Hessen schafft nun endgültig die Studiengebühren ab

Die Mehrheit aus SPD, Grünen und der Linken im Landtag setzt sich gegen die geschäftsführende CDU-Regierung im Machtkampf durch, die Front der Länder, die Studiengebühren erheben, bröckelt

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Die Mehrheit aus Roten, Grünen und Linken im Hessischen Landtag hat heute, wie erwartet, auf der Sondersitzung die Abschaffung der Studiengebühren gegen die geschäftsführende Regierung unter Roland Koch und die Stimmen der FDP beschlossen. Ab dem Wintersemester 2008/2009 müssen die Studenten keine Studiengebühren mehr zahlen. Damit schwindet die Zahl der Bundesländer, die Studiengebühren erheben.

Während in Nordrhein-Westfalen die Universitäten entscheiden können, ob sie Studiengebühren nehmen, hat der schwarz-grüne Senat in Hamburg gerade beschlossen, zwar noch 375 Euro pro Semester zu erheben, die aber erst nach dem Studium ab einem Jahreseinkommen von 30.000 Euro fällig werden und für die keine Zinsen gezahlt werden müssen . Damit gibt es "normale" Studiengebühren nur noch in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachen und im Saarland.

Koch hatte nach der letzten Abstimmung einen Formulierungsfehler im Gesetzesantrag als Grund benutzt, das Gesetz zurückzuweisen (Roland Kochs Störfeuer). Versehentlich war ein Satz, der die letzte Zahlung der Semestergebühren auf das Sommersemester 2008 festlegte, herausgefallen. Obgleich Koch sich in der konstituierenden Sitzung des Parlament am 5. April als "Partner des Parlaments" darstellte und ankündigte, keine Obstruktionspolitik zu machen, hatte er auf den ihm bekannten Fehler nicht hingewiesen, um die Opposition zu blamieren und möglicherweise tatsächlich noch darauf zu hoffen, dass die Mehrheit zerfällt. Die Einführung der Studiengebühren war für die CDU ein zentrales Vorhaben, für die damalige Opposition war deren Abschaffung ein ebenso zentrales Wahlkampfversprechen, das nun endgültig eingelöst wurde.

Bei dem durch Koch allerdings durch seine Tricks erst recht beschworenen Machtspiel scheint er nun vorerst den Kürzeren gezogen zu haben. Eine JamaikaKoalition aus CDU, FDP und den Grünen, die Koch wieder regierungsfähig hätte machen können, dürfte erst einmal in weiter Ferne liegen. Tarek Al-Wazir, der Fraktionschef der Grünen, warf Koch die "alten Mätzchen" und ein "schiefes Verständnis von Demokratie" vor. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Ypsilanti erklärte: "Es gibt zwar in Hessen noch keine neue Regierung, aber es gibt eine Mehrheit für eine neue Politik. Für eine neue Politik, die sozial und modern ist, für die Gerechtigkeit kein leeres Wort ist. Und deshalb schleifen wir hier heute eine Bildungshürde: Wir schaffen heute die Studiengebühren ab." Wie das politische Experiment im Hessischen Landtag weiter geht, wird spannend bleiben.