Immobilie gesichert, Nachfragen verhindert?
Seite 3: Auf Namen von Pressevertretern abgesehen
- Immobilie gesichert, Nachfragen verhindert?
- "Top-Job für einen alten Freund"
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Anstatt die öffentliche Debatte um die Vorgänge zuzulassen, entschied sich Jens Spahn dafür, die Gerichte einzuschalten: Der Bundesgesundheitsminister hatte es anscheinend sogar sehr gezielt auf Journalisten abgesehen, die zu seinen Immobilienkäufen in Berlin recherchieren, zu denen auch die beiden noblen Schönerberger Wohnungen gehören, eine im Juli 2015, die andere im August 2017 erworben; beide Objekte bewegten sich Presseberichten zufolge jeweils im "hohen sechsstelligen" Bereich.
Dem Minister gefiel also das Presseecho nicht: Spahns Anwälte verlangten im Dezember 2020 vom Amtsgericht Schöneberg die Herausgabe aller Anfragen von Reportern sowie die Antworten des Gerichts (beim Amtsgericht ist das Grundbuchamt angesiedelt, das die Akten und Kaufverträge zu den privaten Immobilien Spahns verwahrt). Den Anwälten soll es dabei gezielt um die Namen von Pressevertretern gegangen sein. Im Fokus: Die Kolleginnen und Kollegen, die nach Spahns zwei Schöneberger Wohnungen sowie der im Corona-Sommer erworbenen Villa in Dahlem gefragt hatten.
Und so kam es zur Herausgabe, die das Skandalon nur weiter befeuerte: Einsichtsgesuche und Mailanfragen von Reportern der Bild, von Business Insider und vom Tagesspiegel wurden an die Anwälte weitergegeben. Im Fall von Stern, Tagesspiegel und auch Spiegel sollen komplette Korrespondenzen an das Gericht übermittelt worden sein.
"Um wen handelt es sich?"
Dem Tagesspiegel liegt nach eigenen Angaben eines der Schreiben von Spahns Rechtsanwälten ans Amtsgericht Schöneberg aus dem Dezember vor. Im Schreiben fordern Spahns Anwälte vom Amtsgericht, den gesamten Schriftverkehr mit dem Tagesspiegel sowie "sämtliche etwaige weitere Presseschreiben" mit den dazugehörigen amtlichen Antwortschreiben herauszugeben.
Ausdrücklich wollte Spahn dem Tagesspiegel zufolge die Namen von Pressevertretern wissen, die nach den Immobilien gefragt hätten. Das Grundbuchamt folgte der Anfrage Spahns – und gab Anfragen samt Namen von Journalisten heraus. Laut Tagesspiegel schickte das Amtsgericht entsprechende Informationen an den Minister und seine Anwälte.
Spahn bestreitet, dass er Recherchen der Presse ausforschen wolle. Sein Mandant betreibe keinerlei "Investigationen", sondern mache nur von seinem Recht Gebrauch, "welche Dritte mit welcher Begründung" Einsicht in das Grundbuch genommen hätten, sagte Spahns Anwalt Christian-Oliver Moser dem Tagesspiegel.
Dieses Recht stehe Spahn als Eigentümer zu, und darin liege auch kein Eingriff in die Pressefreiheit. Dem Grundbuchamt wirft Spahn vor, es habe "erhebliche Rechtsverstöße begangen", als es der Presse Auskünfte erteilte. Dies dürfe "überprüft werden".
Verhalten "wie in einer Autokratie"
Die Presse ist zu dem Zeitpunkt nicht mehr mundtot zu machen, das öffentliche Interesse überdies bereits eine offenkundige Tatsache. Das Medienecho dementsprechend, der österreichische Standard etwa macht geradezu eine Causa Spahn aus der Sache und titelt:
Im Clinch mit Journalisten und dem Grundbuchamt: Deutschlands Gesundheitsminister Jens Spahn.
Die Frankfurter Rundschau legt in einem Kommentar nach und spricht dabei auch das Thema Vertrauensverlust an:
Mehr als einen Beigeschmack hat, dass Jens Spahn einen Freund, dem er eine teure Wohnung abgekauft hatte, zum obersten Digitalisierer im Gesundheitswesen gemacht hat. Zudem versucht er, mit rechtlichem Druck die Berichterstattung über seine Millionenkäufe zu verhindern.
Weil Jens Spahn zu oft Privates mit Beruflichem verquickt habe, sei die Berichterstattung dringend nötig. "Also", schreibt das Blatt, "lässt er seine Anwälte recherchierende JournalistInnen ausforschen. Ein Verhalten wie in einer Autokratie." (…) "Das zerstört genau das Vertrauen, das er in seinem Amt bräuchte."
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