Hungry?

Ein Stern verschlingt seine Planeten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Astronomen aus Spanien und der Schweiz berichten in der neusten Ausgabe der Zeitschrift Nature von dem Stern HD82943, der mindestens einen der um ihn kreisenden Planeten verschluckt haben muss.

Position des Sternes HD 82943 südliche Hemisphäre (interaktive Himmelskarte)

In der griechischen Mythologie beginnt mit dem Gott Chronos die Zeit. Um seinem Schicksal zu entgehen, verschlingt er seine Kinder, nur Zeus entkommt und tötet später seinen Vater. HD 82943 wollte wahrscheinlich nicht seinem Schicksal entgehen, aber er erfüllte es, indem dieser Stern als erster den Astronomen den Beweis liefert, dass sonnenähnliche Sterne mit extrasolaren Planeten-Systemen ihre eigenen Trabanten verschlingen. Garik Israelian vom Astrophysischen Institut der Kanarischen Inseln und seine Kollegen vom Observatoire de Genève, Schweiz und dem Consejo Superior de Investigaciones Cientificas, Spanien haben HD 82943 eingehend beobachtet und analysiert. Sie entdeckten Lithium6 in seiner Atmosphäre und das ist der Beweis für seinen ehemaligen Appetit. Lithium (Li) verbrennt in Sonnen sehr rasch, aber es hält sich in Planeten. Wenn also im Spektrum eines Sterns dieses Element entdeckt wird, ist dies ein Zeichen, dass zuvor mindestens ein Planet absorbiert wurde.

Erst im April war rund um HD82943 der zweite Planet (HD82943 c entdeckt worden, ein äußerer Planet (HD82943 b) war bereits seit 2000 bekannt. Einer dieser beiden Planeten kreist in einem höchst exzentrischen Orbit, was erklärbar wäre, wenn zwischen ihm und seiner Sonne vorher noch einer oder mehrere Planeten vorhanden gewesen sind. HD82943 c ist gut doppelt so groß wie Jupiter und seine Umlaufzeit um den Zentralstern ist fast genau halb so lang wie die seines Bruderplaneten HD82943 b.

In den letzten Jahren werden immer mehr extrasolare Planeten entdeckt und viele dieser Systeme haben die Astronomen in Verwirrung gestürzt, da viele nach den klassischen Theorien in zu nahen Umlaufbahnen um ihre Sonnen kreisen. Eine mögliche Erklärung ist die Existenz mehrerer Planeten in einem System, die in einer Art Gravitations-Billard interagieren, wobei einer oder mehrere in die Sonne versenkt werden. Das würde auch ungewöhnliche Umlaufbahnen erklären, denn sie könnten durch diese Interaktion zustande gekommen sein. Durch Zusammenstöße bei der Bildung kann es zu Abweichungen bei der Eigendrehung kommen.

Extrasolare Planeten, auch nach dem englischen Begriff Exoplaneten genannt, werden seit Mitte der 90er Jahre auf der ganzen Welt intensiv gejagt. Im Oktober 1995 begann der Wettlauf, als zwei Astronomen der Sternwarte Genf die Entdeckung eines Planeten nahe dem Stern 51 Pegasi verkündeten.

Der Extra-solar Planets Catalog listet inzwischen 58 Planeten auf, deren Existenz bestätigt ist und die um Sonnen kreisen. Dazu zwei um Pulsare kreisende Planten und drei "Disks" (potenziell protoplanetarisch oder Planeten zugeordnete Objekte). 14 Himmelskörper sind gelistet, konnten aber bisher nicht bestätigt werden, werden angezweifelt, ihre Existenz wurde wiederlegt oder ihre Beobachtung wurde noch nicht publiziert.

Die Planeten um HD82943 wurden vom ESO LaSilla Observatorium mithilfe des CORALIE Spektrometers aufgespürt. Beteiligt waren auch das Haute-Provence Observatorium in Frankreich und das Keck-Teleskop. Forscher am Anglo-Australian Telescope wurden mehrfach fündig (Planetenjäger feiern Premiere in Down Under), besonders erfolgreich funktionierte das Keck Teleskop auf dem Berg Mauna Kea in Hawaii (Das Hauptstraßenspiel). Aber auch allen anderen größeren Teleskope suchen inzwischen in den Tiefen des Raums nach extrasolaren Planeten (Zwei astronomische Entdeckungen der Extraklasse).

Planeten sind im Gegensatz zu Sternen nicht direkt sichtbar, sie werden aufgespürt, indem ihre Zentralsterne genau beobachtet werden. Leichte Störungen in der radialen Bewegung eines Sterns, bzw. Änderungen der Geschwindigkeit lassen auf die Gravitationswirkung durch mindestens einen Planeten im Orbit schließen. Entsprechende Messungen lassen dann Rückschlüsse auf die Umlaufbahn und die Masse des oder der vorhandenen Planeten zu. Dadurch werden vor allem sehr große Planeten entdeckt, deren Gravitationskraft groß genug ist, um nachweisbar zu werden. Daher sind die meisten bisher entdeckten Planeten mindestens Jupitergroß. Mit viel Glück können diese Riesen-Planeten auch direkt bestätigt werden, wenn sie sich durch ihre Umlaufbahn von der Erde aus gesehen direkt vor ihre Sonne schieben (Durchgang) und als Schattenriss, d.h. Verringerung des Sternenlichts, sichtbar werden. Die Messgeräte und Methoden werden aber zunehmend sensibler, so dass bald auch die kleineren Planeten weit draußen in der Schwärze des Alls entdeckt werden dürften.

Allerdings ist der Begriff "Planet" inzwischen auch heftig diskutiert. Wenn es um die extrasolaren Planeten geht, bezweifeln machen Astronomen, dass der Begriff passt. Viele der so genannten Exoplaneten seien in Wirklichkeit "Braune Zwerge" (eigentlich Zwergsterne deren Masse für dauernde Kernfusion nicht ausreicht), bzw. müssten so bezeichnet werden, so argumentieren sie. Auch "Grauer Zwerg" sei für einige der gefundenen Himmelskörper als Kategorie passender. Die Kontrahenten, also die Verteidiger der Exoplaneten als Planeten, stellen mangelnde Hitze der Objekte und Umlaufbahnen um einen Zentralgestirn als Argumente in den Raum.

Die extrasolaren Planeten sind immer wieder verwirrend und stellen herkömmliche Theorien, auch über die maximale Größe von Planeten infrage (Sie sind ganz einzigartig - und sie sind erschreckend). Da kreisen Riesenplaneten in engen Umlaufbahnen und die tradierte Vorstellungen der Planetenbildung müssen plötzlich bezweifelt werden. Aber vielleicht ist ja unser Sonnensystem, das die Grundlage unsere Theorie-Bildung ist, eine spezielle Formation und eher die Ausnahme als die Regel im Weltall.

Im Februar startete die Fachzeitschrift Science Magazine eine fortlaufende Online-Diskussion der Experten zum Thema What is a planet, wahrscheinlich wird es noch eine Weile dauern, bis sich die Astronomie auf eine einheitliche Sprachregelung verständigt hat.

Wo viele Planeten um viele Sterne kreisen - und das ist vermutlich nicht nur in der Milchstrasse, sondern überall im Universum der Fall - da muss es auch eine Menge erdähnliche Planeten geben und wahrscheinlich irgendwo auch Leben, intelligentes Leben. Wenn Planeten im All ein alltägliches Phänomen sind, dann ist auch Leben ein alltägliches Phänomen in den unendlichen Weiten des Weltraums. Und unter verschiedensten Formen von Leben und evolutionären Stufen müsste auch Leben sein, dass mit uns kommunizieren könnte. Wir müssen nur gründlich genug suchen. (We are not alone!)