IGH zum Israel-Krieg: Rache darf nicht das Ziel sein

Sitzung des IGH in Den Haag. Bild: icj-cij.org

UNO-Gericht über Israels Vorgehen in Gaza. Justiz trifft auf harte Realität des Krieges. Was das Verfahren und der erste Entscheid bedeuten. Ein Kommentar.

Das könnte wohl eine Art von Völkermord darstellen, hat der Internationale Gerichtshof (IGH) zum Eilantrag der südafrikanischen Regierung im Prozess um einen mutmaßlichen Genozid Israels in Gaza sinngemäß entschieden.

Der IGH und die Einschätzung von Völkermord

Die Entscheidung kann als salomonisch bewertet werden: Keine Seite hat Recht bekommen, beiden Seiten wurde zugesichert, ihre Argumente ausführlich und langwierig zu prüfen.

Richterinnen und Richter aus vielen Teilen der Welt standen einem kleinen Publikum gegenüber und den juristischen Delegationen Südafrikas und Israels, von denen die eine Seite der anderen das "Verbrechen der Verbrechen" vorwirft.

Das Paradoxon der friedlichen Gerichtsverhandlungen

Und während in Gaza Bomben fallen und in Israel regelmäßig Luftalarm herrscht, während gestorben und um die Geiseln gebangt wird, während Krieg herrscht und Menschen sterben, sitzen da Leute friedlich nebeneinander, teilweise mit traditionellen, für Kolonialgerichte typischen Perücken, und hören sich ein vorläufiges Urteil an.

Das könnte man zynisch nennen oder gar pervers, es ist aber das Beste, was der Weltgesellschaft im Rahmen des Völkerrechts und der UN zur Verfügung steht. Und es ist eine herausragende Leistung der südafrikanischen Regierung und ihrer Juristinnen und Juristen, dies angestoßen zu haben.

Südafrikas Initiative vor UN-Gremium

Es wird – angesichts des Leides in Gaza und der Sorgen um die Verschleppten sicherlich unendlich zäh, formalistisch und langwierig – darüber verhandelt, wie weit das Selbstverteidigungsrecht Israels nach den Massakern vom vergangenen 7. Oktober geht und wo es möglicherweise die Schwelle zum Völkermord überschreitet.

Südafrikas Rolle in der Debatte um Völkermord

Wie zuvor erwähnt: während am einen Ort Bomben fallen, Menschen töten und andere als Geiseln gehalten werden, sitzen in Den Haag Juristinnen und Juristen nebeneinander und einander gegenüber und lauschen einem Urteil, das zu gefühlten zwei Dritteln aus prozessualen Erwägungen besteht – die fast vollständig zugunsten der südafrikanischen Klage ausfallen.

Das hat natürlich auch seine Gründe: Ein Gericht wie der IGH erkennt gerne seine Zuständigkeit. Und das ist auch gut so.

Das militärische Vorgehen Israels in Gaza könnte eine Art Völkermord darstellen – das ist eine wichtige und richtige Bewertung. Ganz offensichtlich gibt es nicht den – oder nur den einen – "Völkermord". Falls es nur den einen gäbe, dann wäre dies der nationalsozialistische Holocaust.

Die Verabschiedung der Völkermordkonvention 1948 sollte jedoch jede Wiederkehr ähnlicher Phänomene, auch in anderem Gewand und unter anderen Umständen, verhindern.

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