13. August unterschrieben worden. Um wie viele Drohnen es sich handelt und welche Kosten entstehen, teilte Schiebel aber nicht mit.
Schiebel-Drohnen sind unbewaffnet, werden aber vorwiegend an Militärs verkauft. Nach unterschiedlichen Angaben sollen die ferngesteuerten Helikopter an Libyen, USA, Jordanien, China und Saudi-Arabien verkauft worden sein. Eine 2008 eingefädelte Lieferung an die deutsche Marine verzögert sich (Auch Bodentruppen der Bundeswehr wollen größere Helikopter-Drohnen). Für die Vermarktung in Deutschland arbeitet Schiebel mit dem deutschen Rüstungskonzern Diehl BGT Defence zusammen.
Die Niederlande testen "Camcopter" angeblich über der Nordsee, die Bundespolizei hatte solche Tests mit einer ähnlichen Drohne eines Konkurrenten von Schiebel auf der Ostsee geflogen. Die größeren Helikopter-Drohnen sind vor allem für jene Polizeibehörden interessant, die bereits Erfahrungen mit Drohnen mit geringer Nutzlast gesammelt haben. Laut dem Hersteller können "Camcopter" beispielsweise Seile oder Netze abwerfen. Damit wären sie bestens für ein EU-Forschungsprojekt geeignet, das polizeiliche Möglichkeiten zum Stoppen von Fahrzeugen oder Booten aus der Luft untersucht (EU will polizeiliche Drohnen bewaffnen). In dem Vorhaben wird eine Helikopter-Drohne des Herstellers Yamaha geflogen.
Einsatz vor der italienischen Küste
Auch das italienische Militär hat mehrere "Camcopter" gekauft. Der italienische Journalist Antonio Mazzeo berichtet, diese würden vom Landungsschiff San Giusto gesteuert. Laut dem Verteidigungsministerium spielten Drohnen eine immer wichtigere Rolle bei militärischen Operationen. Ihr Einsatz folge einer Vereinbarung zur technischen und organisatorischen Zusammenarbeit zwischen der italienischen und der französischen Marine.
Tests auf Schiffen der italienischen Marine sind nach Berichten des Verteidigungsministeriums abgeschlossen, ab September seien die Drohnen startbereit. Dann sollen sie im Mittelmeer beim Aufspüren unerwünschter Migranten helfen, so Mazzeo und die "Wiener Zeitung". Italien hatte dort die Operation zur Seenotrettung "Mare Nostrum" gestartet, mit der das Militär die eigentlich zivilen Grenzpatrouillen unterstützt. Dabei kamen bereits große Drohnen des Typs "Predator" der Luftwaffe zum Einsatz. Nach neuesten Meldungen plant die Marine den Kauf weiterer Drohnen des US-Rüstungskonzerns Boeing.
Auf Druck Italiens wird die EU nun die italienische Operation im Mittelmeer übernehmen, auch Deutschland will sich beteiligen. Das neue Projekt soll im Oktober starten und firmierte zunächst als "Frontex Plus". Damit war klar, dass nicht mehr die Seenotrettung von Migranten im Vordergrund steht. Der Auftrag der vom deutschen Innenministerium dominierten Grenzagentur Frontex ist die Verhinderung irregulärer Migration und nicht etwa die Rettung von Schiffbrüchigen. Inzwischen wurde die Operation in "Triton" umbenannt, nach ersten Berichten soll ihr Einsatzgebiet allerdings nicht mehr in internationalen Gewässern erfolgen.
Griechischer EU-Kommissar soll "robuste Antwort" auf irreguläre Migration finden
Wenn sich die "Camcopter" in der Ukraine und im Mittelmeer bewährt haben, könnten weitere Einsatzgebiete im zivilen Krisenmanagement winken. Die EU mit ihrer neuen Kommission könnte dabei als Katalysator dienen. Denn der neue EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos war zuvor griechischer Verteidigungsminister und trat dort bisweilen martialisch auf. Nach Berichten war er mitverantwortlich für die rigide Migrationspolitik Griechenlands, die dem Land von den EU-Innenministern verordnet worden war.
Der neue Kommissionspräsident forderte Avramapoulos gestern in einem "Missionsbrief" auf, für eine "robuste Antwort auf Herausforderungen irregulärer Migration" zu sorgen.
Der Innenkommissar untersteht jetzt unter anderem der neuen Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini. Nicht ausgeschlossen also, dass die EU-Migrationspolitik zukünftig stärker mit dem Militär verzahnt wird. Im Bereich der Migration hatte sich dies bereits letzten Herbst angedeutet (Festung Europa: EU will Migration im Mittelmeer mit Kriegsschiffen eindämmen).