Im ewigen Krieg
Christliche Spieleentwickler wollen mit einem Ego-Shooter den Kampf gegen das Böse interessanter machen und zugleich eine christliche Botschaft vermitteln
Wie in anderen Kunst- und Unterhaltungsgenres spiegelt sich auch in Computerspielen die Wirklichkeit oder werden sie als Mittel verwendet, um bestimmte Botschaften zu verbreiten. Das geschieht oft unter der Hand, beispielsweise wenn Menschen als Feinde auftreten und zusätzlich entsprechend darstellt werden, aber es wird auch in politisch motivierten Spielen der Gegner nicht immer nur satirisch verunglimpft, sondern er wird, wie in manchen rassistischen Spielen, direkt diskriminiert und zum Abschuss freigegeben. Die können dann, wie dies arabische Spieleentwickler gemacht haben, dann auch den Spieß umdrehen, die bisherigen Opfer zu Tätern machen und den Kampf gegen die Terroristen zum Befreiungskampf umdefinieren (Es wird zurückgeschossen). Nun aber sollen Computerspiele auch als Missionierungsmittel im Auftrag des christlichen Glaubens eingesetzt werden.
Letztes Jahr hatte die US-Army mit "America's Army" erstmals offiziell ein Computerspiel herausgebracht, um das Image des Militärs zu verbessern und neue Rekruten zu finden (Üben für den Krieg im Irak). Mit der vernetzten Hightech-Armee nähern sich Krieg und Computerspiel tatsächlich an. Nach der virtuellen Ausbildung ziehen die neuen US-Soldaten in den Krieg gegen die Terroristen in einem offenbar arabischen Land. Besonders fintenreich ist, dass die Teams stets die Guten sind und gegen die Bösen kämpfen, da schlichtweg immer die anderen als die Bösen dargestellt werden, niemand aber diese Rolle spielen kann. Das hat schon Anklänge an religiöse Szenarien von Fundamentalisten oder auch an die Bush-Strategie. In diesen manichäischen Welten gibt es nur die Guten und die Bösen - und nichts dazwischen.
Die Bösen spielen zu können, um beispielsweise gegen die Elitesoldaten der US-Army zu kämpfen und sie auch zu besiegen, ist ausgeschlossen. Die Verführung wäre wohl zu groß, zudem soll den wirklichen Feinden wohl auch das Vergnügen nicht gegönnt werden, gegen die amerikanischen Soldaten anzutreten. Die Spieler also sind zwangsweise die Guten, auch wenn sie in dem Multiplayer-Spiel jeweils für die anderen als Terroristen erscheinen. Andererseits ist das vielleicht eine ziemlich gute Simulation des wirklichen Lebens, in dem schließlich oft genau auch die Guten gegen die Bösen kämpfen, wobei eben wechselseitig die Bösen jeweils die anderen sind. Und wie bei vielen Shootern geht es eben darum, ein Territorium einzunehmen und Feinde zu eliminieren.
Die Indizien dafür mehren sich, dass der Krieg zwischen dem muslimischen Terrorismus und den Alliierten im Kampf gegen den Terrorismus zu einem Religionskrieg ausarten könnte, in dem sich der Dschihad in einem erneuten Kreuzzug spiegelt und auf beiden Seiten der Fundamentalismus wächst. Wenn kürzlich bekannt wurde, wie ein eben zum Staatssekretär des Pentagon beförderter Generalleutnant sich im Kampf gegen den Satan in Gestalt muslimischer Warlords wähnt, während er in der "Armee Gottes" in den Krieg zieht, dann lässt sich das sicherlich nicht verallgemeinern. Ein Freund des Generalleutnants betrachtet Missionare als "Krieger Gottes" (Im Krieg mit dem Satan). Doch mit US-Präsident Bush, sekundiert durch Justizminister Ashcroft und der neokonservativen Phalanx ist schon vor dem 11.9. eine stärker als zuvor im Religiösen verwurzelte Politik in den USA eingezogen. Das zeigte sich auch daran, wie schnell der 11.9. als Schicksalsauftrag von Bush gedeutet wurde und wie leichtfertig man im Krieg gegen das Böse Menschenrechte und damit auch menschliche Rechte beiseite stellen konnte, weil man offenbar im höheren Auftrag handelt.
Nicht verwunderlich ist daher, wenn Christen - oder Menschen, die vorgeben, Christen zu sein - die Missionierung und den Kampf gegen das Böse auch in Bereichen führen, die bislang eher verteufelt wurden, weil sie unchristliche Unterhaltung durch Killorgien oder auch Beschäftigung mit Zaubern, Götzen, Hexen und Ungeheuern boten. Christliche Spiele waren den meist harmlose Darstellungen von biblischen Episoden oder ähnliches.
Das aber wollen kanadische Spieleentwickler nun ändern, die mit dem christlichen Shooter-Spiel Eternal War: Shadows of Light richtig Geld zu verdienen suchen, weil es die von vielen gewünschte Action bietet, und zugleich christliches Gedankengut in die Köpfe bringen - oder einfach den christlichen Markt ausbeuten - wollen.
Mit der Quake-Engine gemacht unterscheidet sich "Eternal War" von anderen Ego-Shootern vornehmlich durch die Umbesetzung der Rollen. Der Spieler ist ein Engel, der von Gott geschickt wurde, um, ausgestattet mit einem Arsenal von Waffen, gegen das Böse in Gestalt von Dämonen zu kämpfen und einen verzweifelten, suizidgefährdeten Teenager aus deren Gewalt zu befreien. Solange sie still verharren, schützt die Engel der Befreiung aber auch schon mal das Beten, das sie mit einem undurchdringlichen Feld umgibt. Den "Ewigen Krieg" kann man auch zu mehreren spielen. Das Böse, so die Botschaft, muss mit allen Mitteln bekämpft, die Seelen der Menschen gerettet werden. Das Spiel wurden denn auch von den "Christian Game Developers" als bestes Spiel des Jahres ausgezeichnet. Übrigens können die Spieler auch hier nicht in die Rolle des Bösen schlüpfen, sondern sie müssen stets Engel sein. Blut, Flüche oder Sex gibt es natürlich nicht.
Ende Juli dieses Jahres fand erstmals die Christian Game Developers Conference in Portland. Oregon, statt. Die Tagung sollte für die christlichen Spielemacher, die sich hier zusammen schließen, die "Morgendämmerung eines neuen Tages in der christlichen Technologie" einleiten. Auf einem Flugblatt hieß es hier: "Das Spiel ist ein gutes Vehikel. Es befriedigt die technischen Erwartungen eines Spielers, während es auf subtile (und effektive) Weise Gottes Botschaft transportiert."
Der Kampf gegen das Böse schließt zwar Gewalt ein, aber Grenzen soll es nach Ralpg Baigley, Präsident des christlichen Spieleherstellers N'Lightning, doch geben. Sex scheint bei diesen christlichen Spieleentwicklern nicht erwünscht zu sein. Und sonst hält man es wie bei America's Army: "Es gibt zu viele Spiele, in denen der Teufel stets gewinnt oder eine der mächtigsten Figuren ist." Auch das Spiel Catechumen von N'Lightning ist ein eine Art Ego-Shooter, allerdings kämpft hier ein Christ im alten Rom mit den Waffen, die ihm ein Engel gebracht hat, gegen die Bösen.