Herpetologische Studie beweist: Lautstarke Machos haben die besseren Chancen

Wer am lautesten quakt, den erhören die Frauen - zumindest bei den Fröschen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bei den abendlich romantischen Rufkonzerten in den Tümpeln dieser Welt geht es mitunter heiß her. Wenn im Froschteich die letzten Hemmungen fallen und das Partygeflüster zur Orgie ausufert, quaken vor allem die triebhaften männlichen Lurchen eifrig um die Wette. Aufdringliche, geräuschvolle Herrn haben besonders gute Karten, wobei sich aber die Froschladies ihren Wunschkandidaten selbst aussuchen und ihm dies auch leise, aber bestimmt mitteilen.

Tomatenfrosch (Dyscophus guineti)

Kurz vor Mitternacht: Eine ungewöhnliche Fete an einem nicht minder ungewöhnlichen Ort nähert sich dem Höhepunkt. Ein heiteres, aber unverständliches Stimmengewirr erfüllt die Nacht. Die Stimmung wird immer ausgelassener. Dabei fehlt es der Party eigentlich an allem, was dazugehört: Weder ein Büfett, noch irgendwelche Musik, geschweige denn eine Bar oder Tanzfläche garantieren ein Mindestmaß an Atmosphäre. Und zu guter Letzt müssen sich alle Gäste sogar noch in einen sumpfigen Teich begeben, der - eingebettet in eine morastige trostlose Landschaft - vor sich hin tümpelt.

Dass ein derartiges Ambiente selbst hartgesottenen Partygängern des Guten zu viel sein könnte, können waschechte und wasserfeste Frösche überhaupt nicht nachvollziehen. Wenn sie auf der Suche nach einem geschlechtsfähigen Partner sind, erweisen sich solche Bedingungen als geradezu ideal. Hier, abseits der Zivilisation, tummeln sich die grün-grauen Hüpfer mit besonderer Vorliebe. Hier, inmitten des schlammigen Laichgewässers, buhlen sie lautstark um die Gunst des anderen Geschlechts.

Bislang ging man in der Wissenschaft davon aus, dass bei derlei Single-Partys nur die Froschmännchen geräuschvoll um die Wette quaken. Während die grün-grauen Herrn der Schöpfung mit lauten und langgezogenen Schreien auf sich aufmerksam machten, übten sich die Weibchen in dezenter Zurückhaltung, so die gängige Lehrmeinung. Diese Art von Diskriminierung ging sogar soweit, dass manche Forscher den "femininen" Gecken die Fähigkeit zum Quaken vollends absprachen. Doch die indische Herpetologin ("Kriechtier-Expertin") Debjani Roy von der North Eastern Hill University in Shillong (Indien) hat jüngst herausgefunden, dass sich an dem abendlichen Rufkonzert auch einige Lurchdamen verbal beteiligen - zumindest zeitweilig.

Zusammen mit ihrem Team beobachtete die Wissenschaftlerin im nordöstlichen Indien nächtelang geduldig das amphibische Partytreiben. Jeweils bis zum frühen Morgen wurden via Mikrofon die tiefen und leisen Töne der anwesenden Frösche aufgezeichnet, die allesamt auf Partnersuche waren. Das überraschende Ergebnis dieses Lauschangriffs: In 15 von insgesamt 148 Nächten meldeten sich auch die Damen zu Wort. Vornehmlich Spring-, Baum- und Grillenfroschfrauen reagierten so auf die lautstarken Rufe der Männchen.

Um dieser unerwarteten Redseligkeit näher auf den Grund zu gehen, spielten die Herpetologen den Froschweibchen aus verschiedenen Lautsprechern authentische Tonaufnahmen eines abendlichen Konzerts vor, das die männlichen Lurche in eindeutig zweideutiger Absicht zuvor zum Besten gegeben hatten. Bei diesem Experiment kristallisierte sich heraus, dass die weiblichen Lurche sich immerfort für den lautesten männlichen Quaker entschieden. Dieses Verhalten hat evolutionsbiologische Wurzeln, denn die anspruchsvollen Froschfrauen wissen genau, dass sich hinter dem kräftigsten Organ meist auch das schwerste und größte Männchen und damit auch der stärkste und beste Kandidat für die Familienplanung verbirgt. Hierzu Debjani Roy: "Die Weibchen sind intelligent genug, um zu wissen, dass die Männchen, die sich am energievollsten in Szene zu setzen wissen, die besseren Gene vererben. Und wer die besseren Anlagen mitbringt, erhöht die Überlebenschancen der nachfolgenden Generationen."

Kein Wunder also, dass sich die Krötendamen im Experiment just auf jenen Lautsprecher zubewegten, hinter dem sie ihren Traumfrosch vermuteten. Wenn die Froschdame den Wunschkandidaten mit ihrem sensiblen Gehör hingegen in der freien Natur ortet, setzt sie sich geduldig an seine Seite und flüstert ihm leise ihre Zuneigung ins Ohr. Wohl wissend, dass sein Werben von Erfolg gekrönt war, bricht daraufhin der Bräutigam in spe in lautes Triumphgequake aus - dies sehr zum Leidwesen jener frustrierten Mitbewerber, die leer ausgegangen sind und nun nach Hause hüpfen müssen, während für das junge Paar eine romantische, aber anstrengende Hochzeitsnacht beginnt.

Wenngleich sich weltweit die meisten Frösche auf diese direkte Art vermählen, so beschränkt sich doch das Repertoire der Frosch-Casanovas nicht allein auf eintöniges "Gequake". Vielmehr hat in der artenreichen Familie der Frösche jede Gattung ihren eigenen Ruf: die Wechselkröte trillert, die Stimme des Krallenfroschs gleicht dem kurzen Ticken eines elektrischen Signals, und südamerikanische Frösche zirpen wie Grillen oder Heuschrecken. Aber zum Glück können die scharfsinnigen Froschweibchen allein an der Stimme erkennen, um welche Froschart und um welches Geschlecht es sich bei dem anvisierten einsamen Rufer handelt.

Dass die forschen Froschmännchen es sich leisten können, großmäulig aufzutreten und das weibliche Geschlecht direkt anzuquaken, ohne dabei Gefahr zu laufen, einen Korb zu bekommen, ist ein biologisches Charakteristikum, um das sie so manch menschlicher Geschlechtsgenosse beneiden mag. Doch aufgeblasene Frösche, die das plumpe Anmachen zur Kunst verklären und dabei noch Erfolg haben, erfreuen sich wirklich nur bei den "amphibischen" Damen großer Beliebtheit. Folgende Link führt zu einer sehr interessanten Website, auf der verschiedene Rufarten diverser Frösche zu hören sind.